Wir haben eine Happiness-Trainerin, einen Therapeuten und eine Bestatterin gefragt: Was bedeutet für Sie Glück?
WeltglückstagMenschen aus dem Rhein-Sieg-Kreis sprechen übers Glück

Bei einem Workshop Happiness- und Resilienz-Trainerin Birgit Lankes lässt die Teilnehmenden in ihren Workshops zum Thema Glücklichsein kreativ tätig werden. Ein Resultat ist dieser „Kraftbringer“.
Copyright: Georg Bergheim
Am 20. März ist Weltglückstag. Wir haben eine Happiness-Trainerin, einen Therapeuten und eine Bestatterin aus dem Rhein-Sieg-Kreis gefragt: Was bedeutet für Sie Glück?
„Man muss dreimal mehr positive Dinge erleben, um eine negative Sache wettzumachen“, sagt die Happiness-Trainerin Birgit Lankes: „Die Menschen lechzen nach Zuversicht und Wärme.“
Die 59-Jährige hatte sich nach 35 Jahren im Kundenservice bei der Lufthansa zur Glücks- und Resilienz-Trainerin weiterbilden lassen. Hauptberuflich arbeitet sie mittlerweile im Bürgerbüro der Stadt Hennef. „Der Kontakt zu Menschen ist mir wichtig“, erläutert sie. Von ihrer „Glückswerkstatt“ in Hennef aus kann sie auf das Siebengebirge schauen. Lankes: „Ich ziehe Glück aus der Natur.“
Happiness-Trainerin Birgit Lankes empfiehlt kleine Rituale, um den Alltag glücklicher zu machen
Lankes definiert Glück als „ein starkes Gefühl von tiefer Dankbarkeit und Zufriedenheit“. Laut der Happiness-Trainerin es ist hilfreich, achtsam zu sein, um wahrzunehmen, wofür man dankbar sein kann. Auch das körperliche Wohlbefinden spiele eine wichtige Rolle.

Die Happiness- und Resilienz-Trainerin Birgit Lankes hält Workshops zum Thema Glücklichsein.
Copyright: Georg Bergheim
Und wenn man gerade gestresst ist, nur den Blick auf eine graue Innenstadt hat oder Autos im Stau anstarren muss? Um trotzdem glücklich zu sein, bietet Lankes verschiedene Werkzeuge an. Sie empfiehlt, kleine Rituale in den Alltag einzubauen – kurze Spaziergänge zum Beispiel.
Wandernde Erbsen machen auf Glücksmomente aufmerksam
In Workshops bearbeitet sie mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter anderem Steine, die mit etwas Positivem beschriftet werden, wie etwa „Mut“. Diese Glückssteine dienten als Anker, erklärt sie. Man könne sich auch angewöhnen, täglich eine schöne Sache des Tages, aufzuschreiben und so Zettel in einem Glas anzuhäufen. An schlechten Tagen könne man darauf zurückgreifen. Eine mobile Abwandlung ist es, Erbsen wandern zu lassen. Von diesen steckt man sich beispielsweise fünf in die rechte Hosentasche, immer wenn etwas Gutes passiert, kommt eine nach links.
Es sei wichtig, das Gehirn umzuprogrammieren – Stichwort Neuroplastizität. Das eigene Glück zu fördern sieht sie als eine Form der Selbstermächtigung. Aber: „Wenn man krank ist, braucht man Hilfe!“, stellt Lankes in Hinblick auf Depressionen oder andere psychische Erkrankungen klar. Was dem Glück abträglich ist? „Für mich sind Soziale Medien Krafträuber“, kritisiert sie.
Die Geburt meiner beiden Jungen war das größte Glück.
Dem kann der Diplom-Sprachheilpädagoge und Komiker Ulrich Birkmann zustimmen. Das Glück durch das Posten sei nur kurzfristig: „Der Heißhunger wird wie bei Fastfood gestillt“, urteilt Birkmann.

