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Fehlschuss und Last-Minute-TrefferDejan Ljubicic sorgt für Kölner Pokal-Wahnsinn

Lesezeit 6 Minuten
Dejan Ljubicic bejubelt seinen Treffer zum 2:1

Dejan Ljubicic bejubelt seinen Treffer zum 2:1 kurz vor Abpfiff der Verlängerung.

Dejan Ljubicic vergab erst auf unfassbare Art und Weise eine Mega-Torchance, wurde ganz spät aber doch noch zum Kölner Helden.

Dejan Ljubicic riss sich das Trikot vom Leib, stürmte in Richtung Fans und ließ sich feiern. Müngersdorf explodierte um 20.42 Uhr vor Glück. Was für eine Geschichte: Dejan Ljubicic, der in der 100. Minute im Pokal-Achtelfinale des 1. FC Köln gegen Hertha BSC auf unfassbare Art und Weise eine Mega-Torchance vergeben hatte, wurde ganz spät doch noch zum Kölner Helden. Weil der Mittelfeldspieler dann großartig die Nerven behielt und in der 120. Minute den entscheidenden Elfmeter zum 2:1-Sieg verwandelte.

DFB-Pokal: 1. FC Köln zieht ins Viertelfinale ein

„Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, skandierten die FC-Fans nach dem Abpfiff im Rhein-Energie-Stadion. Erst einmal steht der FC im Viertelfinale – zum ersten Mal seit 14 Jahren. Ausgelost wird es am Sonntag (a 15.45 Uhr, ZDF), ausgetragen als Salami-Runde am 4., 5., 25. und 26. Februar 2025.

95 Minuten hatte der FC, der stark gestartet war, nach dem Platzverweis von Herthas Deyovaisio Zeefuik nach einer Tätlichkeit in Überzahl gespielt und viel zu oft plan- und ideenlos gespielt. Doch das wird den Kölnern am Ende herzlich egal sein, unter dem Strich steht das Weiterkommen. Zudem kassiert der FC eine Prämie von 1,7 Millionen Euro.

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Bei Ljubicic war die Erleichterung nach dem Abpfiff spürbar: „Matchwinner - das will ich nicht sagen. Ich hatte davor auch eine Chance, die ich machen musste. Ganz klar. Am Ende war es für mich glücklich, dass ich durch den Elfmeter doch noch eine Chance bekommen habe. Die Mannschaft hat alles gegeben. Wir freuen uns, dass wir weitergekommen. Dass wir jetzt im Viertelfinale stehen, ist ganz etwas Besonderes.“ Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller, dessen Vertrag erst am Montag bis zum 28. Februar 2026 verlängert worden war, lobte seine Mannschaft: „Es ist in der Summe verdient, alle haben einen richtigen Pokalfight abgeliefert - da muss ich meinen Hut ziehen.“

1. FC Köln: Gerhard Struber vertraut Max Finkgräfe

FC-Trainer Gerhard Struber hatte im Vergleich zum 2:2 in der Liga gegen Hannover dann doch zwei Veränderungen in der Startelf vorgenommen und seine Außenbahnen neu besetzt: Max Finkgräfe erhielt erstmals seit zwei Monaten und dem 2:0 gegen Ulm wieder eine Chance von Beginn an, für ihn musste der gegen Hannover defensivschwache Leart Pacarada auf die Bank. Zudem verdrängte Jan Thielmann Luca Waldschmidt aus der Mannschaft. Dejan Ljubicic rückte ins offensive Zentrum auf.

Nach einem Feuerwerk in der Südkurve legten auch beide Teams einen Raketenstart hin. Kölns Angreifer Tim Lemperle hatte schon nach 44 Sekunden die erste Chance, schoss aber aus spitzem Winkel am Tor vorbei. Auf der Gegenseite konnte sich Ibrahim Maza zu einfach von Eric Martel lösen, drang in den Strafraum ein, doch FC-Torwart Marvin Schwäbe tauchte bei dessen Schuss rechtzeitig. Nur eine Minute später köpfte Kölns Verteidiger Julian Pauli nach einer Ecke von Linton Maina über das Tor.

Julian Pauli nach Kopfverletzung ausgewechselt

Was aber weitaus schwerwiegender war: Pauli war im Duell zuvor mit Berlins Marton Dardai zusammengeprallt. Beide waren danach sichtlich benommen und zogen sich jeweils eine Platzwunde am Kopf zu. Während Dardai einen Turban in den Vereinsfarben angepasst bekam, erhielt Pauli ein großes Pflaster. Es ging wild weiter, und es zeigte sich, dass Pauli nach dem Kopftreffer offenbar noch neben sich stand. Denn nach einem Konter von Hertha brachte der junge FC-Verteidiger im Strafraum Derry Scherhant derart ungestüm zu Boden, dass ein Elfmeter die logische Konsequenz war. Der erst 18-jährige Maza blieb cool und verwandelte ihn wuchtig und sicher links oben im Tor.

