Unterschiedliche Auffassungen äußerten die Fraktionen zur Nachbesetzung der Stelle des Technischen Beigeordneten.
Streit im StadtratLandtagsabgeordneter wirft Bürgermeister von Sankt Augustin Selbstüberschätzung vor

Martin Metz, Landtagsabgeordneter und Fraktionschef der Grünen im Stadtrat von Sankt Augustin hält eine Rede zum Thema Stellenausschreibung für den neuen Technischen Beigeordneten. Sitzend hören zu Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf und Beigeordneter Dr. Martin Eßer (v.l.).
Copyright: Stefan Villinger
„Überschätzen Sie sich nicht selbst, Herr Bürgermeister. Wer alles machen will, macht im Grunde nichts.“ Martin Metz, Landtagsabgeordneter und Fraktionschef der Grünen im Stadtrat, fand klare Worte. Es ging um die Ausschreibung der Stelle des Technischen Beigeordneten. Rainer Gleß geht am 31. Juli 2025 in den Ruhestand, eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger wird gesucht. Die Ratskooperation aus Grünen, SPD und FDP zeigte sich verwundert, warum die Stelle nicht ausgeschrieben wurde. Deswegen fragte sie bei Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf nach. Als Chef der Verwaltung ist er dafür zuständig.
Leitterstorf antwortete noch vor der Sitzung in einem Brief an alle Ratsmitglieder. Die Stadt stehe „wie viele andere Kommunen vor immer größeren finanziellen Herausforderungen“. In der Verwaltung seien Stellen gestrichen worden. „Zudem zeigen die Besetzungsverfahren aus umliegenden Kommunen, dass es angesichts des Fachkräftemangels sehr schwierig geworden ist, überhaupt geeignete Bewerber (m/w/d) als Technische Beigeordnete zu finden.“
Vor diesem Hintergrund schlage die Verwaltung vor, die Stelle eines Technischen Beigeordneten zunächst nicht nachzubesetzen und damit rund 300.000 Euro in einem Jahr für den Haushalt einzusparen. Die Amtsleiter im Hause seien kompetent, Fragen von Zuständigkeiten und Schnittstellen könnten reduziert werden. Gemeint ist damit, dass Leitterstorf (CDU) und der andere Beigeordnete, Dr. Martin Eßer (FDP), Aufgaben übernehmen, die bisher von Gleß (parteilos) verantwortet wurden.
Leitterstorf wolle in Sankt Augustin aus „machtpolitischen Erwägungen“ Besetzung der Stelle verzögern
Als weiteres Argument führte Leiterstorf an, dass es im Vorfeld der Nachbesetzung des Sozialdezernenten schon eine längere Phase in der Verwaltung gegeben habe, in der Rainer Gleß erfolgreich zwei Dezernate geleitet habe und somit der einzige Beigeordnete gewesen sei. Damit sei diese von ihm angestrebte Lösung nichts Neues.
Dieser Argumentation wollte sich die Ratsmehrheit aus Grünen, SPD und FDP allerdings nicht anschließen. Sie geht davon aus, dass Leitterstorf aus „machtpolitischen Erwägungen“, so Metz, bewusst die Nachbesetzung der Stelle verzögere. Er hoffe, dass sich „bei der Kommunalwahl im Herbst die Mehrheiten im Rat verändern“ und er dann einen Kandidaten seiner Wahl etablieren könne, vermutete Metz. Deshalb wurde gegen die Stimmen der CDU mit der Mehrheit von Grünen, SPD und FDP beschlossen, dass die Stelle nun doch ausgeschrieben wird.

Dunkle Wolken über und dicke Luft im Rathaus von Sankt Augustin wegen der Neubesetzung der Stelle des Technischen Beigeordneten.
Copyright: Stefan Villinger
Metz kündigte zudem den Gang vor Gericht an. Es sei nicht eindeutig geklärt, wer bestimmen könne, welche Aufgaben ein vom Rat gewählter Beigeordneter zu verantworten habe. Er gehe davon aus, dass dies die Politik bestimmen könne. Leitterstorf denke dagegen, dass er dies das als Chef der Verwaltung aufgrund seiner Organisationshoheit dürfe. „Hier besteht Klärungsbedarf“, betonte Metz. Zu oft schon habe die Ratsmehrheit „um des lieben Friedens willen“ fragwürdige Entscheidungen des Bürgermeisters hingenommen. „Irgendwann ist das Fass aber zum Überlaufen gebracht.“
Rainer Gleß ist es in seiner Amtszeit gelungen, Sankt Augustin ein komplett anders Gesicht zu geben
SPD-Fraktionschef Marc Knülle betont, die nun beschlossene Stellenausschreibung sei rechtlich einwandfrei. Gesucht werde eine qualifizierte Person mit Erfahrung in den relevanten Gebieten. Auch FDP-Fraktionsvorsitzende Stefanie Jung schloss sich dem an. Sie beschrieb, wie es Gleß gelungen sei, „in 30 Jahren seiner Amtszeit mit kompetentem Wissen der Stadt ein komplett anderes Gesicht zu geben“. Die grüne Mitte oder auch die Ansiedlung der Hochschule seien zwei gelungene Beispiele dafür. „Die Stadt Sankt Augustin braucht eine starke Fachkraft für die Bereiche Umwelt, Tiefbau und Hochbau“, argumentierte Jung.
„Wir werden die Besetzung dieser wichtigen Position weiter vorantreiben. Eine jahrelange Vakanz oder eine Verwaltung per Nebenjob durch den Bürgermeister ist für uns keine Option. Uns geht es um das Wohl der Stadt“, lautete die abschließende gemeinsame Stellungnahme der Fraktionsvorsitzenden von Grünen, SPD und FDP.