Der 1. FC Köln hat das Topspiel in Hamburg mit 0:1 verloren. Max Finkgräfes Aussetzer führt zur entscheidenden Aktion der Partie.
Struber-Elf offensiv zu harmlos1. FC Köln verliert beim HSV und ist die Tabellenführung los
Es war mittlerweile schon 22.41 Uhr, als Schiedsrichter Christian Dingert am Samstagabend das Spitzenspiel der 2. Bundesliga abpfiff. Während sich die Spieler des Hamburger SV in den Armen lagen und die Fans jubelten, wirkten die Kölner zumindest kurz niedergeschlagen. Wenig später kam der Ex-Kölner Davie Selke in den Spielertunnel, brüllte ein lautes „Yes“ und schlug vor Freude gegen die Wand. Unterschiedliche Gefühlswelten an der Elbe.
Den 1. FC Köln hat es nach neun Pflichtspielen ohne Niederlage und erstmals seit dem 25. Oktober (damals 1:2 gegen Paderborn) wieder erwischt: Die Mannschaft von Trainer Gerhard Struber verlor vor 57.000 Zuschauern im Volksparkstadion mit 0:1. Damit überflügelte der HSV den FC in der Tabelle und ist nun zumindest bis Sonntag Spitzenreiter. Sollte Karlsruhe in Nürnberg gewinnen, wäre der KSC wiederum Erster. Es geht in der Tabellenspitze weiter ungemein eng zu.
1. FC Köln: „Aufstieg ist alles andere als ein Selbstläufer“
Unter dem Strich war es eine verdiente Niederlage für den FC, der bereits das Hinspiel mit 1:2 verloren hatte. Der HSV war das aktivere, gefährlichere Team, die Kölner wurden fast nie gefährlich. Erst in der Schlussphase wachten sie auf. Insgesamt war es allerdings eine zähe, ereignisarme Partie bei klirrender Kälte, die den Erwartungen nur ganz selten gerecht wurde.
Und es brauchte für Hamburg schon die Hilfe der Kölner, um das Goldene Tor zu erzielen. Max Finkgräfe leistete sich im eigenen Strafraum ein vollkommen unnötiges Foul. Den fälligen Elfmeter von Ransford-Yeboah Königsdörffer konnte FC-Keeper Marvin Schwäbe zwar parieren, doch im Nachschuss war er dann chancenlos (78.).
Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller fand nach dem Abpfiff die richtigen Worte. „In erster Linie hat bei uns heute die Intensität gefehlt. Es waren heute zu wenige Meter, Tempoläufe und Sprints von uns. Das sind Dinge, die für unser Spiel unabdingbar sind. Und wenn die Basis-Komponenten fehlen, dann wird es schwer, ein gutes Spiel zu machen. Auch mit dem Ball waren wir extrem fahrig. In der Summe war es viel zu wenig“, haderte der Sportchef, befand aber auch: „Dennoch muss man am Ende 0:0 spielen – auch wenn der HSV den Sieg verdient hat. Aber es war dann recht naiv, wie es zum 0:1 gekommen ist.“
Auch Trainer Struber war alles andere als zufrieden: „Über weite Strecken haben wir heute eine sehr überschaubare Leistung geboten und über viele Phasen nie Zugriff bekommen. Ich hätte mir mehr Mut gewünscht. In der zweiten Halbzeit haben wir uns auf mäßigem Niveau etwas steigern können und haben das Spiel dann durch eine unglückliche Aktion aus der Hand gegeben. Das war heute ein Auftritt, der uns nicht happy macht. Wir haben noch einen weiten Weg zu gehen. Wir müssen uns wieder auf das wieder besinnen, was uns auszeichnet. Der Aufstieg ist alles andere als ein Selbstläufer.“ Der starke Schwäbe haderte ebenso: „Bei uns hat heute die Kreativität nach vorne gefehlt. Vor allem in der ersten Halbzeit hatten wir kaum Durchsetzungsvermögen. Die Hamburger haben es heute ein Stück weit besser gemacht. Das müssen wir leider so sehen.“
Über sechs Jahre hatte der FC nicht mehr in Hamburg gespielt, letztmals gastierten die Kölner am 5. November 2018 im Volksparkstadion (damals 0:1). Somit hatten sich auch die FC-Fans auf die Reise in die Hansestadt gefreut; über 15.000 Karten-Anfragen gingen ein, 7500 Gäste-Anhänger erhielten letztlich ein Ticket.
