„Mein Spielstil passt zu Baumgart“Eltern von FC-Neuzugang Leart Paqarada waren zu Tränen gerührt

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Leart Paqarada lacht im Trainingslager des 1. FC Köln in Maria Alm.

Fühlt sich beim 1. FC Köln offenbar schon sichtlich wohl: Neuzugang Leart Paqarada

Im Interview spricht Kölns Neuzugang Leart Paqarada (28) über seinen Werdegang, das Fifa-Urteil und Jonas Hector.

Herr Paqarada, Sie sind in Aachen geboren und in Bremen aufgewachsen. Wann und warum ist Ihre Familie umgezogen?

Leart Paqarada: Ich war knapp drei Jahre alt, da ist meine Familie beruflich bedingt nach Bremen gezogen. Mein Vater Shukri war ebenfalls Profifußballer. Den Großteil seiner Karriere hat er in Ex-Jugoslawien verbracht, doch gegen Ende seiner Laufbahn ist er erst von Lausanne zu Alemannia Aachen und dann noch einmal zum FC Oberneuland (Stadtteil von Bremen, d. Red.) gewechselt. Er hatte in seiner Karriere leider drei Kreuzbrandrisse, deshalb musste er schon mit 33 Jahren aufhören. Mit vier Jahren habe ich dann beim SV Werder angefangen.

Stimmt es, dass Sie beim SV Werder an der Hand von Stars wie Ailton und Johan Micoud ins Weserstadion eingelaufen sind?

Ja, mit Ailton, Micoud und Claudio Pizarro. Meine Mutter hat ganz sicher noch Fotos von damals. Ich bin aber auch mal mit den Auswärtsteams eingelaufen, an Bernd Schneider von Leverkusen erinnere ich mich noch gut – er war ja der „weiße Brasilianer“! (lacht).

Leart Paqaradas Vater fuhr ihn jeden Tag zum Training – von Duisburg nach Bremen

Bernd Schneider war aber sicherlich nicht der Grund für Sie, bereits mit neun Jahren zu Bayer 04 zu wechseln?

Nein, tatsächlich ist Bayer damals auf mich zugekommen. In Bremen haben wir nur auf Kleinfeldern und in der Region gespielt. Aber im Winter gab es bei uns immer sehr gute Hallenturniere mit vielen Nachwuchsteams von Bundesliga-Klubs. Da hatte ich das Glück, dass mir in Spielen gegen Bayer eigentlich immer Traumtore gelangen. Wirklich, alles mit links in den Giebel (lacht). Leverkusens Trainer fragte dann erst lose bei meinem Vater und mir an, später wurde es konkret. Meinem Vater wurde bei Bayer der Job als Jugend-Torwarttrainer angeboten – dann sind wir nach Leverkusen gezogen. Weil alles so kurzfristig war, wohnten wir anfangs noch in Duisburg. Mein Vater fuhr mich jeden Tag zum Training und zurück. Ich fand das damals völlig normal, aber heute weiß ich umso besser, bei wem ich mich zu bedanken habe. Papa sah Talent bei mir und wollte, dass ich im Fußball weiterkomme.

Mit Bayer 04 wurden Sie unter anderem 2009 Deutscher B-Junioren-Meister, 2011 West-Meister bei den A-Junioren. Hatten Sie da schon das Gefühl, dass Fußball mal Ihr Beruf werden könnte?

Nicht wirklich. Damals war das noch eher Traum als Ziel. Ich hatte kein wirkliches Gefühl dafür, ob ich es packen könnte. Das kam erst, als ich 2013 unter Trainer Sami Hyypiä die Vorbereitung bei den Profis mitmachen durfte. Da habe ich gemerkt, dass ich mithalten kann. Körperlich vielleicht noch nicht zu diesem Zeitpunkt. Aber fußballerisch definitiv. Am Ende musste ich trotzdem in die zweite Mannschaft, die Konkurrenz war einfach zu groß. Gonzalo Castro war eigentlich der einzige Spieler, dem der Sprung aus der Jugend zu den Profis gelang. Nach der Saison 2013/14 meldete der Verein dann die zweite Mannschaft vom Spielbetrieb ab. Zum Glück klopfte wenig später der SV Sandhausen bei mir an.

Lernt man in zehn Jahren bei Bayer 04, eine Rivalität zum 1. FC Köln aufzubauen?

Die einzige Rote Karte meiner bisherigen Karriere habe ich jedenfalls gegen den FC bekommen – aber nur, weil ich gegen den Schiedsrichter die falschen Worte gewählt hatte (lacht). Natürlich wird man da mit der Rivalität groß. Aber auch schon damals habe ich mich außerhalb des Fußballplatzes privat mit vielen Jungs vom FC gut verstanden. Und meine Bayer-Zeit ist ja jetzt fast zehn Jahre her. Es war bestimmt nicht immer alles fantastisch in Leverkusen. Aber für die Ausbildung bin ich Bayer 04 dankbar.

Leart Paqarada konnte beim SV Sandhausen im Profifußball ankommen

Das soll jetzt nicht despektierlich klingen: Aber warum haben Sie dann sechs Jahre für Sandhausen gespielt?

Rückblickend war ich vielleicht ein bisschen zu lange da – das kann ich jetzt mit 28 Jahren sagen. Aus heutiger Sicht hätte ich die ein oder andere Entscheidung mit Sicherheit anders getroffen. Ehrlich gesagt war es aber auch nicht so, dass ich anfangs beim SV Sandhausen Bäume ausgerissen hatte. Mir fehlte die Konstanz. Trotzdem war die Zeit wichtig, ich habe in Heidelberg gelebt und mich weiterentwickelt. Deshalb bin ich auch für die Zeit in Sandhausen dankbar, weil ich dort im Profifußball Fuß gefasst habe.

