- Der FC trifft am Sonntag auf Eintracht Frankfurt, dem ehemaligen Verein von Kölns Neuzugang Marius Wolf.
- Der 25-Jährige hat gute Erinnerungen an die Eintracht. Dort gelang ihm der Durchbruch. Und ohne deren Ex-Trainer hätte er womöglich schon seine Karriere beendet.
- Im Interview spricht Wolf über Förderer und Freunde, Zweifel und seine Ziele mit dem FC.
Herr Wolf, Ihr Ex-Klub Eintracht Frankfurt ist am Sonntag der Gegner. Ihr Teamkollegel Elvis Rexhbecaj sagte, die Eintracht habe „elf Krieger“ in der Mannschaft.
Marius Wolf: Da hat Elvis Recht. Schon als ich bei Eintracht war, hat uns diese Mentalität ausgezeichnet. Wir haben das Image in der Saison kreiert, in der wir Pokalsieger wurden. Und es ist bis heute erhalten geblieben. Die Mannschaft kommt über die Physis ins Spiel. Aber wir müssen am Sonntag genauso elf Krieger sein. Wir müssen ekelig sein und dagegenhalten.
Was bedeutet Ihnen die Eintracht noch?
Immer noch viel. Frankfurt war die bisher erfolgreichste Station meiner Karriere. Dort habe ich den Durchbruch in der Bundesliga geschafft. Dort bin ich nicht nur als Sportler, sondern auch als Mensch gereift. Die Zeit bei Eintracht war für mich ein riesiger Schritt nach vorne.
Und seitdem sind Sie mit Kevin-Prince Boateng eng befreundet.
Wir sind Kumpel. Ich kann mich noch genau erinnern: Ich kam Ende August 2017 gerade von einer schweren Schulter-Verletzung ins Training zurück, da kam mit Kevin ein neuer Spieler. Wir beide hatten also die Vorbereitung verpasst. Kevin hat anfangs im Hotel gewohnt und war quasi mein Nachbar, meine Wohnung war nur 200 Meter entfernt. Da seine Familie noch nicht da war, haben viel unternommen, waren essen, oder er war bei mir zu Besuch. Wir lagen gleich auf einer Wellenlänge. Er ist ein ehrlicher Typ, der geradeaus seine Meinung sagt. Er ist keiner, der wegrennt, wenn es heikel wird, sondern der auch für Fehler den Kopf hinhält. Er stellt sich immer vor seine Mitspieler. Wir haben auch heute noch viel Kontakt, wir telefonieren wöchentlich.
Boateng sagte damals nach Ihren starken Leistungen: „Wenn Marius Wolf nicht Nationalspieler wird, dann höre ich auf.“ Er spielt noch, aktuell in Monza.
Das kann ja noch werden (lacht). Das war nett von ihm gemeint. Ich hatte damals eine starke Saison gespielt. Für jeden Fußballer sollte es das Ziel sein, einmal für die Nationalmannschaft zu spielen. Aber das ist derzeit weit weg, ich konzentriere mich jetzt auf den FC. Ich will hier abliefern.
In Frankfurt war Niko Kovac Ihr Trainer. Wie wichtig war er für Sie?
Er war mein Förderer. Von Tag eins an hat er sehr gut und konsequent mit mir gearbeitet. Er hat mich nach einer schweren Zeit in Hannover nach Frankfurt geholt. Bei 96 war ich damals in die zweite Mannschaft aussortiert worden. Ich war dort in einer Sackgasse, vierte Liga. Da hatte ich schon den Gedanken: Ich sitze hier noch meine drei Jahre Vertrag ab und höre dann mit dem Fußball auf. Mein Profi-Traum schien fast vorbei zu sein. Doch dann tat sich die Chance bei Eintracht auf. Und Niko gab mir sofort das Gefühl, ein fester Bestandteil des Teams zu sein. Es gab immer Rückmeldungen von ihm, er hat mir genau gesagt, woran ich arbeiten muss, dass ich körperlich zulegen muss. In einem halben Jahr habe ich dann zehn Kilo zugelegt. Nicht an Fett, an Muskelmasse (lacht). Er hat mir einen genauen Plan an die Hand gegeben. Das war überragend.
Stimmt es, dass Kovac Sie vor kurzem nach Monaco holen wollte?
Es ist doch normal, dass ich nach dieser Zeit mit ihm in Verbindung gebracht werde. Aber es gab kein Angebot von Monaco. Für mich war auch klar, dass ich in der Bundesliga bleiben will.
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Als weiteren Förderer bezeichnen Sie Friedhelm Funkel.
Er war es, der mich damals bei 1860 München von der A-Jugend zu den Profis hochgeholt hat. Er gab mir die Chance, mich im Trainingslager in der Türkei zu bewähren. Friedhelm Funkel hat junge Spieler wie Julian Weigl und mich konsequent gefördert. Er hat eine sehr gute Menschenführung. Es ist nicht normal in diesem Geschäft, dass dir von Trainerseite so viel geholfen wird.
1860 war Ihr erster Profi-Klub, der FC schon Ihr sechster. Und dies mit 25 Jahren. Wie kommt das?
Der Fußball wird immer schnelllebiger und ist weniger planbar. Das gehört zum Geschäft. Und ich bin ein Typ, der sich überall schnell zurecht findet. Ich empfinde aber keine Station als Fehler, selbst Hannover nicht. Ich stehe zu meinen Entscheidungen. Als ich 1860 verließ, war mein Traum, in der Bundesliga zu spielen. Und 96 gab mir die Chance dazu, auch wenn es sich dann anders für mich entwickelt hat als erwartet.
