AboAbonnieren

KinderhilfeKatholische Jugendagentur in finanziellen Nöten – Einrichtungen in Rhein-Sieg in Gefahr?

Lesezeit 5 Minuten
Kletterturm, Rutsche, Trampolin und Karussell auf einem Abenteuerspielplatz.

Der Abenteuerspielplatz in Troisdorf Friedrich-Wilhelms-Hütte ist nur eine von vielen Einrichtungen der Katholischen Jugendagentur Bonn.

Die KJA ist Träger zahlreicher Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe – darunter die Schulsozialarbeit in Sankt Augustin und Troisdorf.

Am Wochenende feiert der Abenteuerspielplatz Friedrich-Wilhelms-Hütte 40-jähriges Bestehen. Weit mehr als das Jubiläum dürfte Besucher und Beschäftigte aber ein anderes Thema beschäftigten: Die Katholische Jugendagentur, Träger des Spielplatzes und einer Vielzahl von weiteren Einrichtungen in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Großraum Bonn/Rhein-Sieg begibt sich in ein Schutzschirmverfahren.

Der Betrieb laufe regulär weiter, erklärte die KJA, die Gehälter seien gesichert. Die Beschäftigten – 920 sind es insgesamt, 150 allein im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis – wurden demnach in Dienstbesprechungen persönlich informiert, der Geschäftsbetrieb gehe unverändert weiter. „Die Gegenfinanzierung ist einfach nicht mehr ausreichend“, erklärte Anna-Lena Simons, Leiterin der Stabsstelle Kommunikation und Fundraising der KJA. „Die Schere ist zu groß geworden.“

Betrieb in den Einrichtungen im Rhein-Sieg-Kreis läuft weiter

Denn während die Jugendagentur die Beschäftigten nach Tarif bezahle, seien die Leistungen der Kommunen zum Beispiel beim Thema Ganztagsbetreuung sehr unterschiedlich. So heißt es auf der Internetseite der Agentur, „dass sie bei teilweise gleichbleibender Finanzierung durch die Kommunen sowie unveränderter Finanzierungsstruktur von Land und Bund mit gestiegenen Kosten konfrontiert ist.“ Ein Schicksal, dass die KJA mit vielen anderen Trägern sozialer Einrichtungen teilt.

Dass der katholische Träger, der 920 Personen beschäftigt und unter anderem Schulsozialarbeit, Ganztagsbetreuung in Schulen, aber auch offene Jugendarbeit in Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und teilweise auch im angrenzenden Rheinland-Pfalz leistet, in den vergangenen Jahren einfach zu groß geworden ist, sehe sie nicht, sagte Sprecherin Simons. Das gelte aber für die Zahl der Zuschussgeber: 67 seien es, Kommunen ebenso wie zum Beispiel Verbände, Fördervereine oder der Landschaftsverband. „Und alle haben verschiedene Regeln.“

Das binde in der Bearbeitung viele Ressourcen, zugleich sei aber angesichts vergangener und noch nachwirkender Krisen das breite Angebot der KJA weiter dringend notwendig. Simons nannte konkret die Pandemie, die Ahrtalflut und den Ukrainekrieg. In den vergangenen Woche seien betriebswirtschaftliche Analysen erfolgt, am Ende habe die Geschäftsleitung „sofort gehandelt“, als „die Defizite deutlich wurden.“

Die KJA sei nicht zahlungsunfähig, betont die Sprecherin, auch nicht verschuldet. Dann wäre ein Schutzschirmverfahren gar nicht zulässig. Auch müssten die Chancen für eine Sanierung gut stehen. Das zuständige Amtsgericht in Bonn hat am Donnerstag den Antrag auf Eröffnung des Schutzschirmverfahrens positiv beschieden. „Ein großes Privileg“ ist dieser Weg in den Augen der Sprecherin, denn nun könne die Geschäftsleitung den Sanierungsprozess in Eigenverwaltung gestalten, unterstützt von den Fachleuten einer erfahrenen Kanzlei, zugleich aber auch beaufsichtigt von einem gerichtlich bestellten „Sachwalter“.

Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen wir uns neu sortieren und weiterentwickeln
Rainer Braun-Paffhausen, KJA-Geschäftsführer

In den ersten drei Monaten des Verfahrens – im Fall der KJA November, Dezember und Januar – übernimmt zudem die Bundesagentur für Arbeit die Gehälter der mehr als 900 Beschäftigten. In dieser Zeit werden nun die Gespräche mit den Zuschussgebern geführt: „Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen wir uns neu sortieren und weiterentwickeln“, kündigte Geschäftsführer Rainer Braun-Paffhausen an. Ab Februar bezahlt wieder die KJA die Gehälter.

