Köln – Man kennt die Bilder in Köln schon zur Genüge. Nachdem in der letzten Spielaktion beim Pfosten-Freistoß von Elvis Rexhbecaj auch etwas Pech dabei gewesen war, folgten sofort der Schlusspfiff und die Kölner Bestürzung. Die FC-Profis verließen erneut mit gesenkten Köpfen und leeren Händen das Spielfeld. Wieder einmal gab es nichts zu holen, wieder einmal hatten sie sich mehr oder weniger selbst geschlagen. War zuletzt zumindest die Leistung einigermaßen in Ordnung, stimmte an diesem Sonntagabend auch die nicht. Union Berlin überzeugte zwar ebenfalls nicht wirklich, spielte bieder, gewann aber durchaus verdient mit 2:1 Toren.
Kruse trifft im Nachschuss
Das Siegtor erzielte Transfer-Glücksgriff Max Kruse in der 72. Minute. Kölns Salih Özcan hatte zuvor im Strafraum gegen Ingvartsen das Bein stehen lassen. Folge war der bereits sechste Elfmeter in dieser Saison gegen den FC. Kruse lief an, Kölns Torhüter Timo Horn parierte stark. Doch auch das sollte diesmal nicht reichen, denn der Ball landete wieder beim Berliner, der im Nachschuss zum Sieg traf.
Die Konsequenz: Union ist mit 15 Punkten fast schon Galaxien vom FC entfernt. Der wiederum ist mit nur drei Zählern Vorletzter. Nur noch Schalke 04, das schon fast außer Konkurrenz läuft, ist noch schlechter. Für die Kölner, die in Karnevalstrikots aufliefen, die an Lappenclowns erinnerten, ist nach nun 18 sieglosen Spielen in Folge nichts mehr zum Lachen. Der FC hat damit den negativen Vereinsrekord aus den Jahren 1991 und 2005/2006 eingestellt. Doch Markus Gisdol, der Trainer der Kölner, wird von den Vereinsbossen nicht infrage gestellt. Er genießt die volle Rückendeckung. Noch?
Von einer Kölner Spielidee war erneut nicht viel zu erkennen. Natürlich, der FC war ersatzgeschwächt. Doch personelle Probleme hatte Union ebenfalls. Bezeichnend, dass die Hausherren nicht in der Lage waren, in der zweiten Halbzeit eine Torchance herauszuspielen. Am kommenden Spieltag geht es zum BVB nach Dortmund. Viel Hoffnung hat man da aus FC-Sicht nicht.
Der Kölner Ärger war groß. „Wir müssen uns nicht wundern, wenn wir die Gegentore so einleiten. Wir verteidigen es einfach schlecht. So holt man niemals einen Punkt in der Bundesliga. Wir haben in den letzten Minuten noch einmal alles probiert. Doch auch nach vorne sind wir in den letzten Wochen viel zu ungeduldig“, sagte Verteidiger Rafael Czichos, der selbst schwer gepatzt hatte. Und Elfmeter-Verursacher Özcan haderte mit sich und der Welt: „Ich kam einfach zu spät. Vorher verlieren wir aber auch unnötig den Ball beim Spielaufbau.“ Özcan monierte ebenfalls: „Wir brauchen einfach viel mehr Zug zum Tor.“
Meré ersetzt Bornauw
Gisdol hatte bei der Wahl seiner Startelf zumindest auf einer Position überrascht. Sebastiaan Bornauw fand sich auf der Bank wieder. Der hoch eingeschätzte Belgier spielte zuletzt zwar nicht mehr so sicher und hatte auch in Auswahlspielen mit Belgien gepatzt, doch am Freitag hatte Gisdol dem Verteidiger noch alle Rückendeckung gegeben: „Ich bin sicher, dass er Sonntag eine gute Partie abliefern wird.“ Dies konnte der 21-Jährige nicht, für ihn begann Jorge Meré. Gisdol begründete das vor dem Anpfiff so: „Jorge hat stabil und gut trainiert. Seb war nicht mehr bei 100 Prozent. Das ist das Leistungsprinzip.“
Spiel ohne Niveau
Es entwickelte sich ein sehr mäßiges Spiel, das wenig mit dem Leistungsprinzip zu tun hatte. Zwar stand der FC recht stabil im Defensivverbund, im Umschaltspiel offenbarten die Gastgeber aber große Schwächen. Zu viele Fehlpässe, zu wenig Feuer – so sah es lange aus. Hatte der FC in der neunten Minute noch Glück, dass Unions Ingvartsen mit einem Lupfer nicht zur Führung traf, so fiel diese dann in der 27. Minute durch Taiwo Awoniyi. Vor allem Czichos muss sich diese ankreiden, der Verteidiger ging erst nicht energisch genug hin, dann prallte das Leder direkt vor die Füße des Berliners, der aus rund zwölf Metern ins linke Toreck schob.
Man muss dem FC zugutehalten, dass die Phase der Verunsicherung nur kurz anhielt. Neun Minuten nach dem Rückstand kamen die Kölner zum Ausgleich: Ondrej Duda schlenzte per Freistoß den Ball optimal in den Strafraum, Ellyes Skhiri setzte sich gleich gegen zwei Berliner durch und köpfte aus kurzer Distanz ein (36.).
Kurze Freude
Doch der Ausgleich gab dem FC nur kurz etwas Auftrieb. Union hatte nach der Pause mehr vom Spiel, wurde aber nur selten richtig gefährlich. Dann vergab Kruse im 17. Anlauf zwar erstmals einen Strafstoß in der Bundesliga und verpasste so einen Liga-Rekord, doch das brachte dem FC auch nichts, da der Nachschuss saß.
Nach dem Abpfiff waren einige Durchhalteparolen zu vernehmen. „Es war klar, dass es von Anfang bis Ende der Saison nur um den Kampf um den Klassenerhalt geht. Wir dürfen nicht den Kopf verlieren“, forderte Gisdol. Und Horn befand: „Wir müssen aufstehen und weitermachen. Es geht immer weiter im Leben. Wir verlieren nie den Glauben an uns und wissen, dass wir uns da rauskämpfen können.“ Die Hoffnung, sie stirbt bekanntlich zuletzt.