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Krieg in der UkraineWie Bundeskanzler Scholz im Fernsehen den Ernst der Lage erklärt

Lesezeit 3 Minuten
Olaf Scholz TV-Ansprache (1)

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach seiner TV-Ansprache zum Krieg in der Ukraine.

Berlin – Angela Merkel hat fast 16 Jahre gebraucht, um sich als Kanzlerin in einer Krise mit einer TV-Ansprache an die Bürgerinnen und Bürger zu wenden. Im März 2020 warnte sie die Bevölkerung in der Corona-Krise, die Lage sei ernst. Das ist sie auch am Donnerstag. Jetzt geht es nicht um eine Pandemie. Jetzt geht es um Krieg.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine angegriffen. Nachdem er monatelang erzählt hat, dass er das nicht vorhabe. Ein Lügenkartenhaus ist zusammengefallen. Olaf Scholz wählt die Möglichkeit der Fernsehansprache nach zweieinhalb Monaten im Amt. Er will den Menschen in Deutschland persönlich erklären, was nun passiert. „Die Lage ist sehr ernst“, sagt der Sozialdemokrat.

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Schon die drei Flaggen, neben denen er steht, sind ein Statement: die deutsche, die europäische und die ukrainische. Männer, Frauen und Kinder müssten nur zwei Flugstunden von Berlin entfernt um ihr Leben bangen, sagt Scholz mit spürbarer Verachtung für Putin. Er verspricht der Ukraine „volle Solidarität“. Dazu gehören allerdings bisher keine Waffenlieferungen, die Kiew fordert. Aus Bundeswehrkreisen verlautet allerdings, dafür sei es jetzt auch zu spät.

Mit Kampfjets, Panzern und Helikoptern: Russland überrollt die Ukraine

Scholz beklagt, Putin wolle das Land „von der Weltkarte tilgen“, er füge seinem eigenen Land aber einen schweren Schaden zu. Scholz will eine Brücke zur russischen Bevölkerung bauen, indem er sagt: Der Kremlchef allein sei für den Krieg mit der Ukraine verantwortlich – nicht die Bürgerinnen und Bürger Russlands. „Dieser Krieg ist Putins Krieg.“

Es handele sich um einen Krieg, „wie wir ihn in Europa seit mehr als 75 Jahren nicht erlebt haben“. Putin breche mit der europäischen Friedensordnung. Er wolle die Zeit zurückdrehen. Es gebe aber kein Zurück in das 19. Jahrhundert, als Großmächte über die Köpfe kleinerer Staaten hinweg entschieden, betont der Kanzler. Auch kein Zurück in die Zeit des Kalten Krieges, als Supermächte die Welt unter sich aufteilten – in Einflusszonen.

Scholz: Es gibt kein Zurück in die Zeit vor 1989

Das galt den Gegnern vor noch nicht allzu langer Zeit allerdings als Garantie für Frieden. Und manch einer hält diesen Status bis heute nicht für den Schlechtesten. Das setzt nur voraus, dass kein Land einer „Einflusszone“ jemals aus solchen Grenzen herauskommen will und akzeptierte, dass es nicht frei entschieden kann, welchen Einfluss es vorzieht. Das Baltikum hätte dann nie Nato-Partner werden können.

Und so fügt Scholz noch diese Kategorie hinzu: Es gebe auch kein Zurück in die Zeit vor 1989 – bevor sich die Menschen wie in der DDR Freiheit und Demokratie erkämpften. Noch in der vorigen Woche habe er mit Putin im Kreml diskutiert, erinnert Scholz. Wie schnell sich die Welt drehen kann. Jetzt herrscht Krieg in Europa.

Scholz: „Putin wird nicht gewinnen“

Putin habe alle Warnungen in den Wind geschlagen, sagt Scholz. Er solle die Entschlossenheit der Nato nicht unterschätzen. Der Westen werde auch dafür sorgen, dass der Konflikt nicht auf andere Länder übergreift. Von den Nato-Staaten grenzen Litauen, Lettland und Estland, Polen und Norwegen an Russland. Das Militärbündnis verstärkt bereits seine Streitkräfte im östlichen Bündnisgebiet.

Der Kanzler „appelliert“ – sein Sprachgebrauch bleibt höflich – an den russischen Machthaber: „Stellen Sie die Kampfhandlungen unverzüglich ein.“ Scholz prognostiziert: „Putin wird nicht gewinnen.“ Derweil macht der Kremlchef Geländegewinne in der Ukraine, und der Westen hetzt von einer Krisensitzung zur nächsten. (rnd)