Der frühere Paderborner Profi und heutige Sky-Experte Sören Gonther spricht über das Duell der Klubs und SCP-Trainer Lukas Kwasniok.
Vor dem Duell am FreitagabendKlare Ansagen aus Köln und auch aus Paderborn
Im Profifußball wird nicht selten herumlaviert, oft beschönigt, Klartext ist heutzutage eher selten angesagt. Zumindest öffentlich. Auch, weil man das mediale Echo scheut. Christian Keller, der Sport-Geschäftsführer des 1. FC Köln, hatte da zuletzt nach der 1:5-Blamage des Bundesliga-Absteigers in Darmstadt eine Ausnahme gemacht und sich nicht mehr schützend vor die Spieler gestellt, wie es sonst so oft der Fall ist. Der Sportchef hatte von einem „desolaten, fürchterlichen, bodenlosen“ Auftritt einer „Schülermannschaft“ gesprochen. Das hört man selten, und es lässt sich auch nicht beliebig wiederholen.
Lukas Kwasniok gilt ebenfalls als Freund des offenen, direkten Wortes. Am Freitag (18.30 Uhr, Sky live) tritt der Trainer mit seinem Team, dem SC Paderborn, im Rhein-Energie-Stadion an. Und auch Kwasniok war zuletzt nicht zufrieden. Auch mit seiner Mannschaft, die am vergangenen Spieltag beim 1. FC Kaiserslautern die erste Saisonniederlage kassiert hatte, die nach dem engen Spielverlauf am Ende mit 0:3 zu hoch ausgefallen war. Doch insbesondere haderte der Coach nicht nur in dieser Partie, sondern vielmehr in den vergangenen Wochen mit den Leistungen von Torhüter Pelle Boevink (26). Und deshalb wird der Coach reagieren: Kwasniok wird in Köln einen Wechsel zwischen den Pfosten vornehmen und auf den lange kaum berücksichtigten Markus Schubert (26) setzen, der ein „guter Kommunikator“ sei, eine „gewisse Beklopptheit“ mitbringe und eher für das Torwartspiel der „alten Schule“ stehe.
Und Kwasniok begründete das mit Worten, die man in der Deutlichkeit selten hört. „Die Wahrheit war: Unser Torhüter hat keinen Ball gehalten“, sagte der Trainer und schob nach: „Wir sind im Leistungssport und nicht beim sozialen Wohlfahrtsverband. Es wird sich nicht am schwächsten, sondern am stärksten Glied orientiert. Leistung wird bewertet.“ Boevink habe gleich mehrere Chancen erhalten, aber er, Kwasniok, stehe nun einmal in der Verantwortung und jetzt sei eben der Wechsel angesagt. Kwasniok macht aber nicht nur mit Klartext und Sprüchen von sich reden, sondern vielmehr sei geraumer Zeit mit erfolgreicher Trainerarbeit.
Seit Juli 2021 ist der 43-Jährige, der als Nachfolger für den nach Köln gewechselten Steffen Baumgart kam, in Ostwestfalen tätig und führte den immer noch unterschätzten, im Vergleich zu den wuchtigen Traditionsklubs wie den FC, HSV, Schalke oder Hertha vergleichsweise kleinen SC Paderborn in der Endabrechnung auf die Plätze sieben, sechs, sieben. Und dies mit teilweisen spektakulärem, offensiven Fußball mit im Schnitt rund 60 Saisontoren pro Saison. Auch in der vergangenen Saison mischte seine Mannschaft recht lange im Aufstiegsrennen mit, aus dem sie sich gegen Saisonende dann verabschiedete.
