Im Trainingslager in Donaueschingen träumt der Nachwuchs des 1. FC Köln von der Karriere im Profifußball.
Neben dem bereits etablierten Noah Katterbach sind vier Teenager bei den Profis.
Sava Cestic, Robert Voloder, Jens Castrop und Tim Lemperle geben sich selbstbewusst und hoffen auf den Durchbruch.
Donaueschingen – Der 1. FC Köln setzt auf die Jugend, im Trainingslager des Bundesligisten stehen derzeit neben Noah Katterbach (19), der in der vergangenen Saison bereits auf 18 Bundesligaspiele kam, vier weitere Teenager im Trainingsbetrieb. Sie alle stammen aus dem Kölner Nachwuchs-Leistungszentrum – und stehen kurz davor, sich den Traum vom Profifußball zu erfüllen.
Tim Lemperle (18)
In den sozialen Medien schrieb ein Nutzer neulich unter ein Foto des Angreifers: „Na, Waden vergessen?“ Tatsächlich ist Tim Lemperle für einen Außenstürmer ziemlich schmal – und sehr lang: 1,87 Meter misst der 18-Jährige, der beim 0:6 im Saisonfinale in Bremen in der Bundesliga debütierte. Kein guter Tag für den Verein, „aber ich war so glücklich, sogar bei dem Spielstand“, gesteht Lemperle: „Ich durfte es mir nur nicht anmerken lassen.“ Zehn Tage der Vorbereitung verpasste Lemperle wegen einer Covid-Erkrankung, die Zeit verbrachte er allein im Internatszimmer in der Nähe des Stadions. Das Essen bekam er vor die Tür gestellt, Kontakte hatte er keine. „Mir ging es drei Tage echt schlecht. Kopfschmerzen, Halsschmerzen, totale Müdigkeit. Da war ich echt geschwächt“, sagt er. Allerdings habe er sich schnell erholt.
Lemperle mag riskante Offensivaktionen, er ist ein spektakulärer Spieler – wenn seine Ideen denn funktionieren. Auf dem Trainingsplatz des Kölner Erstliga-Kaders ist der Druck hoch, „ich mache mir jetzt mehr Gedanken über das Training. Aber wenn mal etwas schiefgeht, versuche ich, nach vorn zu gucken und aus einer schlechten Aktion zu lernen.“ Damit niemand mehr über seine schlaksige Erscheinung scherzen kann, arbeitet Lemperle hart. „Wir werden hier ganz gut vom Athletiktrainer gepeitscht. Ich muss noch etwas draufpacken, um nicht mehr so leicht abgefertigt zu werden von den Verteidigern.“
Der 1,91 Meter große Verteidiger hat schon in früher Kindheit Spuren als Sportler hinterlassen. „In der Grundschule haben wir mal ein Turnier gehabt, da habe ich von 20 Toren 14 oder 15 gemacht. Einmal habe ich sogar das Tor umgeschossen“, berichtet er. Später habe er einmal dem Torwart mit einem Schuss die Hand gebrochen. Als Legende würde er sich nicht bezeichnen, aber „man wusste schon: Sava spielt Fußball, der ist sportlich“, sagt der gebürtige Offenbacher mit serbischen Wurzeln. Cestic hat für einen 19-Jährigen eine sagenhafte Ruhe am Ball. Er liest das Spiel, spielt saubere Bälle aus der Viererkette und geht robust in die Zweikämpfe. „Mein Ziel ist, Dominanz auszustrahlen und ruhig zu bleiben, ohne schläfrig“, fasst er zusammen.
An die Ansprüche des Bundesliga-Betriebs hat er sich rasch gewöhnt. „Es ist vermeintlich schwieriger, hier zu spielen, weil alles so schnell geht. Aber es ist auch viel organisierter auf dem Platz. Jeder weiß, wo er hinmuss, was er macht. Das vereinfacht vieles, weil man weiß, wo der nächste Mitspieler ist“, beschreibt er.
