AboAbonnieren

Trump-ImpeachmentBilder von Wut und Gewalt sollen Republikaner überzeugen

Lesezeit 3 Minuten
Videoscreen Sturm Kapitol

Mit verstörenden Videoaufnahmen und einer minutiösen Nacherzählung des gewaltsamen Angriffs auf das US-Kapitol haben die Ankläger im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump ihre Vorwürfe gegen den früheren US-Präsidenten untermauert.

Washington – Nach einer Weile war es selbst dem ultrarechten Kabelkanal Newsmax zu viel. Eine halbe Stunde mäanderte der Trump-Anwalt Bruce Castor schon herum. Er lobte die Senatoren, erzählte Anekdoten und zweifelte zwischendurch die Rechtmäßigkeit des Verfahrens an. Da unterbrach der Sender seine Liveübertragung und interviewte den konservativen Hochschullehrer Alan Dershowitz. „Ich habe keine Ahnung, was der da gerade macht“, antwortete der Mann, der Donald Trump in seinem ersten Impeachmentverfahren verteidigt hatte.

Es lief nicht gut für den Ex-Präsidenten am ersten Tag des Amtsenthebungsprozesses vor dem Washingtoner Senat. Durch eine lange Geschäftsordnungsdebatte hatten die Republikaner am Dienstag versucht, eine Aussprache über Trumps heikle Rolle beim Sturm auf das Kapitol zu vermeiden. Es sei verfassungswidrig, einen nicht mehr im Amt befindlichen Regierungschef anzuklagen, lautete das Argument der Trump-Verteidiger.

Trump soll wütend gewesen sein

Doch ihr fahriger Auftritt machte die Pläne zunichte. Gleichzeitig hielt der demokratische Chefankläger Jamie Raskin, ein ehemaliger Verfassungsrechtsprofessor, inhaltlich präzise und emotional ergreifend dagegen. Selbst Ted Cruz, einer der engsten Trump-Verbündeten, kam nicht umhin, den Auftritt der Gegenpartei „beeindruckend“ zu nennen. Der Ex-Präsident, der die Verhandlung in Florida vor dem Fernseher verfolgte, soll wütend gewesen sein, berichten Medien.

Am Ausgang des Impeachments, bei dem Trump die „Anstiftung zum Aufruhr“ vorgeworfen wird, dürfte das jedoch nichts ändern. Zwar scheiterte der Versuch der Verteidigung, das Verfahren von vorneherein für verfassungswidrig erklären zu lassen – sechs der 50 republikanischen Senatoren wehrten den Vorstoß mit den Demokraten ab – für eine Verurteilung des Ex-Präsidenten, die dann die Möglichkeit einer lebenslangen Ämtersperre nach sich ziehen würde, wären aber 17 republikanische Abweichler erforderlich. Nachdem die Republikaner bereits mit überwältigender Mehrheit die Rechtmäßigkeit des Verfahrens bestritten haben, scheint dies so gut wie ausgeschlossen.

„Der Albtraum unserer Gründerväter“

Folgerichtig konzentrieren sich die Ankläger vor allem darauf, der amerikanischen Öffentlichkeit einen schockierenden Eindruck von Ausmaß und Brutalität des gescheiterten Putschversuches zu verschaffen und gleichzeitig die Verantwortung von Trump zu unterstreichen. Die verfassungsrechtlichen Einwände gegen das Verfahren wies Ankläger Raskin mit dem Argument zurück, dass Trump vom Repräsentantenhaus bereits während seiner Amts zeit angeklagt worden sei. Wenn der Senat den Fall nun nicht mehr verhandeln dürfe, führe das zu einer De-facto-Rechtlosigkeit in den letzten Wochen jeder präsidialen Amtszeit: „Das wäre der Albtraum unserer Gründerväter.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Eindrucksvoll wirkte ein 13-minütiger Videoclip, den Raskin vorführte. Darin sah man den Sturm der rechten Meute auf das Kapitol und im Gegenschnitt Trumps Rede vor dem Weißen Haus, wo er den Mob aufwiegelte, „wie der Teufel“ zu kämpfen. Man sah, wie Türen zertrümmert und Polizisten brutal niedergeknüppelt wurden, wie sich Politiker ängstlich auf den Boden kauerten und schließlich ein Schuss fiel. „Senatoren, das kann nicht unsere Zukunft sein!“, rief Raskin aus. Doch im Washingtoner Politikbetrieb, bei dem viele Beteiligte zunächst an ihre eigene Wiederwahl denken, droht der Appell zu verhallen. Noch steht die republikanische Wählerbasis nämlich zu Trump, und jedem Senator, der sich von ihm abwendet, droht das Ende seiner Karriere.

Anklage und Verteidigung haben nun jeweils 16 Stunden Zeit, ihre Argumente vorzubringen. Schon Anfang nächster Woche könnte das Urteil fallen. Wird Trump freigesprochen, hätten die Demokraten die Verfehlungen des Ex-Präsidenten immerhin schonungslos offengelegt. Die Republikaner aber hätten die Chance verpasst, sich von Trump zu emanzipieren und dessen erneute Kandidatur zu verhindern.