In Lohmar, zwischen Autobahnauffahrt und Kläranlage, baut das Land NRW noch 2024 eine zentrale Flüchtlingsunterkunft mit 325 Plätzen.
325 PlätzeLand NRW baut in Lohmar zentrale Flüchtlingsunterkunft
Wohin nur mit den Flüchtlingen? Die 27 Unterkünfte, in denen die Stadt Lohmar etwa 460 Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge untergebracht hat, sind voll. Doch die Turnhallen müssen wohl nicht belegt werden – dank der geplanten zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) mit 325 Plätzen, die das Land NRW noch in diesem Jahr bauen will. Das teilten Bürgermeisterin Claudia Wieja und Dezernent Andreas Behncke in einem Pressegespräch mit.
Drei Containerbauten für je 90 Menschen kosten fünf Millionen Euro
Wo soll die Einrichtung, Fachbegriff ZUE, errichtet werden?
Die Stadt habe mehrere Grundstücke und Immobilien geprüft und sich mit allen Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat abgestimmt, so Wieja. Die ZUE soll hinter Rammes Grünland, zwischen Autobahnauffahrt und Kläranlage, Platz finden. Derzeit werden die Parzellen in Privatbesitz noch landwirtschaftlich genutzt. Die Stadt kauft die beiden 7000 und 8000 Quadratmeter großen Grundstücke und verpachtet diese zum Teil an das Land und an eine der Alteigentümerinnen, zur Weiternutzung als Acker. Der Stadtrat muss dem noch in einer Sondersitzung zustimmen.
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Wer trägt die Kosten?
Das Land baut auf eigene Rechnung, entweder in Modulbauweise oder mit Containern. Auch der Sicherheitsdienst, Sozialarbeiter, die medizinische und sonstige Versorgung geht nicht zu Lasten der Stadt. Mit der ZUE spare die Stadt perspektivisch mehrere Millionen Euro, rechneten Bürgermeisterin und Sozialdezernent vor. Sie gehen davon aus, dass ohne die ZUE in diesem Jahr aufgrund der aktuellen Krisen weitere 300 Personen der Stadt zugewiesen würden. Mit dieser Lösung würden die Plätze komplett auf die Quote angerechnet. Diese Regelung gilt seit Dezember 2023.
Wie hoch würde die Stadt ohne die ZUE belastet?
Drei Containerbauten für jeweils 90 Menschen kosteten schätzungsweise fünf Millionen Euro plus jährliche Betriebs- und sonstige Kosten von knapp 2,4 Millionen Euro. Dazu würden etwa 45 Schulplätze und 30 Kindergartenplätze benötigt. Schon jetzt hätten die drei Sozialarbeiterinnen zu wenig Zeit für die Geflüchteten, so Wieja: „Bei nur 9,75 Minuten pro Person pro Woche kann man von Integration nicht reden.“
Wie sind die Erfahrungen in Sankt Augustin?
Dort gibt es seit 2013 eine ZUE mit 600 Plätzen in der früheren Medienzentrale der Bundeswehr. Kürzlich wurde der Nutzungsvertrag bis 2028 verlängert. Durch die Lage in einem Wohngebiet kam es zu Konflikten (wir berichteten). Ein Umfeldmanager sorge dafür, dass Probleme schnell gelöst werden, so Behncke: „Die Kriminalitätsrate ist in Sankt Augustin nicht gestiegen.“ Ehrenamtler engagierten sich. Auch in Lohmar werde das so sein, sagte Wieja: „Wir sind schon im Gespräch.“
Wie lange bleiben die Menschen in der ZUE?
Zwischen drei und zwölf Monaten, in Ausnahmefällen bis zu 24 Monaten, danach würden sie auf andere Kommunen (nicht auf Lohmar) verteilt. Die ZUE ist für zehn Jahre geplant. Die Kinder und Jugendlichen werden in der Einrichtung betreut, für die Erwachsenen sollen Sprachkurse und Betätigungsmöglichkeiten angeboten werden; auf dem 8000 Quadratmeter großen, umzäunten Gelände gibt es auch Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Die Bewohner können sich frei bewegen, es gibt eine Busanbindung und Fußwege in die Stadt.
In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es 28 ZUE für insgesamt 30.000 Menschen
Behält die Stadt die Einrichtung im Auge?
Man werde mit der Bezirksregierung engen Kontakt halten. Geplant ist ein regelmäßiger Runder Tisch, an dem auch die Polizei sitzt. Anders als 2015 würden in den ZUE nur noch Menschen mit Bleibeperspektive untergebracht, versicherte Behncke. Die anderen würden entweder abgeschoben oder in EU-Länder zurück verwiesen, wo sie bereits registriert wurden. In Lohmar zum Beispiel gebe es derzeit nur vereinzelte Fälle mit einer Duldung.
Wie viele ZUE gibt es im Land?
Derzeit sind es 28, mit insgesamt etwa 30.000 Plätzen. NRW will noch in diesem Jahr 7500 weitere Plätze schaffen, frage deshalb in allen Kommunen an, so Behncke. Doch die meisten reagierten zögernd bis ablehnend. Das Land hätte gern noch mehr Menschen in Lohmar untergebracht, die 325 Plätze seien ein Kompromiss. Eine neue, ähnlich große ZUE sei im linksrheinischen Alfter geplant.
Was sagen die Parteien?
In einer gemeinsamen Presseerklärung haben sich die Koalitionäre Grüne, SPD und UWG und die FDP-Opposition zu Wort gemeldet. „Unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen ist das die beste Entscheidung für die Stadt und ihre Bürgerschaft.“ Das ändere jedoch nichts daran, dass Bund und Land die Kommunen nicht nur finanziell entlasten müssten. Die CDU-Fraktion hat sich auch auf Anfrage dieser Redaktion bislang nicht geäußert.