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Turnhallen bleiben freiLand baut in Lohmar eine Großunterkunft für 325 Geflüchtete

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Containeranlage

Die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) an der Lohmarer Kläranlage soll aus Containern errichtet werden, ähnlich wie hier am Dammweg.

Stadt Lohmar und Land NRW haben einen Vertrag für die Zentrale Unterbringung unterzeichnet. Die Turnhallen bleiben frei.

Die Unterschrift unter einem für die Stadt wichtigen Vertrag ist noch ganz frisch. Das Land Nordrhein-Westfalen wird in Lohmar eine Großunterkunft für Geflüchtete errichten, 325 Menschen sollen in Containern Platz finden. Das teilte der städtische Beigeordnete Andreas Behncke auf Anfrage dieser Redaktion mit.

Mit der Lösung können wir sehr zufrieden sein.
Andreas Behncke, Sozialdezernent der Stadt Lohmar, zur ZUE

„Mit dieser Lösung können wir sehr zufrieden sein.“ Wochenlange Verhandlungen mit Vertretern der Bezirksregierungen Arnsberg und Köln waren dem voraus gegangen. Das wichtigste Ziel von Verwaltung und Politik sei erreicht, so Behncke: „Wir müssen keine neuen Liegenschaften anmieten und die Turnhallen nicht belegen.“

Vertrag zwischen Land und Stadt Lohmar läuft über zehn Jahre

Das wäre angesichts der nicht nachlassenden Flüchtlingszuweisungen wohl kaum zu vermeiden gewesen. Die so genannte Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) wird vergleichsweise klein. Die größten in Nordrhein-Westfalen sind für rund 1000 Personen konzipiert, die nächstgelegene in Sankt Augustin bietet 600 Plätze.

Der Vertrag läuft über zehn Jahre, auch das eine Vorgabe der Stadt. Für eine Unterkunft in Modulbauweise wäre die Mindestlaufzeit zwölf Jahre gewesen. Die komplette Finanzierung trägt das Land. Lohmar hat einige bislang landwirtschaftlich genutzte Flächen zwischen Autobahnauffahrt und Kläranlage erworben und verpachtet diese zuzüglich eines eigenen Grundstücks.

Luftbild Lohmar mit rot markiertem Standort der Großunterkunft für Geflüchtete

Die ZUE liegt nicht in einem Wohngebiet, ist aber angebunden ans Lohmarer Zentrum.

Im Auftrag der Bezirksregierung und gegen Kostenerstattung plant Lohmar nun die nötigen Tiefbauarbeiten, im Herbst soll das Areal baubereit, Ende des Jahres könnten die ZUE bezugsfertig sein, so Behncke. Wenn alles glatt läuft. Knackpunkt: Der Markt für Container ist angespannt.

Die Versorgung, auch die medizinische, die Begleitung und Betreuung der Bewohner organisiert und bezahlt ebenfalls das Land. Mit der Einbindung von Ehrenamtlern gibt es woanders schon gute Erfahrungen. Die Kinder und Jugendlichen werden in der Einrichtung betreut und unterrichtet, sie besuchen nicht die Kindergärten und Schulen in Lohmar.

Die ZUE ist angebunden an den ÖPNV

Die Menschen dort sind nicht kaserniert, können sich frei in der Stadt bewegen. Das Gelände, das nicht in einem Wohngebiet liegt, hat sowohl eine Anbindung an mehrere Buslinien, der Weg in die Innenstadt ist auch zu Fuß zu bewältigen.

In einer ZUE bleiben die Geflüchteten üblicherweise sechs bis höchstens 24 Monate, bis sie auf die Kommunen verteilt werden. Die 325 Plätze werden erst mit Eröffnung auf die Quote von Lohmar angerechnet, nicht schon während der Bauarbeiten. Das sei aufgrund der Gleichbehandlung der Kommunen nicht möglich gewesen, räumt Behncke ein.

So sei die Stadt gesetzlich verpflichtet, Geflüchtete im Rahmen des Familienzuzugs aufzunehmen. Zusätzliche Unterkünfte anzumieten, darunter in der Vergangenheit auch Hotelzimmer mit Vollpension, könne man aber verhindern. Und auch die Turnhallen blieben definitiv für den Schul- und Vereinssport frei.


Insgesamt leben rund 600 Geflüchtete in Lohmar. Die größten Gruppen kommen aus der Ukraine (etwa 160), Syrien (rund 100), Afghanistan (80) und der Türkei (etwa 40). In den vergangenen Monaten wurden 11 Kinder geboren, 44 sind im Kindergartenalter, 126 zwischen 6 und 17 Jahren alt. Die Menschen wohnen verteilt auf 28 städtische Unterkünfte, die meisten von ihnen in der Anlage am Dammweg, die aus Mehrfamilienhäusern und einer Container-Anlage besteht.

Mit der ZUE könne Lohmar laut Bürgermeisterin Claudia Wieja und Sozialdezernent Andreas Behncke perspektivisch mehrere Millionen Euro, sparen. Bei Zuweisung weiterer 300 Personen brauche man drei Containerbauten für fünf Millionen Euro plus jährliche Betriebs- und sonstige Kosten von knapp 2,4 Millionen Euro. Dazu würden etwa 45 Schulplätze und 30 Kindergartenplätze benötigt. Schon jetzt hätten die drei Sozialarbeiterinnen zu wenig Zeit für die Geflüchteten, so Wieja: „Bei nur 9,75 Minuten pro Person pro Woche kann man von Integration nicht reden.“