Der Diplom Sprachheilpädagoge und Fees-Ausbilder Ulrich Birkmann ist Therapeutischer Leiter der Schluckambulanz in Sieglar, Troisdorf. Er macht auch Comedy im Duo „5202 Stadtgeflüster“.
Copyright: Gerriet Scheben
„Ich behaupte von mir, ein glücklicher Mensch zu sein“, sagt der 55-Jährige. Das werde maßgeblich durch Familie und Freunde beeinflusst: „Mein Glück fängt für mich bei einer schönen Kindheit und Jugend an. Und ich hatte immer einen großen Freundeskreis.“ Seinen innerhalb eines Jahres gestorbenen Eltern verdanke er viel.
„Ich habe eine funktionierende Ehe voller Respekt“, freut sich Birkmann. „Die Geburt meiner beiden Jungen war das größte Glück. Ich habe richtig gemerkt, wie es mich geschüttelt hat vor Endorphinen.“
Comedy ist für Ulrich Birkmann ein Ausgleich – Musik hilft ihm Erinnerungen nachzugehen
Für den therapeutischen Leiter der Schluckambulanz der GFO-Klinken Troisdorf trägt auch der Beruf zu seinem Glücklichsein bei: „Der Dank, den ich von Menschen bekomme, macht mich zufrieden.“
Was Birkmann noch zufrieden macht? „Wenn der Saal vom Kur-Theater lacht“, antwortet er. Zusammen mit Stefan „Stévéé“ Ornowski moderiert er als „5202 Stadtgeflüster“ kurzweilige Abende in Hennef und außerhalb. „Comedy ist ein toller Ausgleich zu der schlimmen Welt, die wir gerade haben.“ Eine Insel mit schönem Quatsch sei hilfreich.
Wenn er losgelöst von anderen Menschen glücklich sein möchte, orientiert sich Birkmann an der Langeweile – im umgedeuteten Wortsinn „lange Weile“. „Ich nehme mir mal die Zeit, eine ganze Platte zu hören, statt bei Facebook zu daddeln.“ Die dadurch entstehende lange Weile genieße er als Ruhe. Die Musik helfe ihm auch, glücklichen Erinnerungen nachzugehen: „Ich reise auf die Malediven, auf Island, in meine Jugend in die alte Disko in Hennef.“
Anja Welteroth berichtet über Glücksmomente, die Menschen am Lebensende mit ihr teilen
Wie Birkmann ist Anja Welteroth glücklich darüber, in eine liebevolle Familie hineingeboren zu sein und einer für sie sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen. Die ausgebildete Trauerbegleiterin und Bestatterin übernahm vor 15 Jahren das Bestattungshaus ihres Vaters Horst in Eitorf. Nach dem Ende seines Berufs habe er kein Schwarz mehr tragen wollen, berichtet Welteroth. „Meinen Vater kennt, glaube ich, jeder im Ort mit einem roten Pulli“, sagt sie und grinst.
„Bei der Arbeit habe ich viele schwere Gespräche“, berichtet die 49-Jährige. Aber das mache sie nicht nur traurig. Die Menschen teilten am Ende ihres Lebens auch glückliche Momente mit, wie: „Ich war immer gesund, ich konnte bis zum Schluss zu Hause sein, meine Familie hat mich umsorgt.“

Anja Welteroth leitet in Eitorf ein Bestattungsinstitut.
Copyright: Gerriet Scheben
Diese Aussagen beeinflussten auch ihre Sicht auf die wichtigen Dinge im Leben. „Glück ist für mich verwoben mit Gesundheit, Achtsamkeit, Dankbarkeit und Selbstbestimmtheit. Mit mehr Lebenserfahrung rückt das Materialistische ein Stück weit in den Hintergrund.“ Auch zu vergeben, könne glücklich machen. Das habe sie bei zerstrittenen Familien gesehen, die sich am Sterbebett versöhnt hätten.
Es gibt kein Glück ohne das Unglück
Aufgrund der schweren Themen, mit denen sie beruflich zu tun hat, sei es abends auch mal schwer für sie, abzuschalten, trotz ihrer positiven Grundeinstellung: „Ich mache mir vorm Einschlafen drei Glücksmomente des Tages bewusst, das sind in der Regel ganz kleine Dinge.“ Zum Beispiel denke sie an die ersten Tulpen in den Blumengestecken in der Trauerhalle nach dem Winter, die den Frühling ankündigten. Die Natur sei für sie auch wichtig für das Glücklichsein, „aber die Begegnung mit Menschen ist das, was uns den positiven Impuls gibt“.
Für Welteroth ist es zudem wichtig, sich in einem überregionalen, professionellen Netzwerk mit anderen Trauerbegleiterinnen und Bestattern auszutauschen, „um den Ballast abgeben zu können“. Es helfe auch, sich an Kindern zu orientieren, da diese unbedarfter seien:„ Sie bringen dem Opa noch ein Blümchen an das Bett oder legen ein gemaltes Bild in den Sarg.“
Häufig erlebe sie, dass jemand neu in eine Familie eintrete, wenn sie einen anderen Menschen gehen lassen müsse. „Wenn das Baby noch nicht geboren wurde, wird oft ein Ultraschalbild mit in den Sarg gelegt, sodass Oma oder Opa noch ein Foto dabei haben“, sagt Welteroth: „Freude und Leid liegen oft eng beieinander. Du kannst die Freude nur spüren, wenn du weißt, wie es anders ist. Man muss das Unglück in Kauf nehmen, um die Glücksmomente überhaupt fühlen zu können. Schön ist es, wenn man es in seinem Leben schafft, auch die Glücksmomente zu sehen.“