Leart Paqarada beim Testspiel gegen FC Nantes.

Leart Paqarada beim Testspiel gegen FC Nantes.

Beim FC St. Pauli nahm Ihre Karriere dann einen rasanten Verlauf.

Pauli ist ein geiler Verein. Nicht nur von außen betrachtet, sondern auch von innen. Die drei Jahre dort habe ich wirklich genossen. Ich hatte sehr gute Mitspieler mit Kyereh, Burgstaller, Marmoush oder Zalazar und mit Timo Schultz und Fabian Hürzeler auch super Trainer. So konnte ich mich dort super entwickeln.

Der FC St. Pauli steht für besondere Werte. Haben Sie sich damit identifiziert?

Als junger Fußballer macht man sich über viele Dinge nicht so große Gedanken. Aber dann wirst du mit den Idealen von Pauli automatisch konfrontiert. Ich habe mich damit auseinandergesetzt und stand auch komplett dafür ein. Ich wusste ja, auf was für einen besonderen Verein ich mich da eingelassen hatte.

Von St. Pauli zum 1. FC Köln – inklusive Transfersperre der Fifa

Sie avancierten zum Publikumsliebling, waren Kapitän – gaben dann aber bereits im Januar Ihren Wechsel zum FC bekannt. Gab es da keinen Unmut?

Mir war klar, dass da auch Gegenwind aufkommen könnte. Deshalb habe ich richtig Gas gegeben – aber Halleluja! Ich war Kapitän und habe gemerkt, dass mich die Fans wirklich in ihre Herzen geschlossen und an mich geglaubt haben. Ich konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, auch nur einen Deut nachzulassen. Das letzte Heimspiel, in dem mir vor den Augen meiner Familie auch noch ein Treffer gelang, das war schon sehr, sehr emotional. Da flog mir so viel Liebe entgegen.

Zwei Tage zuvor war bekannt geworden, dass der Sportgerichtshof Cas die Transfersperre gegen den 1. FC Köln aufgehoben hatte. Kein schlechtes Wochenende.

Die ersten Wochen nach dem Fifa-Urteil waren schon schwierig. Erst hatte ich das gar nicht richtig ernst genommen. Aber dann rufen dich dein Berater an, die Kollegen und Verantwortliche des FC. Danach bin ich schon in ein kleines Leistungsloch gefallen, es ging schließlich um meine Karriere und Zukunft. Ich war froh, dass ich einen guten Austausch mit den Verantwortlichen des FC hatte. Und beim FC sind alle zuversichtlich geblieben, da war ich es dann auch. Ich dachte: Wird schon – und fertig. Ich bin dann auch noch vor der Aussetzung des Urteils nach Köln umgezogen, weil wir eine passende Wohnung für die Familie gefunden hatten – und das ist alles andere als einfach in Köln.

Und nach der Aussetzung des Urteils haben Sie ein Fläschchen aufgemacht?

Nein, kein Fläschchen, aber ein Glas Rotwein habe ich schon getrunken – weil mein Trainer das gesagt hat (lacht). Als ich die Nachricht bekam, saß ich gerade mit drei Teamkollegen im Restaurant. Fabian Hürzeler, den ich auch sofort informiert hatte, sagte nur: „Hör zu: Entspann dich, trink ein Glas Rotwein“. Das war alles sehr emotional. Meine Eltern waren danach zu Tränen gerührt.

Um das zu erreichen, was Jonas Hector hier erreicht hat, müsste ich spielen, bis ich 50 bin.
Leart Paqarada

Wie hatte Ihr Plan B ausgesehen?

Den hatte ich nicht. Mein Berater hatte mir gesagt, dass wir für den Fall der Fälle sicher eine Alternative fänden. In meinem Kopf war aber nur: Ich möchte und werde zum FC gehen. Ich war zu 100 Prozent überzeugt von Köln, ansonsten hätte ich nicht schon im Januar unterschrieben.

Leart Paqarada will mit dem 1. FC Köln „Lorbeeren ernten“

Und nach der Vorbereitung unter Trainer Steffen Baumgart haben Sie dann gemerkt: War eine Fehlentscheidung, oder?

Die Vorbereitung war knackig (lacht), aber sie hat Spaß gemacht – so wie erwartet. Jetzt wollen wir die Lorbeeren ernten. Ich bin zuversichtlich, dass das mit dieser Mannschaft auch gelingt.

Auf Ihrer Position spielte zuvor jahrelang Jonas Hector. Verursacht das zusätzlichen Druck?

Ich habe gar nicht mehr genügend Jahre als Fußballer, um das zu erreichen, was Jonas hier erreicht hat. Da müsste ich spielen, bis ich 50 bin (lacht). Aber darum geht es auch nicht. Im Verein hat niemand die Erwartung, dass ich ihn von heute auf morgen ersetze. Ich will mein Spiel und meine Stärken einbringen. Und ich denke, dass mein Spielstil gut zu der Spielidee von Steffen Baumgart passt. Ich bin selbstbewusst genug, um sagen zu können, dass ich unser Spiel beeinflussen kann. Aber hier sitzend hat man natürlich leicht reden. Alles, was zählt, sind deine Leistungen am Wochenende. Ich habe schon eine gewisse Erfahrung, bin ein offener Typ, bekomme viel Unterstützung und bin direkt hier angekommen: Deshalb bin ich guter Dinge.

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