US-Präsident mit Coronavirus infiziertTrump begab sich erst verspätet in Quarantäne
- US-Präsident Donald Trump und seine Ehefrau Melania haben sich mit Coronavirus angesteckt.
- Zuvor hatte sich Trumps enge Mitarbeiterin Hope Hicks infiziert. Doch Trump tat einen ganzen Tag lang so als wäre nichts.
- Es könnten sich weitere Personen aus Trumps engem Umfeld mit dem Virus infiziert haben.
Washington – Es war kurz vor ein Uhr in der Nacht zum Freitag, als der amerikanische Präsident das Alptraum-Szenario aller Wahlkampfplaner bekanntgab. „Heute Abend sind die First Lady und ich positiv auf das Corona-Virus getest worden“, twitterte Donald Trump und gab bekannt, dass er sich unmittelbar in Quarantäne begeben würde.
Kaum aussagekräftiger war die kurz darauf verschickte Erklärung seines Leibarztes, die beteuerte, dass der 74-Jährige, der auch wegen seines Übergewichts zur Risikogruppe gehört, seinen Amtspflichten von zuhause aus unverändert nachkommen würde.
Das war 32 Tage vor der US-Wahl die wohl größte denkbare Nachrichtenbombe. Und es ist zugleich ein hammerhartes Dementi von Trumps Corona-Politik. Seit Monaten hat der Präsident politisch die Gefahren des Virus heruntergespielt und persönlich praktisch keinerlei Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.
Trump lästerte über Bidens Mund-Nasenschutz
Ungeachtet aller Expertenwarnungen reist er kreuz und quer durchs Land, hält keinen Abstand und veranstaltet Wahlkundgebungen, bei denen kaum jemand eine Maske trägt. Noch am Dienstagabend hatte er sich beim Fernsehduell über seinen Herausforderer Joe Biden lustig gemacht.
„Ich trage keine Masken wie er“, brüstete er sich und lästerte, der Demokrat verberge dauernd sein Gesicht hinter dem größten Mund-Nasenschutz, den er je gesehen habe.
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Da war ihm das Virus möglicherweise schon auf den Fersen. Hope Hicks, eine seiner engsten Mitarbeiterinnen, verspürte beim gemeinsamen Rückflug mit Trump von einer Kundgebung in Minneapolis am Mittwochnachmittag erste Symptome einer Erkrankung.
Am Donnerstagmorgen lag das positive Ergebnis vor. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich Trump und seine Frau Melania bei Hicks angesteckt haben. Wegen der Inkubationszeit des Virus ist jedoch nicht klar, wann.
Der US-Präsident tat einen Tag lang so, als ob nichts wäre
Spätestens seit Donnerstagmorgen aber musste im Weißen Haus das Risiko bekanntgewesen sein. Zwar hatte es dort auch schon früher einzelne Corona-Fälle gegeben, aber kein Betroffener hatte so engen Kontakt zum Präsidenten wie Hicks, die quasi kaum von seiner Seite weicht.
Ihr Büro in den engen Fluren des Regierungsgebäudes liegt direkt vor dem Oval Office, und in den vergangenen Tagen ist die Mitarbeiterin nicht nur in der Präsidentenmaschine Air Force One, sondern auch im Helikopter mit Trump geflogen.
Es ist bezeichnend für die seit langem fahrlässige Corona-Politik des Präsidenten, dass er am Donnerstag trotz des ihm bekannten Kontakts mit einer Covid-Infizierten seinen üblichen Tagesplan abarbeitete, statt sich – wie dies die Regeln seiner Gesundheitsbehörde CDC vorsehen, in Quarantäne zu begeben. Er flog in seinen Golfclub in New Jersey, wo er sich mit Spendern traf, flog nach Washington zurück und gab Sean Hannity, seinem Lieblings-Talkmaster bei Fox News, ein Interview – alles ohne Maske und ohne die drohende Ansteckung zu erwähnen.
Auch seine Sprecherin Kayleigh McEnany erwähnte bei ihrer Pressekonferenz am Nachmittag die Erkrankung einer der wichtigsten Figuren im Weißen Haus, die auch mit Vizepräsident Mike Pence Kontakt hatte, mit keiner Silbe.
Nur durch eine Meldung der Agentur Bloomberg wurde der positive Corona-Test von Hicks am Donnerstagabend gegen 20 Uhr US-Zeit publik. Am Abend wurden Trump und Ehefrau Melania dann offenbar mit einem Schnelltest getestet.
Als das Ergebnis Stunden auf sich warten ließ, schossen bei den linksliberalen Kabelsendern CNN und MSNBC schon die Spekulationen ins Kraut. Nur der rechte Sender Fox News ignorierte die sich abzeichnende dramatische Regierungskrise.
Womöglich weitere Personen infiziert
Bislang ist nicht bekannt, ob irgendwelche weiteren Personen aus Trumps Umfeld infiziert sind. Ausgeschlossen ist das nicht: Der Präsident ist stets von Beratern und Personenschützern umgeben, die wie er meist keine Maske tragen.
Auf Fernsehaufnahmen kann man zudem sehen, wie Trumps Schwiegersohn Jared Kushner am Mittwoch direkt hinter Hicks die Treppe zur Präsidentenmaschine heraufsteigt. Beide gleiten mit ihren Händen am Geländer entlang.
Aus Sicherheitsgründen müsste sich Vizepräsident Mike Pence nun eigentlich ebenfalls sofort in Quarantäne begeben. Er würde die Amtsgeschäfte übernehmen, falls Trump ins Krankenhaus eingeliefert und an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden müsste.
Auswirkungen auf den Wahlkampf noch offen
Völlig unklar ist, welche Auswirkungen die Erkrankung auf den Wahlkampf hat. In zwölf Tagen soll die nächste Präsidentschaftsdebatte stattfinden. Eigentlich müsste Trump zwei Wochen in Quarantäne bleiben. Seinen für den heutigen Freitag geplanten Wahlkampfauftritt in Florida hat er abgesagt.
An einem Termin aber will er festhalten: Schon vor der aktuellen Entwicklung war für Freitagmittag eine Telefonkonferenz zur Lage der von Covid-19 besonders bedrohten Senioren angesetzt. Da kann der Präsident nun aus eigener Erfahrung mitreden.