Die Klinik musste wegen Fristen Klage einreichen.
Sankt AugustinVersorgung für Neugeborene in Asklepios-Kinderklinik nach Reform in Gefahr
„Es geht um die Schwächsten in unserer Gesellschaft, und die Kinderklinik wird einfach hingehalten.“ Stefanie Wied, Geschäftsführerin der Asklepios-Kinderklinik, findet klare Worte. Ihr Haus hat wegen der Krankenhausreform Klage eingereicht, ebenso wie 96 weitere Kliniken in NRW. „Eigentlich wollten wir nicht klagen, aber wegen der Fristen und fehlender Antworten des Ministeriums wurden wir dazu gezwungen“, betonte Wied.
Konkret geht es um die Wirbelsäulenchirurgie sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eigentlich könnte Wied zufrieden sein: Die Kinderklinik darf spezialisierte Wirbelsäulenoperationen durchführen.
Die Kinderklinik in Sankt Augustin kann plötzlich keine Eingriffe an der Wirbelsäule mehr abrechnen
Mit Dr. Micha Langendörfer wurde im Jahr 2023 ein für diese Sparte in ganz Deutschland ausgewiesener Spezialist als neuer Chefarzt eingestellt. Doch wegen Übergangsfristen darf die Kinderklinik dieses Jahr diese Eingriffe nicht mehr in Rechnung stellen. „Ab nächstes Jahr ist es uns erlaubt“, sagt Wied. „Wer soll das verstehen?“
Diese Ungereimtheit wollte sie klären, bekam jedoch bis heute keine Antwort vom Ministerium. Auch eine Anfrage bei der Bezirksregierung habe nicht zur Lösung geführt. Es scheint so, dass bei der Reform nicht an alle Eventualitäten gedacht wurde. Operationen an der Wirbelsäule dürfen in diesem Jahr nur Kliniken ausführen, denen die Leistungsgruppe „Allgemeine Chirurgie“ zugewiesen wurde. Dies hatte die Kinderklinik auch beantragt, es wurde aber angelehnt. Daher das Problem.
Bei der NRW-Klinikreform gab es rund 6000 Einzelentscheidungen, auch die Klinik in Sankt Augustin gehört dazu
„Bei der Klinikreform gab es rund 6400 Einzelentscheidungen“, teilt Landtagsabgeordneter Sascha Lienesch (CDU) mit. Da sei es verständlich, wenn einzelne Kliniken mit den Entscheidungen nicht zu 100 Prozent einverstanden seien. Er hat deshalb für diese Woche einen Termin mit Staatssekretär Mathias Heidmeier vom Gesundheitsministerium vereinbart, „um auch das zu klären“. Die richtige Versorgung der Kinder sei wichtig. Da gebe es „nichts zu diskutieren“.
Auch die beiden anderen Landtagsabgeordneten aus Sankt Augustin wollen klären, warum das Ministerium nicht antwortet. Katharina Gebauer (CDU) ist Mitglied im Fachausschuss des NRW-Landtages für Arbeit, Sport und Gesundheit. „Ich werde mich sofort an Staatssekretär Heidmeier wenden“, kündigte sie an. Als dreifache Mutter wisse sie, wie wichtig es sei, wenn es eine schnelle und fachlich gute Anlaufstelle für Eltern bei gesundheitlichen Problemen gebe.
Die Kinderklinik in Sankt Augustin ist in einer wachsenden Region mit vielen Familien als Versorger wichtig
Landtagsabgeordneter Martin Metz (Grüne) macht sich auch für die Kinderklinik stark: „Sie ist sehr wichtig für die Gesundheitsversorgung in unserer wachsenden Region mit vielen Familien. Das Landes-Gesundheitsministerium hat klargestellt, dass die Krankenhaus-Planung des Landes ein dynamischer Prozess ist und angepasst werden kann. Ich erwarte vom Landes-Gesundheitsministerium, dass es den Dialog mit der Kinderklinik fortführt, um zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen.“
Die Kinderklinik ist weltweit anerkannt. Das Wissen von Professor Gerd Horneff als Spezialist für Kinderrheuma und Professorin Martina Messing-Jünger als Neurochirurgin wird auch auf anderen Kontinenten geschätzt. Dessen ungeachtet muss die Intensivstation der Kinderklinik womöglich geschlossen werden. Auch darum will sich Lienesch im Gespräch mit dem Staatssekretär persönlich kümmern: „Ich muss allerdings erst die Fakten kennen, bevor ich etwas Konkretes dazu sagen kann.“
Die Kinderklinik in Sankt Augustin könnte in der GFO-Klinik in Sieglar eine eigene Intensivstation einrichten
Da die Kinderklinik keine eigene Geburtsstation besitzt, müssen Frühgeborene aus anderen Krankenhäusern oder Geburtsstationen bei Problemen mit dem Rettungswagen direkt in die Kinderklinik gebracht werden. Wied berichtet, dass jährlich über 300 Transporte durchgeführt und mehr als 550 Frühgeborene versorgt würden. Die Kinderklinik wollte deshalb eine Geburtsstation eröffnen, um diese Wege zu sparen. Dies wurde jedoch nicht genehmigt.
Nun ist deshalb auch die bestehende Neonatologie in Gefahr, weil eine Geburtsstation fehlt, die Neugeborene mit einem Gewicht unter 1500 Gramm versorgen könnte. Das sieht die Klinikreform so vor. Sollte keine Lösung gefunden werden, muss diese Intensivabteilung für Neugeborene zum 31. März 2025 geschlossen und der Transportdienst eingestellt werden.
Als Lösung hatte Wied eine Zusammenarbeit mit der GFO-Klinik in Sieglar ins Spiel gebracht. Dort gebe es eine Geburtsstation, die Kinderklinik könne ihre Neonatologie dorthin auslagern und somit vor Ort direkt helfen. Dazu ist bisher allerdings noch nichts entschieden. GFO-Geschäftsführer Jan-Philipp Kasch sagte im Gespräch mit der Redaktion, er wolle erst noch mit Geschäftsführerin Stefanie Wied „persönlich über diese Sache sprechen“. Erst dann könne er etwas dazu sagen.
Gesundheitsministerium möchte eine Lösung im Sinne der Kinderklinik für die Übergangszeit finden
Auf eine Anfrage der Redaktion zur Abrechnungsproblematik hat das NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) geantwortet. Charlotte Dymek von der Pressestelle des Ministeriums: „Die Anfrage der Asklepios Klinik bezüglich der Leistungsgruppe 14.5 Wirbelsäuleneingriffe am Standort liegt dem Ministerium vor. Das MAGS hat dem Standort die Leistungsgruppe mit Blick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugewiesen und damit deutlich gemacht, dass es den Standort hier auch weiterhin in der Versorgung sieht.“ Rechtliche Detailfragen befänden sich derzeit noch in Klärung, wobei es für das MAGS das klare Ziel sei, dass die erbrachten Leistungen „auch während Übergangsfristen abgerechnet werden können.“ Die offenen Fragen würden bis zum In-Kraft-Treten des Feststellungsbescheides am 1. April 2025 geklärt. Das würde dann natürlich auch rechtzeitig dem Krankenhaus mitgeteilt.