Der FC suchte sofort die Antwort auf den Rückstand, doch Lemperle zielte knapp links am Tor vorbei. Nach 17 Minuten saß Pauli wieder auf dem Rasen, musste behandelt und schließlich doch ausgewechselt werden. Für ihn kam Mathias Olesen, Martel rückte zurück in die Abwehrkette.

Hertha BSC: Zeefuik fliegt nach Tätlichkeit vom Platz

Nach 25 Minuten folgte dann der unfassbare Auftritt von Herthas Zeefuik. Vor einem eigenen Freistoß schubste der Niederländer erst Lemperle im Kölner Strafraum, dann packte Zeefuik einen Kopfstoß gegen Timo Hübers aus. Tätlichkeit! Der frühere FC-Profi Toni Leistner stand fassungslos daneben, Schiedsrichter Tobias Reichel zückte sofort die Rote Karte. Eine sagenhaft dumme Aktion, dem FC war es freilich recht.

Und es dauerte nur fünf Minuten, da fiel auch schon das 1:1: Nach einer Ecke von Finkgräfe herrschte Chaos im Strafraum der Berliner, der Ball titschte zwischen den Spielern hin und her, Florian Niederlechner bekam bedrängt von Dominique Heintz sein linkes Bein nicht mehr weg, von seinem Oberschenkel prallte der Ball ins Netz – Eigentor (30.). Die Kölner waren nun noch mehr am Drücker. Finkgräfe zog beherzt ab, das Leder knallte an die Latte (34.). Maina und Denis Huseinbasic hatten weitere Schusschancen, doch ihre Versuche waren zu unplatziert. Überhaupt fehlte dem FC in der Phase die Präzision. Hertha zog sich in Unterzahl immer mehr zurück, machte die Räume eng. Jetzt leistete sich die Partie die erste Verschnaufpause.

Nach Riesen-Fehlschuss: Dejan Ljubcic wird zum Pokal-Helden

Die Kölner waren auch nach der Pause tonangebend, doch nun fehlten ihnen die Ideen und Durchschlagskraft. In der 53. Minuten wurden die Gäste nach längerer Zeit mal wieder gefährlich: Michael Cuisance zog beherzt ab, Schwäbe musste sich gewaltig strecken und kam noch gerade an den Ball (53.). Wieder half die Hertha dem FC, Leistner hätte fast ein weiteres Eigentor erzielt, doch Keeper Ernst stand richtig (56.). Struber reagierte, brachte Waldschmidt und Pacarada für Huseinbasic und Finkgräfe. Doch erst einmal wurde das Kölner Spiel nicht besser. Der FC machte wie zuvor gegen Hannover erneut zu wenig aus seiner Überzahl gegen Berliner, die tief standen und kämpften. Die Partie wurde immer zäher. Und ging folgerichtig in die Verlängerung.

In der kam es dann in der 100. Minute zu einer unglaublichen Szene: Nach einer scharfen Flanke von Pacarada musste Ljubicic einige Zentimeter vor dem Tor den Ball nur noch ins Netz einschieben, doch der Mittelfeldspieler rutschte auf der Kugel aus! Das hätte die Führung sein müssen, doch es war vielmehr Slapstick. Die Kölner probierten es immer weiter mit Flanken, die landeten aber zielsicher auf dem Kopf von Leistner. Dann blies der FC zur Schlussoffensive: Doch der spät eingewechselte Damion Downs, Ljubicic und Hübers per Kopf verzweifelten fast an Hertha-Torwart Ernst, der jeweils stark parierte. Doch dann foulte der eingewechselte Gustav Christensen im Strafraum Florian Kainz. Strafstoß war die Folge. Und Ljubicic schrieb seine eigene Geschichte.

1. FC Köln: Schwäbe – Pauli (17. Olesen), Hübers, Heintz (94. Downs) – Thielmann (80. Kainz), Huseinbasic (64. Waldschmidt), Martel, Finkgräfe (64. Pacarada) - Ljubicic - Lemperle, Maina. – Hertha BSC: Ernst - Kenny, Leistner, Marton Dardai (91. Bouchalakis), Zeefuik - Klemens – Sessa (29. Demme), Maza (86. Thorsteinsson) – Cuisance (91. Christensen), Scherhant – Niederlechner (72. Reese). - Schiedsrichter: Reichel (Stuttgart). - Tore: 0:1 Maza (12., Elfmeter), 1:1 Niederlechner (30., Eigentor), 2:1 Ljubicic (120.+1., Elfmeter).- Rote Karte: Zeefuik (25., Tätlichkeit).- Zuschauer: 50.000 (ausverkauft).