Sechs bis acht Monate werden, so Anna-Lena Simons, dem Antragsteller in einem Schutzschirmverfahren eingeräumt, um ein Sanierungskonzept zu entwickeln. Ziel sei es, die Einrichtungen zu erhalten und gerade in Zeiten des Fachkräftemangels die Beschäftigten zu halten.

„Prominent vertreten“ ist, so Jugendamtsleiter Dr. Markus Wüst, die Katholische Jugendagentur Bonn auch in Troisdorf: An neun Schulen leisten Beschäftigte die Schulsozialarbeit, das Jugendzentrum Bauhaus ist ebenso in Trägerschaft der KJA wie der Abenteuerspielplatz Friedrich-Wilhelms-Hütte. Diese beiden Einrichtungen verantworten zudem das Angebot BAM, einen mit Spielgeräten beladenen Sprinter, der in die Stadtteile fährt. Erst zum neuen Schuljahr schließlich hatte der katholische Träger zudem die Verantwortung für vier Standorte des offenen Ganztags in der Stadt übernommen.

Troisdorfer Jugendamtsleiter zeigt sich zuversichtlich

Sorge um den Fortbestand der Angebote in Troisdorf hat Markus Wüst nicht, der Mitte der Woche KJA-Geschäftsführer Rainer Braun-Paffhausen und die Fachbereichsleitung zu Besuch hatte: Anberaumt für eine Feinabstimmung zum Thema Trogata, bot der Termin Gelegenheit auch zum Gespräch über die aktuelle Situation. „Die haben nicht hier das Problem“, stellte der Amtsleiter klar.

Mädchen beim Kung-Fu in einer mit Matten ausgelegten kleinen Halle.

Das Siegburger Jugendzentrum im Stadtteil Deichhaus gehört ebenfalls zur KJA, die hier auch schon einen Kung-Fu-Workshop für Mädchen anbot.

Während nämlich andere Kommunen nur die vom Land bezahlte Kindpauschale für die Ganztagsbetreuung weiterreichten – da sie in der Haushaltssicherung steckten – bezahle Troisdorf die Energiekosten, eine Sachkostenpauschale, die kontinuierlich angepasst werde, sowie zehn Prozent der Personalkosten für die allgemeinen Ausgaben. Der Personalaufwand werde zudem „spitz“ unter Berücksichtigung der Tarifsteigerungen abgerechnet.

„Wenn es überall so wäre, hätten sie das Problem nicht“, sagte der Amtsleiter. „Wir haben natürlich sehr sehr großes Interesse daran, dass das hier weitergeht“, so Wüst, der sich ebenso „sehr sehr zuversichtlich“ zeigte.

Am Wochenende steigen Saturday Night Games in Königswinter

In Königswinter managt die Katholische Jugendagentur für die Stadt Königswinter die Häuser der Jugend in Niederdollendorf und in Oberpleis. Die Einrichtung in Niederdollendorf hatte im vorigen Jahr laut einer Auswertung 126 regelmäßige Besucher und 224 Kinder und Jugendliche, die unregelmäßig kommen. In Oberpleis waren das jeweils 142 beziehungsweise 180 Besucher. Den größten Anteil machen die 14- bis unter 18-Jährigen aus. Das Haus der Jugend in Oberpleis ist 2021 für rund 640 000 Euro von der Stadt saniert worden.

Gerade an diesem Samstag (16. November) organisiert die Katholische Jugendagentur in Kooperation mit der Stadt im Schulzentrum Oberpleis die „Saturday Night Games“, ein Projekt im Zuge der Drogenprävention. Die Aktion findet von 15 bis 21 Uhr statt und richtet Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 15 Jahren.

Auch in Siegburg ist die KJA Bonn mit wichtigen Einrichtungen und Angeboten vertreten, mit dem Jugendzentrum (Juze) Deichhaus, der Streetwork Siegburg und der mobilen Jugendhilfe Siegburg. In Sankt Augustin gehört unter anderem die OGS-Betreuung der Max und Moritz Schule dazu, ebenso der Kinder- und Jugendtreff und das mobile Angebot „Area 53“.