Obwohl Sie in Frankfurt Ihre bisher beste Phase der Karriere hatten, verließen Sie die Eintracht. Kann man ein Angebot von Borussia Dortmund einfach nicht ablehnen?
Ich bin seit meiner Kindheit BVB-Fan. Es war immer mein Traum, für den BVB zu spielen. Als das Angebot dann kam, war klar, dass ich das machen will.
Sie sind doch Franke, da sind doch eigentlich der Club aus Nürnberg oder die Bayern näher?
Bei uns in Familie gibt es keine Bayern-Fans. Mein Vater ist Gladbach-Fan, aber das darf ich hier wohl nicht zu laut sagen (lacht). Mein Cousin, mit dem ich aufgewachsen bin und der wie ein Bruder für mich ist, ist auch Dortmund-Fan. Er hat mir das erste BVB-Trikot geschenkt. Das habe ich dann zwei Wochen überhaupt nicht mehr ausgezogen.
War Dortmund ein Lehrjahr für Sie?
In der ersten Saison habe ich 25 Pflichtspiele gemacht, das war völlig okay. Ich war durchaus zufrieden, konnte Champions League spielen und habe mich weiterentwickelt – auch wenn das von außen vielleicht kritischer gesehen wurde. Zu Beginn der zweiten Spielzeit war die Aussicht auf Einsätze aber kleiner, und deshalb war ich nicht unglücklich, als sich die Chance einer Leihe zu Hertha BSC bot.
Die Vorbereitung auf die aktuelle Spielzeit absolvierten Sie wieder beim BVB. War die Konkurrenz auf Ihren Positionen mit Meunier, Piszczek, Passlack und Sancho einfach zu groß?
In der Bundesliga ist es bei keinem Verein einfach, sich zu behaupten. Und Dortmund ist noch einmal eine Stufe höher als die meisten anderen Klubs. Trotzdem habe ich mir immer zugetraut, mich durchzusetzen. Aber man braucht auch ein bisschen Glück. Du musst deine Leistung bringen, und dann muss einer diese auch noch entscheidend bewerten.
Da kam die Anfrage zum FC zwar spät, aber doch noch zur rechten Zeit.
Da musste ich nicht groß überlegen. Der 1. FC Köln ist ein großer Verein. Und ich will einfach spielen. In Dortmund hatte ich die Signale bekommen, dass es für mich nach nicht so viel Einsatzzeit aussieht. Deshalb war das Angebot vom FC eine super Sache.
Was spielen Sie jetzt eigentlich lieber: Rechtsaußen oder Rechtsverteidiger?
In Frankfurt habe ich erst hinten rechts in der Fünferkette gespielt, dann im Zentrum auf der Acht. Ich sehe mich schon eher in der Offensive, am liebsten auf der rechten Seite. Aber wenn Markus Gisdol will, dass ich links spiele, dann spiele ich dort. In Frankfurt habe ich insgesamt auf sechs verschiedenen Positionen gespielt.
Ist diese Polyvalenz, wie man es heute nennt, ein Vorteil?
Am Anfang dachte ich das. Bei Dortmund wurde sie eher zum Nachteil. Dort wurde ich eingesetzt, wo gerade jemand fehlte. Ich glaube, es ist besser, länger auf einer Position zum Einsatz zu kommen und diese in der Woche auch zu trainieren.
Was wollen Sie mit dem FC erreichen?
Eine Prognose abzugeben, bringt im Fußball nichts. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir jetzt punkten werden. Schon das erste Spiel gegen Hoffenheim hätten wir ja gewinnen können. Natürlich haben wir gegen Gladbach nicht das gezeigt, was wir zeigen wollten. Aber Gladbach hat auch eine gute Mannschaft, das darf man nicht vergessen. Wir sollten aber lieber nach vorne schauen. Wir haben in den vergangenen zwei Wochen gut gearbeitet und müssen jetzt Vollgas geben.
Die Mannschaft hat seit 13 Bundesligaspielen nicht mehr gewonnen. Spürt man das als Neuzugang?
Es liegt auch an den Neuen wie mir, gute Stimmung zu entfachen. Die Mannschaft braucht diesen Input. Wir haben auf jeden Fall keinen Rucksack auf – wir sagen den Jungs: ,Vergesst es, das ist jetzt Vergangenheit. Auf geht’s!‘
Ihre gute Stimmung hatten Sie aber sicherlich verloren, als Sie Ende März/Anfang April bei Hertha BSC gleich zweimal nacheinander 14 Tage in Quarantäne mussten. Wie war das?
Das kann man wohl sagen, psychisch war das gar nicht so einfach. Das war am Anfang der Pandemie, da wusste man ja auch noch nicht viel. Über den Tag verteilt habe ich bestimmt fünf Stunden lang auf dem Hometrainer verbracht, um Bewegung zu haben. Vom vielen Sitzen, Liegen oder Playstation spielen, bekommst du sonst irgendwann Rückenschmerzen. Zum Glück habe ich mich nicht infiziert. Beim zweiten Mal war ich zu Hause, da konnte ich mir die Zeit zumindest mit Gartenarbeit vertreiben.
Zu den ersten Trainingseinheiten sind Sie mit Ihrem auffällig schicken Ferrari vorgefahren. Und jetzt bleibt der in der Garage?
Wir haben beim FC ja einen Dienstwagen-Sponsor. Also komme ich mit dem zum Geißbockheim. Autos sind eine Leidenschaft von mir. Ich interessiere mich sehr dafür. Nicht mehr und nicht weniger.