Auch tagsüber waren die Kölner im Zentrum und im Kiez nicht zu übersehen, sie stimmten sich in den Kneipen der Stadt auf das Spitzenspiel ein. Umso unverständlicher und armseliger, dass rund 200 HSV-Ultras ihre Gewaltfantasien auslebten und auf der Reeperbahn eine Kneipe überfielen, in der sich rund 50 überwiegend „normale“ FC-Fans befanden.
Bis zum Anpfiff war der Überfall ein Thema. Der verschob sich dann auch noch aufgrund der angespannten Verkehrssituation rund um das Stadion um 15 Minuten nach hinten.
Die Kölner begannen mit einer Startelf, die man nach der Vorbereitung bis auf eine Position so erwartet hatte. Sein Zweitliga-Debüt für den FC gab Jusuf Gazibegovic, der Winter-Neuzugang verdrängte als Schienenspieler auf der rechten Seite im Vergleich zum 1:0-Sieg beim 1. FC Kaiserslautern kurz vor Weihnachten Jan Thielmann auf die Bank. Etwas überraschend erhielt zudem der frühere Hamburger Luca Waldschmidt im offensiven Mittelfeld den Vorzug vor Florian Kainz. Dejan Ljubicic, der sich in der Generalprobe gegen Viktoria Köln noch eine leichte Oberschenkel-Blessur zugezogen hatte, wurde noch rechtzeitig fit und lief ebenfalls von Beginn an auf.
Kaum rollte dann der Ball, unterbrach Schiedsrichter Dingert die Partie auch für drei Minuten wieder. Die Sicht war nicht mehr gegeben, da im Gästeblock massenhaft Pyrotechnik abgebrannt worden war und die Rauchwolken nur langsam abzogen. Das wird den FC erneut eine Geldstrafe kosten, aber der Verein hat es ja.
Auch die Partie kam nicht wirklich in die Gänge. Der HSV ließ den Ball laufen, wurde aber nicht gefährlich. Doch auch den Gästen fehlten es an Durchschlagskraft. Die erste Chance hatten die Hamburger, als nach einer Hereingabe von Jean-Luc Dompé in den Strafraum der Ex-Kölner Selke, der von den FC ausgepfiffen wurde, den Ball mit der Fußspitze haarscharf verpasste (25.).
2. Fußball-Bundesliga: Schwäbe bewahrt FC lange vor Rückstand
Die Hamburger waren fortan weiter das tonangebende Team, von den Kölnern kam nach vorne so gut wie gar nichts. Und wie in der Hinrunde, so hatte der FC auf seiner rechten Abwehrseite erneut mit dem flinken, dribbelstarken Jean-Luc Dompé Probleme, der in der 44. Minute Timo Hübers stehen ließ und die Chance zur Führung besaß, doch Torhüter Marvin Schwäbe machte sich lang und parierte dessen Schuss. So ging ein bis dato ereignisarmes, wenig berauschendes Spitzenspiel ohne Tore in die Pause.
Zäh ging es auch im zweiten Durchgang weiter. Der FC investierte zwar etwas mehr, wurde aber nicht gefährlich. Das traf in der 59. Minute wieder auf den HSV zu, doch wieder war Schwäbe zur Stelle und riss nach einem Kopfball aus kurzer Distanz von Karabec geistesgegenwärtig den Arm hoch und lenkte den Ball so noch über das Tor.
In der Endphase wurde es dann bitter für den FC: Erst blieb Denis Huseinbasic ohne Gegnereinwirkung liegen und musste verletzt ausgewechselt werden. Und dann folgte der fast schon unerklärliche Aussetzer von Max Finkgräfe: Der zur Pause eingewechselte 20-Jährige trat im Strafraum Marco Richter auf dem Fuß, der mit dem Rücken zum Tor stand und somit keine Gefahr ausstrahlte. Schiedsrichter Dingert zeigte korrekt auf den Punkt. Der eingewechselte Königsdörffer übernahm Verantwortung. Seinen zu unplatzierten Schuss konnte Schwäbe wieder parieren, allerdings nur nach vorne. Beim Nachschuss des HSV-Stürmers war er dann geschlagen (78.).
Der FC blies noch einmal zur Schlussoffensive, tat nun endlich mehr. Die beste Chance hatte der eingewechselte Marvin Obuz, der aus kurzer Distanz aber keinen Druck auf den Ball bekam (89.). Und somit blieb es bei der Kölner Niederlage.