AboAbonnieren

Wellen, Striche, PunkteFörster aus Sankt Augustin erklärt, was die Baum-Zeichen bedeuten

Lesezeit 4 Minuten
Fällaktionen im Niederpleiser Wald,Baummarkierungen von links: Wellenlinie für einen Habitatbaum; weißer Punkt für einen schützenswerten Laubbaum, signalgelbe Linie für einen Baum, der gefällt werden soll.

Fällaktionen im Niederpleiser Wald, Baummarkierungen von links: Wellenlinie für einen schützenswerten Habitatbaum; weißer Punkt für einen schützenswerten Laubbaum, signalgelbe Linie für einen Baum, der gefällt werden soll.

Stadtförster Lennart Franzen hat die Stämme mit Farbe markiert.

Im Niederpleiser Stadtwald gibt es einen neuen Habitatbaum. Die etwa 80 Jahre alte Kiefer bietet Tieren natürlichen Schutz. Sie können dort brüten und finden Nahrung. Insekten schätzen die Rindenstruktur des Baumes. Revierförster Lennart Franzen hat sogar eine kleine Badewanne hoch oben im Geäst der Kiefer entdeckt: In einer Gabelung sammelt sich Wasser. Für Vögel eine Oase.

Die Waldarbeiter erkennen an einer weißen Wellenlinie auf dem Stamm, dass dieser Baum besonders geschützt werden muss. Im Wald können Kiefern gut 200 bis 300 Jahre alt werden. Es gibt auch Exemplare, die es auf fast 1000 Jahre bringen. „Dafür muss das Umfeld aber optimal sein“, berichtet Lennart Franzen. Der 26-Jährige ist seit Oktober 2024 Förster für das Revier Hennef, zu dem auch der Pleiser Wald im Sankt Augustiner Stadtteil Niederpleis gehört.

Im Stadtwald von Sankt Augustin werden Nadelbäume gefällt, um Platz für Laubbäume zu schaffen

Zurzeit werden im Stadtwald auf einer Fläche von fünf Hektar Bäume gefällt. Der Wald wird ausgedünnt, damit Laubbäume dort mehr Platz haben. „Im vorigen Jahrtausend wurden hier Kiefern angepflanzt, weil sie schnell wachsen und so als Bauholz Verwendung finden konnten“, erläutert Franzen. „Sie sind hier aber nicht heimisch.“ Nun werden sie nach und nach durch Laubbäume ersetzt. So etwas geht nicht von heute auf morgen. Es braucht Jahre.

Förster Lennart Franzen zeigt eine junge Eiche, die auf einer Lichtung im Niederpleiser Wald wächst.

Förster Lennart Franzen zeigt eine junge Eiche, die auf einer Lichtung im Niederpleiser Wald wächst.

Die Stadt hat bereits vor Jahrzehnten begonnen, die Nadelholzbestände mit Rotbuchen zu unterpflanzen, damit langsam ein Mischwald entsteht. Nun ist es an der Zeit, einige Nadelbäume zu fällen, um den Laubbäumen Platz und Licht zu geben. Franzen hat im Wald die entsprechenden Bäume mit einer signalgelben Linie auf dem Stamm markiert. Die schützenswerten Laubbäume in der Nachbarschaft bekommen einen weißen Punkt.

Bäume, in denen Spechte eine Höhle gebaut haben, dürfen allerdings nicht gefällt werden. Zwei Exemplare stehen auf der Fläche in der Nähe des Schützenweges. So muss der Revierförster nicht nur auf die Position des Baumes im Wald achten, sondern auch auf die Nutzung durch Tiere.

Dazu gehört, dass alte Stämme und Wurzelstöcke im Wald bleiben. Sie sind wichtige Lebensräume für Insekten, die ihre Gänge in das Holz bohren. „Totes Holz ist ein Wasserspeicher“, berichtet Franzen. Es sei dann im Sommer für Pflanzen verfügbar. Ein angeknabberter Wurzelblock fällt ins Auge. „Den haben Wildschweine auf der Suche nach Insekten bearbeitet“, erklärt Franzen. So kommen sie schnell an tierisches Eiweiß.

Die Eichen im Pleiser Wald in Sankt Augustin brauchen viel Platz und Licht, damit sie wachsen können

Es gibt die von Menschen angepflanzten Bäume im Wald und solche, die sich selbst ausgesät haben. Dazu gehört eine kleine Eiche, deren Blätter schon gelb sind. Im Frühjahr hat sie ausgetrieben. Damit sie optimal wachsen kann, braucht der noch junge Baum bald einen Lichtschacht von 20 bis 30 Metern Durchmesser. „Wenn sich ein Baum selber den Platz im Wald sucht, ist das optimal, und wir unterstützen ihn dann“, schildert Franzen. Auch deshalb werden später benachbarte Fichten gefällt. Linden und Birken gehören zu den Bäumen, die sich von allein einen Platz im Wald gesucht haben.

Ein alter Wurzelstock als Wasserspeicher und Lebensraum für Insekten. Wildschweine haben ihn auf der Suche nach tierischen Eiweiß angeknabbert.

Ein alter Wurzelstock als Wasserspeicher und Lebensraum für Insekten. Wildschweine haben ihn auf der Suche nach tierischen Eiweiß angeknabbert.

Die Stämme der gefällten Nadelhölzer liegen am Wegesrand und werden an Sägewerke in der Region verkauft. Das Holz wird als wertvoller, nachwachsender Rohstoff CO₂-neutral bereitgestellt und vermarktet. So wird der im Holz gebundene Kohlenstoff langfristig gespeichert. Bürgerinnen und Bürger der Stadt können sich zudem Sammelscheine ausstellen lassen. Mit ihnen haben sie die Erlaubnis, Holz im Wald zu sammeln, das nicht weiterverarbeitet werden kann.

Rund 36 Hektar groß ist der Pleiser Wald in Sankt Augustin - dort finden sich rund 25 Baumarten

Während der Fällarbeiten sind die Wege für Spaziergänger gesperrt. Eine Forstmaschine mit Kran und Seilwinde kommt zum Einsatz. Sie kann gefährliche oder hängengebliebene Bäume gezielt zu Fall zu bringen. Mit ihr wird auch das Holz an den Waldweg transportiert.

Die verästelte Baumkrone der Kiefer, die ein Habitatbaum im Pleiser Wald in Sankt Augustin ist.

Diese etwa 80 Jahre alter Kiefer ist ein schützenswerter Habitatbaum im Pleiser Wald in Sankt Augustin.

Franzen ist im Revier Hennef für die Betreuung von etwa 1500 Hektar Wald zuständig. Rund 36 Hektar davon machen der Pleiser Wald aus. Dort finden sich rund 25 Baumarten, wie Stieleichen, Rotbuchen, Hainbuchen, Winterlinden, Vogelkirschen, Sandbirken und Ebereschen. Eine besondere geschützte Pflanzenart in der Umgebung des Pleiser Waldes ist der Königsfarn. Auch geschützte Tierarten, wie Buntspecht, Siebenschläfer und Grasfrosch haben dort ihre Heimat.