Die Corona-Krise macht auch vor dem Michaelsberg nicht halt.
Redakteur Andreas Helfer sprach mit dem Direktor des Katholisch-Sozialen Instituts, Professor Dr. Ralph Bergold, über Bildungsarbeit und Tagungsbetrieb unter erschwerten Bedingungen.
Außerdem verriet Bergold, warum er trotz Krise zuversichtlich bleibt.
Siegburg – Das Katholisch-Soziale Institut Michaelsberg ist eigentlich ein Ort, an dem die Menschen zusammen kommen. Doch die Corona-Krise macht diesem Unterfangen ein Strich durch die Rechnung. Andreas Helfer sprach mit KSI-Direktor Ralph Bergold über die schwere Situation.
Am 10. Mai jährt sich die Eröffnung des KSI auf dem Michaelsberg zum dritten Mal. Wie ist die Stimmung?
Bergold: Schon sehr eigenartig. Das Institut wurde ja für Menschen gebaut, wir haben hier normalerweise bis zu 200 Gäste im Haus, überall ist Leben. Jetzt aber fehlt das Wesentliche, die Menschen. Die Gänge sind leer, alles ist ruhig, alles ist still.
Die pädagogischen Mitarbeiter sind ebenso wie ich im Homeoffice. Aufträge werden per Telefon und E-Mail abgewickelt, einmal in der Woche gibt es eine Videokonferenz, das läuft wunderbar, auch wenn es natürlich für die Mitarbeiter eine große Umstellung ist. Bestimmte Stellen im Tagungsbetrieb müssen aber besetzt werden, etwa an der Rezeption. Es gibt auch ein Mittagessen für die Mitarbeiter, die Küche ist also nicht ganz kalt. Wir haben einen sehr reduzierten Beherbergungsbetrieb für Geschäftsreisende. Abstand halten und Hygiene sind da sehr wichtig. Wir haben der Stadt zugesichert, im Notfall Zimmer für Patienten zur Verfügung zu stellen. Aber im Moment sieht es ja gut aus.
Wie macht sich die Krise im Bildungsprogramm des bemerkbar?
Im Moment herrscht Stillstand, wir wollen aber nach dem 17. Mai den Betrieb wieder aufnehmen, mit Schulungen für Mitarbeitervertretungen, das ist bei uns ein sehr wichtiger Bereich. Dazu müssen wir ein Schutzkonzept entwickeln. Tische und Stühle müssen fixiert werden, im Restaurant dürfen Gäste nur einzeln sitzen und in Schichten essen. Wir wollen uns gut vorbereiten, damit später keine Hektik aufkommt. Dies alles steht aber unter Vorbehalt der Beschlüsse des Gesetzgebers über den Veranstaltungsbeginn. Leider werden Großveranstaltungen ausfallen, wie zum Beispiel der Studientag der Diözesan-Mitarbeitervertretungen, die Musikakademie, mit der Kunstakademie ein ganz großes Highlight, das Pilgerforum und auch unser Betriebsausflug. Mit den Veranstaltungen ab September sind wir noch in der Schwebe, worauf wir im Halbjahresprogramm auch hinweisen.
Wie reagiert ihr Träger, das Erzbistum Köln, auf die Krise?
Das Erzbistum hat keine Kurzarbeit eingeführt, zumindest bis Juni. Überstunden werden jetzt natürlich abgebaut. Den Künstlern für die Musikakademie konnten wir sogar ein Ausfallhonorar von 70 Prozent zahlen. Wir mussten zwei Wochen vorher absagen, und die Musiker sind ja auf das Geld angewiesen. Unseren Mitarbeitern konnten wir schon zusagen, dass es keine Entlassungen geben wird.
Wie wichtig sind wirtschaftliche Überlegungen?
Für das Tagungshaus muss man schon überlegen, was man jetzt anbieten kann, etwa Zimmer für Leute, die im Homeoffice nicht die nötige Ruhe haben. Im Bildungsbereich laufen Online-Veranstaltungen an, so genannte Webinare, für die zugesagte Weiterbildungsgelder auch fließen.
1947 gegründet
Das Katholisch-Soziale Institut (KSI) wurde 1947 von Kardinal Josef Frings gegründet und versteht sich als Haus der Erwachsenenbildung. 2017 zog es von Bad Honnef nach Siegburg in die ehemalige Benediktiner-Abtei auf dem Michaelsberg.
Träger ist das Erzbistum Köln, das in Um- und Neubau 41 Millionen Euro investierte, wodurch 10 000 Quadratmeter Nutzfläche entstanden. Leiter ist seit 2005 der Religionspädagoge Prof. Dr. Ralph Bergold. 15 Mitarbeiter sind im pädagogischen Bereich tätig, rund 60 im Tagungshaus. (ah)
An die Corona-Krise knüpfen sich nicht nur Ängste und Sorgen, sondern auch Hoffnungen auf gesellschaftliche Veränderungen. Teilen Sie den Optimismus?
Ja. Vor 75 Jahren, nach dem Kriegsende, wussten auch viele Menschen nicht, wie es weitergeht, alles brach damals weg. Josef Kardinal Frings begründete 1947 unser Institut und stellte die soziale Frage nach der Zukunft der Gesellschaft. Ich sehe heute sehr viel Solidarität, Einkaufsdienste, Initiativen für Obdachlose, Musikveranstaltungen vor Altenheimen. Das verändert die Atmosphäre unserer Gesellschaft, auch das Bewusstsein für die Not von Flüchtlingen und den Klimawandel. Es gibt eine neue Sensibilität, ein neues Verantwortungsbewusstsein für andere Menschen, und Frings ist auf einmal wieder aktuell. Ich glaube auch, dass Verleumdungen und Hetzereien wie seitens der AfD künftig nicht mehr so greifen werden.
Könnten sich solche Veränderungen in der programmatischen Arbeit widerspiegeln?
Wir machen jetzt schon digitale Veranstaltungen zum Thema Gerechtigkeit, das bekommt angesichts der Corona-Krise eine ganz andere Bedeutung. Solidarität, auch die europäische Solidarität, Werte und Wertevermittlung sind wichtig für unsere Institutsarbeit, die Frage, was hält unsere Gesellschaft zusammen. Da werden wir neue Schwerpunkte setzen, wenn wir wieder Leben auf den Michaelsberg bringen.