Lübeck – Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat in der Sendung „ARD-Wahlarena“ unterstrichen, dass die Energieversorgung auch mit erneuerbaren Energien gesichert sein werde. Die Visionen der Grünen in Sachen Energiepolitik beschäftigte mehrere Zuschauer. Besonders die flächendeckende Stromversorgung im Falle einer kompletten Umstellung auf erneuerbare Energien bereitete Sorgen.
„Verschiedene Energieträger miteinander verbinden“
„Wir müssen die verschiedenen Energieträger wie Wind, Wasser und Biomasse vernünftig miteinander verbinden“, sagte Baerbock. Auch das Klimaschutz-Sofortprogramm der Grünen wolle sie schnell umsetzen und etwa „auf jedes Dach eine Solaranlage aufbauen.“ „Die Versorgungssicherheit wird auch mit erneuerbaren Energien sichergestellt sein“, versicherte Baerbock.
In Anbetracht der Corona-Pandemie möchte die Kanzlerkandidatin der Grünen sich in der Pflege für einen besseren Personalschlüssel einsetzen: „Eine Verbesserung des Personalschlüssels hat absolute Priorität“, sagte Baerbock.
„Im Bundestag haben wir als Politikerinnen und Politiker auch ganz viel geklatscht, davon können Sie aber nicht Ihre Miete zahlen“, sagte sie an eine Altenpflegerin gewandt, die sie nach ihren Ideen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege gefragt hatte. „Wir müssen in der Pflege zu einer 35-Stunden-Woche kommen. Auch braucht es eine deutliche Lohnerhöhung in ambulanter Altenpflege.“
Kulturbranche besonders von Corona-Einschränkungen betroffen
Die Kulturbranche ist ebenfalls gebeutelt von der Corona-Pandemie. Ein Schauspieler erzählte, dass er schon seit Juni keine Hilfen mehr bekomme. „Das Verständnis, dass Kunst und Kultur systemrelevant sind, muss sich in der Politik widerspiegeln“, sagte Baerbock. Momentan sehe man, dass die Infektionszahlen wieder hochgingen: „Deshalb müssen wir massiv impfen, damit auch die Kultur etwa mit einer 2G-Regel aufrechterhalten werden kann.“
Eine Zuschauerin sorgte sich um die Diskriminierung von Ungeimpften im Falle einer solchen 2G-Regel. Die Grünenvorsitzende entgegnete, dass Anreize zur Impfung nötig wären, da „eigentlich weitere 20 Prozent geimpft werden müssen.“ Man müsse jetzt Vorkehrungen treffen, damit es nicht zu Situationen komme, in denen etwa Intensivstationen überlastet seien. „Die Impfung sorgt für gemeinsame Sicherheit.“
„Müssen 30.000 Stellen in der Polizei nachbesetzen“
Baerbock sagte zudem, dass mehr Geld auch für die Polizei benötigt werde. „Dafür brauchen wir auch einen höheren Spitzensteuersatz“, fügte Baerbock hinzu. In den Sicherheitsberufen „müssen 30.000 Stellen nachbesetzt“ werden. Dazu müsse die Vereinbarkeit von Familie und Beruf so geregelt sein, dass sie für junge Menschen in Sicherheits- und sozialen Berufen attraktiv sei.
Scholz hofft auf Mehrheit für rot-grüne Koalition
Auch ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen war ein Thema der Sendung. „Tempo 130 ist etwas, für das ich mich stark machen werden. Dieses Tempolimit gilt in ganz vielen anderen europäischen Ländern“, sagte Baerbock. Ein Tempolimit sei aber nicht nur ein ökologisches Thema, sondern auch eine Frage der Sicherheit.
Baerbock will auf Abzug der US-Atombomben aus Deutschland dringen
Die Kanzlerkandidatin der Grünen will zudem bei einem Wahlsieg auf einen Abzug der US-Atombomben aus Deutschland dringen. Eine neue Bundesregierung müsse mit Blick auf die Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und Russland deutlich machen: „Natürlich müssen Teil dieser Abrüstung auch die amerikanischen Atomwaffen hier in Deutschland und in Gesamteuropa sein“, sagte Baerbock am Montagabend. „Wir haben da gerade ein Fenster der Möglichkeiten und das müssen wir nutzen und nicht weiter eine Außenpolitik betreiben, die sich im Zweifel wegduckt.“
Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel lagern Schätzungen zufolge noch etwa 20 Atombomben, die im Ernstfall von Kampfjets der Bundeswehr abgeworfen werden sollen. Neben den Grünen und der Linken haben sich auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der SPD für den Abzug der US-Atomwaffen ausgesprochen. Die Union ist strikt dagegen.
„Internet umsetzen wie den Briefkasten vor 100 Jahren“
Eine weitere Zuschauerin bemängelte, dass ländliche Regionen zunehmend abgehängt werden. Ein schwacher Öffentlicher Personennahverkehr, Wohnungsmangel sowie schwaches Internet seien große Probleme. Baerbock antwortete, dass ihre Partei dafür sorgen wolle, „dass Internet wie der Briefkasten vor 100 Jahren umgesetzt wird. Jeder braucht im Jahr 2021 schnelles Internet.“ Bei Ausschreibungen wolle sie im Falle einer Regierungsbeteiligung klare Priorität aufs Land legen.
„Wenn wir beim Klimaschutz jetzt nicht handeln, werden wir noch extremere Wetterphänomene haben“, sagte Baerbock auf eine Frage zur Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Klimaschutz auf dem Land. „Es heißt nicht: Wir dürfen kein Auto mehr fahren. Wir müssen aber dafür sorgen, dass in jedem Ort stündlich ein Bus fährt.“ Auch der Wechsel zum E-Auto müsse bezahlbar gemacht werden, so Baerbock.
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In den 75-minütigen Sendungen der „ARD-Wahlarena“ haben 65 Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, den Kanzlerkandidaten und der Kanzlerkandidatin ihre Fragen zu stellen. Das Format existiert seit 2005 und wird zur bevorstehenden Bundestagswahl am 26. September bereits zum fünften Mal aufgelegt. Moderiert werden die Wahlarenen von NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz und Ellen Ehni, WDR-Chefredakteurin. (RND/dpa)