Ex-Paderborn-Profi und TV-Experte Gonther sicher: Kwasniok steigt auf
Ob den Ostwestfalen in dieser Spielzeit zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte der Sprung ins Oberhaus gelingen wird, ist freilich noch nicht absehbar. Paderborn ist erneut eher in der Außenseiterrolle. Doch Sören Gonther, früherer Profi der Paderborner und heute TV-Experte für den Sender Sky, ist überzeugt, dass zumindest Kwasniok in der kommenden Saison erstklassig sein wird. „Lukas ist einfach ein super Trainer, ein Perfektionist, dessen Handschrift man in Paderborn nun schon lange sehr deutlich sieht. Mit den vorhandenen Möglichkeiten holt er Saison für Saison das Optimale aus der Mannschaft heraus. Er hat eine ganz klare Philosophie und immer einen konkreten Plan, auch einen Plan B und C, wenn der erste nicht aufgeht. Ich bin mir sicher: Man wird Lukas Kwasniok in der kommenden Saison auf jeden Fall in der Bundesliga sehen. Er steht ganz sicher bei einigen Klubs auf der Liste“, sagt Gonther im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Aber auch die Entwicklung des gesamten Klubs imponiert dem früheren Verteidiger, der von 2007 bis 2012 für den Klub auflief: „Die Entwicklung ist herausragend. In Paderborn ist richtig etwas entstanden – auch infrastrukturell. Ich weiß noch, wie es zu meiner Zeit war: Anfangs haben wir noch im völlig veralteten, baufälligen Hermann-Löns-Stadion beim Schloss Neuhaus gespielt. Und der Parkplatz am Trainingsgelände war ein öffentlicher, bei der Einfahrt mussten wir reguläre Parktickets ziehen. Nun hat der Klub eine kleine, schmucke Arena und ein absolut modernes Trainingszentrum.“
Dieses hätte auch der 1. FC Köln nur zu gerne, seit über einer Dekade kämpft er um dessen Realisierung am Geißbockheim. Das leidvolle Thema ist ein ständiger Begleiter des Klubs, noch wichtiger ist indes die sportliche Situation. Und die lässt wieder einmal zu wünschen übrig. Zweitliga-Experte Gonther sah am vergangenen Freitag den Zusammenbruch des FC in Darmstadt und wird auch am Freitagabend in Köln vor Ort sein. „Man hat natürlich die Probleme des FC gesehen: die mangelhafte Konterabsicherung, der verwaiste Raum vor der Viererabwehrkette. 18 Gegentore zeugen von Defensivschwächen. Und man sieht auch, dass den Kölnern ein echter Torjäger fehlt, der die vielen herausgespielten Chancen besser verwertet. Dennoch hat das Team sehr viel Qualität und immer noch den bestbesetzten Kader der Liga. Trainer Gerhard Struber will, dass die Jungs konsequent nach vorne marschieren. Und das können sie auch. Es wäre ein Fehler, den FC im Aufstiegskampf bereits abzuschreiben“, ist sich der 37-Jährige sicher, dass die Kölner noch die Kurve bekommen.
„Ein Fehler, den 1. FC Köln im Aufstiegskampf abzuschreiben“
Womöglich aber noch nicht gegen den kommenden Gegner. Paderborn ist für Gonther „eine besondere Mannschaft, die den Ball sehr gut laufen lässt. Da wird auch der FC leiden müssen“, rechnet der Experte mit einer ausgeglichenen, attraktiven Partie. In der möglicherweise entscheidet, welcher Trainer den besseren Matchplan hat – ob nun Plan A, B oder C. Kwasniok reicht die Favoritenrolle nur zu gerne weiter an den Gastgeber, der als enttäuschender Tabellenzehnter fünf Ränge hinter dem SCP liegt und vier Punkte weniger auf dem Konto hat. „Für mich ist der 1. FC Köln der größte Brocken schlechthin, den es zu knacken gilt.“ Was die individuelle Qualität angehe, hätten die Kölner die mit Abstand beste Mannschaft der 2. Bundesliga. „Dass ein Dejan Ljubicic in Köln in der 2. Bundesliga rumläuft, das ist echt unfair. Der ist brutal gut, war aber leider verletzt. Er hätte eher unter der Woche spielen müssen – auf Champions-League-Niveau.“
Der FC veranstalte stets Spektakel, lege vor allem vor heimischer Kulisse „los wie die Feuerwehr“. Die Mannschaft beherzige Strubers Herangehensweise. „Das ist die alte RB-Schule, auf alles draufzukacheln, was sich bewegt und bis drei nicht auf dem Baum ist“, drückt Kwasniok salopp aus, dass der Kölner Trainer mehrere Jahre für Red Bull tätig war. Doch die aggressive, offensive Ausrichtung berge eben auch Gefahren, Räume entstünden. Seine Mannschaft müsse vor allem läuferisch dagegenhalten. Kwasniok rechnet mit Kölnern, die von Anfang an alles probieren werden, die aber nach dem 1:5 in Darmstadt auch nicht voller Selbstvertrauen seien. Der Paderborner Trainer erwartet ein Spiel auf „hohem Zweitliga-Niveau. Der FC hat eine Spielidee, wir auch, und das kann dazu führen, dass es ein torreiches Spiel wird. Ich hoffe aber, dass unsere defensive Stabilität gepaart mit einem stabilen Torhüter am Ende den Ausschlag für uns geben wird.“ Sollte dies dann gegen 21.30 Uhr der Fall sein, würden die Unruhe und Diskussionen rund um das Struber-Team allerdings noch einmal deutlich zunehmen.