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Kommentar

Kommentar zur Ministerin
Auch Scholz ist mitschuldig am Scheitern Lambrechts

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Lesezeit 2 Minuten
Christine Lambrecht.

Christine Lambrecht (SPD), legt im Bundestag vor Bärbel Bas (SPD), Bundestagspräsidentin, bei der Vereidigung den Amtseid ab.

Als Justizministerin hatte Christine Lambrecht die Kommunikation im Griff. Als Verteidigungsministerin springt sie von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Spätestens seit dem 24. Februar 2022 war Christine Lambrecht die falsche Frau im wichtigsten Ministerium. Sie fremdelte von Anfang an mit dem Kosmos Bundeswehr, den vielen Abkürzungen, den Dienstgraden und den Waffensystemen. Überhaupt, so schien es, hatte der Bundeskanzler eine Frau zur Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt gemacht, die als tüchtige Juristin die Organisation des Beschaffungswesens auf Vordermann bringen und ansonsten damit zufrieden sein sollte, dass Deutschland das 2-Prozent-Ziel nicht erreichen wird.

Also auch in Zukunft nicht 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben wird, wie es Deutschland innerhalb der Nato eigentlich versprochen hat. Bis zur Ankündigung des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr war das die Position der Ampelregierung.

Schon vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gab es Geläster über die Ministerin mit den lackierten Nägeln und den hohen Schuhen im Wüstensand. Vieles war nicht fair. Lambrecht zeigte aber auch keinen Ehrgeiz, es allen zu zeigen, dass Pumps und Puma kein Gegensatz sein müssen.

Rücktritt von Christine Lambrecht käme zu einem ungünstigen Zeitpunkt

Und dann war es erstaunlich zu sehen, wie eine Ministerin, die im Justizressort einen guten Job gemacht und ihre Kommunikation hervorragend im Griff hatte, plötzlich von Fettnapf zu Fettnapf purzelte. Man muss Lambrecht zugutehalten, dass ihr Verteidigungsministerium seit dem 24. Februar 2022 nicht nur das wichtigste sondern auch das schwierigste Ressort in der Bundesregierung war.

icht gefolgt vom Wirtschafts- und Klimaministerium von Robert Habeck, der in diesen Krisenmonaten auch Federn lassen musste. Am Ende ging er aber souveräner mit schwierigen Lagen um und leistete sich vor allem keine überflüssigen Fehler wie einen Hubschrauberflug mit dem Sohn oder ein kurioses Silvestervideo.

Lambrecht hatte es doppelt schwer, weil Scholz mit seiner Zeitenwenderede international Erwartungen weckte, die er monatelang nicht mit Waffenlieferungen unterlegte. Diese internationale Enttäuschung gepaart mit von Grünen, FDP und Union erzeugtem innenpolitischen Druck brachten die Verteidigungsministerin in die Defensive. Ganz zu schweigen vom früheren Botschafter Andrij Melnyk, der aus nachvollziehbaren Gründen auch mit Härte und Polemik die Forderungen für die Ukraine formulierte.

Für die Regierung Scholz wäre der Rücktritt Lambrechts nach Familienministerin Anne Spiegel der zweite Verlust im Kabinett. Er käme zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Für kommenden Freitag hat sich US-Verteidigungsminister Austin zum Nato-Treffen in Ramstein angesagt. Zudem ist auch noch nicht offiziell geklärt, ob Innenministerin Nancy Faeser tatsächlich Spitzenkandidatin in Hessen wird und ob sie dafür ihr Amt als Innenministerin aufgibt, also auch eine Nachfolgerin für sie gesucht wird. (rnd)