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Kommentar

Kommentar zum Ärztestreik
Von finanziellen Problemen kann wirklich keine Rede sein

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Lesezeit 3 Minuten
Ein Arzt trägt ein Stethoskop um den Hals.

Ärztinnen und Ärzte gehören zu den bestbezahlten Berufsgruppen in Deutschland.

Am Montag blieben die Arztpraxen aus Protest zu. Die Mediziner fordern mehr Geld. Berechtigt sind aber längst nicht alle ihrer Punkte.

In einem einzigen Punkt haben die Ärzteverbände recht: Im politischen Fokus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stehen derzeit die Krankenhäuser und nicht die niedergelassenen Ärzte. Das ist allerdings auch richtig so, denn im Bereich der Kliniken besteht ein existenzieller Reformbedarf, der unmittelbar die Qualität der medizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten betrifft. Um finanziell überleben zu können, werden zu viele künstliche Hüft- und Kniegelenke eingesetzt, Wirbelsäulen operiert oder Herzkatheter-Eingriffe vorgenommen.

Von finanziellen Problemen im ambulanten Sektor kann dagegen keine Rede sein. Ärztinnen und Ärzte gehören zu den bestbezahlten Berufsgruppen in Deutschland. Ein Praxisinhaber erwirtschaftete nach neusten Zahlen des Statistischen Bundesamtes 2021 einen sogenannten Reinertrag von durchschnittlich 237.000 Euro im Jahr. Das sind monatlich fast 20.000 Euro. Das Spektrum reicht von 220.000 Euro für Hausärztinnen und -ärzte bis zu 451.000 Euro bei Radiologen. Der Reinertrag ist etwa vergleichbar mit einem Bruttoeinkommen, wobei die niedergelassenen Mediziner im Gegensatz zu Angestellten ihre Sozialversicherungen allein bezahlen müssen.

Unter Strich dürfte dennoch ein monatliches Netto in der Größenordnung von 8000 Euro stehen, was ein durchaus üppiges Salär ist - selbst unter der Annahme, dass viele Mediziner mehr als 38 Stunden die Woche arbeiten. Von einem „Kaputtsparen“ der Arztpraxen kann mithin nicht die Rede sein. Auch ein Blick auf die jährlichen Honorarsteigerungen lässt diese These nicht zu: Seit 2019 sind die Reinerträge um jährlich fünf Prozent gestiegen. Und bei den gerade zu Ende gegangenen Honorarverhandlungen wurde für das kommende Jahr ein Plus von knapp vier Prozent für den ambulanten Sektor vereinbart. Sparen sieht anders aus.

Vollends schräg wird es, wenn der Virchowbund die angeblich geringen Gehälter dafür verantwortlich macht, dass immer mehr Praxen ohne Nachfolger schließen müssen. Dabei gibt es genug Erfahrungswerte die zeigen, dass es selbst mit Zulagen nur schwer gelingt, zum Beispiel Hausärzte in die Provinz locken. Sie wollen nicht mehr Geld, sie wollen ordentliche Schulen für den Nachwuchs oder attraktive Freizeitangebote. Das ist mehr als berechtigt, aber keine Aufgabe für das Gesundheitswesen. Gleichwohl gibt es gezielte Fördermaßnahmen, etwa Investitionszulagen im fünfstelligen Bereich.

Ein weiterer Kritikpunkt der Ärzteverbände ist die Budgetierung. Wird eine bestimmte Leistungsmenge überschritten, werden die darüber hinausgehenden Behandlungen geringer vergütet. Das ist ein wesentliches Element, um die Ausgaben, immerhin bezahlt aus den Einkommen der Beschäftigen, nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Ärgerlich für die Ärzte, aber mit Blick auf das hohe Niveau ihrer Bezahlung vertretbar. In der Kinder- und Jugendmedizin, wo es besonders große Engpässe gibt, sind die Budgets im Übrigen bereits abgeschafft. Die Hausärzte sollen laut Koalitionsvertrag folgen, was ebenfalls sinnvoll erscheint und kaum zu einem Ausgabenschub führen dürfte. Schließlich bedeutet schon der Personalmangel selbst eine Kostenbremse.

Keine Frage: Nötig sind Schritte, um angesichts des demografischen Wandels die flächendeckende medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Die Lösungen sind bekannt, sie müssen nur konsequent umgesetzt werden: Mehr Medizin-Studienplätze, eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung oder der Einsatz von Telemedizin, um nur einige zu nennen. Eines macht mit Blick auf die notwendige Gewinnung junger Menschen aber überhaupt keinen Sinn: Die Lage des eigenen Berufsstandes übertrieben schlecht zu reden.