Cestic kommt entgegen, dass der 1. FC Köln unter Markus Gisdol „keine langen Bälle kloppen“ soll. Der Spielaufbau aus der Abwehr heraus liegt Cestic, und auch in den Zweikämpfen nimmt er sich nicht zurück, es hilft ja nichts: „Gerade gegen einen Spieler wie Jhon Córdoba zum muss man alles reinhauen, sonst fliegt man durch die Gegend“, beschreibt er.
Der gebürtige Frankfurter ist unlängst aus dem Jugendinternat des FC in die erste eigene Wohnung gezogen – durchaus eine Herausforderung: „Im Internat muss man zwar auch selbstständig sein, aber da findet man immer jemanden, den man nerven kann“, sagt er. Zuvor hatte Voloder eine schwierige Zeit: Im Frühjahr musste er zu Beginn der Corona-Pandemie für drei Monate aus dem Internat ins Hotel ziehen, um nicht mit anderen Sportlern in Kontakt zu sein und womöglich Teil einer Infektionskette zu werden. „Das war alles ein bisschen schwierig, aber wir hatten glücklicherweise jeden Tag Programm.“
Nun hofft er auf seine Chance, die Kölner sind in der Innenverteidigung nach Toni Leistners Abschied noch dünn besetzt. Fußballerisch ist Voloder eine bemerkenswerte Erscheinung, das Passspiel ist seine Stärke. Mit dem Druck kommt er gut zurecht, so knapp vor dem Sprung in die Bundesliga. „Ich bin kurz davor, mache mein Ding und versuche, weiter an mir zu arbeiten“, sagt er. Mit den ersten Wochen der Vorbereitung ist er zufrieden, auch wenn nicht alles positiv ist: „Ich krieg ab und zu mal was drauf, aber auch viel gutes Feedback. Es ist eine gute Mischung.“
Jens Castrop (17)
Der jüngste Spieler im Kölner Kader in Donaueschingen hätte womöglich auch Tennisprofi werden können, jedenfalls betrieb er Tennis und Fußball parallel auf Leistungsniveau, bis er 13 war. Einer der besten Spieler seiner Altersklasse in Nordrhein-Westfalen war Castrop, „vielleicht war ich im Tennis sogar talentierter, aber Fußball hat mir immer viel mehr Spaß gemacht“, sagt er.
Castrop ist im Kölner Vorbereitungskader im defensiven Mittelfeld vorgesehen und fällt mit seinen aggressiven Attacken gegen den Ball auf. Die Umstellung in den Erwachsenenbereich ist fordernd. „Im Zentrum ist alles generell deutlich körperlicher. Von den 50:50-Duellen, die man in der Jugend alle gewinnt, gewinnt man dann hier plötzlich nur noch zehn oder zwanzig Prozent.“ Von seinen Mitspielern will er vor allem lernen. „Die Ruhe beeindruckt mich, wie abgeklärt die sind und mit einer Körpertäuschung vorbeigehen.“
Mit 17 ist es schwierig zu sagen, ob es für den Profifußball reichen wird. Aber „wenn ich heute wüsste, dass ich mich in einem Jahr verletzte und nie wieder spielen könnte, würde ich trotzdem das Jahr jetzt voll durchziehen und hinterher dankbar sein für jede Minute, die ich auf dem Fußballplatz war. Klar opfert man viel, aber jeder hier hat eine Entscheidung getroffen. Für mich war immer der Fußball an erster Stelle.“
Derzeit arbeitet Castrop noch am Abitur, ein paar Stunden Online-Unterricht hat er in Donaueschingen bereits absolviert – „damit mich die Lehrer in Ruhe lassen und ich den Anschluss nicht verliere“, sagt er fröhlich. Der gebürtige Düsseldorfer ist ein lebendiger Typ, Fortuna Düsseldorf verließ er in Richtung Köln, weil ihn auf Turnieren stets der technische Stil faszinierte, den der FC pflegte. Er hofft nun, im Training mit den Profis die Nervosität weiter ablegen und sein Spiel zeigen zu können. „Ich will so viele Einheiten mitnehmen, wie es eben geht. Man lernt aus jedem Training.“