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Rhein-SiegDrei Abiturienten erzählen, wie Corona ihre Auslands-Pläne durchkreuzte

Lesezeit 4 Minuten
Backpacking

Ein Mann wandert durch Berge. Viele Abiturienten mussten von ihren Backpacking-Plänen nach dem Schulabschluss in der Pandemie Abstand nehmen.

Rhein-Sieg-Kreis – Nach dem Abitur haben viele Schüler große Pläne: Einige entscheiden sich für eine lange Reise. Dann kam die Pandemie. Drei Schulabgänger erzählen.

„American Dream“ von Freiheit

In die USA wollte Philipp Seeger aus Niederkassel, den American Dream vor Augen, wie er sagt. „Seit ich 14 bin, habe ich dafür gespart und gearbeitet. Und im letzten Schuljahr hatte ich schon viele Vorbereitungen getroffen, wollte mir dort ein Auto kaufen, frei sein“, schildert der 18-jährige.

Philipp Seeger, Niederkassel

„Der internationale Führerschein, die ganzen Versicherungen und gesetzlichen Auflagen, alles umsonst.“ Zum Glück habe er noch keine Flüge gebucht. „Ich dachte, nach dem Abi würde es losgehen, habe aber schon im März gemerkt, dass das nichts werden würde – da konnte man sich ausmalen, wie schlimm die Corona-Situation in den USA wird.“ Enttäuscht sei er schon, räumt der Abiturient des Sieglarer Heinrich-Böll-Gymnasiums ein. „Aber ich kann's ja nicht ändern. Ich tröste mich damit, dass ich diese Reise nachholen kann, wenn es wieder geht.“ Möglichst viel arbeiten wolle er stattdessen und im Sommersemester ein Studium beginnen.

Au-pair in Washington, D.C.

Ein Au-pair-Jahr in den USA war der Plan von Franziska Demmer aus Siegburg. „Ich war mit dem Anno-Gymnasium vor zwei Jahren bei einem Schüleraustausch schon einmal für dreieinhalb Wochen dort, in North Carolina. Das hat mir sehr gefallen, deswegen wollte ich noch mal hin“, sagt sie. Mit Freunden besuchte sie Messen für Auslandsjahre, schrieb Bewerbungen, lernte eine Gastfamilie kennen, freute sich auf eine spannende Zeit.

Franziska Demmer, 18, aus Siegburg wollte ein Au-Pair-Jahr in den USA absolvieren, die sie schon bei einem früheren Besuch fasziniert hatten.

Im Juli sollte es losgehen. „Mir war schon relativ früh klar, dass das nicht klappen würde. Im Konsulat in Frankfurt gab es schon keine Termine mehr. Letztlich war es dann ein großes Hin und Her, weil es hieß, dass Ärztefamilien doch Au-pairs empfangen dürfen“, berichtet Demmer – die potenzielle Gastmutter arbeite als Anästhesistin. „Mir war das dann aber wegen der Infektionsrate und der politischen Situation in den USA doch zu riskant.“ Gern hätte sie ihre Gastfamilie kennengelernt. Sie lebe in Bethesda bei Washington D.C, hat zwei kleine Kinder und Erfahrung mit Au-pairs.

Fokus auf Europa

Nach Angaben der Vermittlungsagentur Education First sind Sprachreiseneduzcation first trotz Corona noch in zahlreiche Länder möglich, darunter die USA, China und Kanada. Bewerben können sich Schüler ab sieben Jahren, aber auch Abiturienten, Hochschulabsolventen und Berufseinsteiger. Die Freiwilligenorganisation ICJA Freiwilligenaustausch Weltweit beschränkt sich während der Pandemie auf europäische Ziele, gut die Hälfte aller 40 Destinationen steht derzeit wieder im Angebot. Zahlreiche Anbieter vermitteln auch weiterhin Au-pairs, allerdings vornehmlich in andere europäische Länder. (mfu)

„Die Gastfamilie ist so super, sie sind total nett. Die Mutter kommt ursprünglich aus Bad Godesberg und kannte Siegburg, die Chemie hat sofort gestimmt“, schwärmt Demmer. Enttäuscht sei sie in jedem Fall: „Ich hatte mich darauf eingestellt, ein Jahr weg zu sein, meine Freunde nicht zu sehen – es fühlte sich richtig an.“ Die Familie, die nicht ihre Gastfamilie sein konnte, wolle sie trotzdem besuchen, sobald es wieder möglich sei. Im November begann die 18-jährige einen Freiwilligendienst bei der Uniklinik Bonn. „Später will ich Medizin studieren, dafür braucht man ohnehin ein Pflegepraktikum. Der Situation entsprechend bin ich mit der Entscheidung sehr zufrieden.“

Wandern durch den Himalaya

Nach Nepal, Thailand und Neuseeland wollte Timo Biesenbach aus Lohmar. „Das war zumindest die grobe Planung, etwa sieben Monate wollte ich ab September weg sein“, sagt der 19-Jährige. „Ich habe im Frühjahr angefangen, die verschiedenen Weiterflüge zu planen, aber es war schnell absehbar, dass das keinen Sinn macht.“

Timo Biesenbach, 19, aus Lohmar wollte nach Nepal, Thailand und Neuseeland.

In Nepal habe er auf dem Annapurna-Pfad durch das Himalaya-Gebirge wandern wollen – eine Erfahrung, die schon seine Eltern vor mehr als 20 Jahren gemacht hätten. „Das hätte eine 14-tägige Hüttenwanderung werden sollen“, sagt der Alpinist. Nach einigen Wochen in Thailand hätte es schließlich nach Neuseeland gehen sollen.

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„Wenn Freunde, die im letzten Jahr da waren, davon erzählen, tut das schon weh. Es wäre eine geile Erfahrung gewesen, in dem Land unterwegs zu sein. Ich denke auch oft daran, wie ich jetzt gerade am Strand liegen könnte“, berichtet er enttäuscht. Jetzt studiert Biesenbach Luft- und Raumfahrttechnik in Aachen, wohnt seit September auch dort.

„Ich hätte schon Bock gehabt, nicht direkt zu studieren, aber ich tröste mich damit, dass ich die Reise vielleicht nach dem Bachelor oder Master machen kann – da wird sich schon Zeit bieten. An sich ist das die beste Alternative, auf ein FSJ hatte ich keine Lust. Da wollte ich lieber das machen, was mir eh vorgeschwebt hat“, sagt er und ergänzt: „Aber ob es das wettmacht?“