AboAbonnieren

Nach 0:5-Klatsche im JanuarWarum die Kölner in Freiburg so stark aufspielten

Lesezeit 5 Minuten
baumgart_modeste

Steffen Baumgart (l.) hat Anthony Modeste vom ersten Training an gefördert. 

Köln – Das Jahr war noch jung, doch für den 1. FC Köln war der Trend früh gelegt: Am 9. Januar dieses Jahres reiste die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol zum SC Freiburg, damals standen die Kölner trotz anhaltend trüber Darbietungen immerhin auf dem 15. Tabellenplatz, der gleichbedeutend war mit dem zuvor formulierten Saisonziel. Platz 15 galt gleichzeitig als das natürliche Limit der Kölner Mannschaft, das hatte ihr Trainer so oft wissen lassen, dass die Spieler es ihm längst glaubten. Doch in Freiburg änderte sich der Blick auf die Kölner: In den 14 Spielen zuvor hatten sie sich zwar überwiegend versteckt und versucht, den Gegner zu zermürben. Doch das 0:5 in Freiburg bedeutete einen vollständigen Systemausfall – Christian Streichs glänzend eingestelltes Ensemble legte schonungslos offen, wie fragil die Kölner waren.

Baumgart redet die Spieler stark

Am Samstag reiste nun Steffen Baumgart mit dem FC nach Freiburg, nach dem 1:1 am vierten Spieltag stehen die Kölner auf Rang 7 und haben eine rasante Entwicklung genommen hin zu einem aktiven Spielstil voller Vertrauen. Von den elf Spielern der Kölner Startformation am Samstag standen beim 0:5 im Januar schon neun in Köln unter Vertrag. Doch scheint das neue Vertrauen am Geißbockheim die Kölner Gruppe zu beflügeln. Hinzu kommt, dass mancher Spieler nach Verletzungs- und Formproblemen zu ungeahnter Stärke gefunden hat. Auch das ein Verdienst des Trainers, der seine Leute unbeirrt starkredet. Baumgart sei keiner, der einen Spieler für einen Fehler „bestraft oder direkt auslöscht“, heißt es aus der Mannschaft. Ein Blick auf die Kölner Spieler, die am Samstag in Freiburg starteten.

Timo Horn Als Torwart einer Mannschaft, die sich ausnahmslos in der eigenen Hälfte verschanzte, erlebte Horn eine schwierige Saison: Es war stets eine Frage der Zeit, wann der Gegner in unmittelbarer Nähe seines Tores auftauchte. Die Spiele fanden überwiegend in der Kölner Hälfte statt, und Horn zeigte immer wieder Nerven. Erst spät stabilisierte er sich. In diesem Jahr sieht der Torhüter sicherer aus, allerdings fällt auf, dass er inmitten einer Entwicklung steckt, die sein neuer Torwarttrainer Uwe Gospodarek angeschoben hat und die auch die neue Kölner Spielanlage von ihm verlangt. Der Keeper muss sich noch finden, weiß aber schon seit der Sommerpause, dass sein Status als Nummer 1 nicht zur Diskussion steht. Das war klug moderiert.

Benno Schmitz Beim 0:5 war der Rechtsverteidiger eine der tragischen Figuren. Gegentorbeteiligungen ohne Ende, ständige Zweifel. Mittlerweile ist Schmitz auf dem Weg, ein Spieler mit Kultfaktor zu werden: Zwei Vorlagen in drei Partien hat er schon, nur gegen die Bayern saß er auf der Bank, weil sein Trainer ihn in den großen Räumen, die der Rekordmeister auf den Flügeln lässt, nicht gut aufgehoben sah. Baumgart fühlt sich offenbar verantwortlich dafür, seinem Spieler keine Situationen zuzumuten, die ihn überfordern. Schmitz, zwölf Jahre in den Jugendmannschaften des FC Bayern ausgebildet und zweimal österreichischer Meister mit RB Salzburg, zahlt das Vertrauen mit starken Auftritten zurück.

Jorge Meré Der Spanier war ein Sinnbild des Dramas beim 0:5: Vor dem 0:1 verweigerte er damals den Zweikampf, ging anschließend vollständig unter und rotierte aus der Startelf. Auch in dieser Saison ist Meré nicht überragend solide. Doch Baumgart hält fest zum 24-Jährigen, um das unbestrittene Talent des Verteidigers in dessen vierter Saison beim FC endlich zu heben.

Rafael Czichos Unter Steffen Baumgart ist der Innenverteidiger unumstrittener Abwehrchef, dem es zudem entgegenkommt, dass die Kölner konsequent an der Viererkette festhalten. Das harte Fitnessprogramm scheint dem 31-Jährigen zu helfen, Czichos wirkt schneller und athletischer als zuvor. Im Januar nur eingewechselt, als es bereits 0:5 stand, das war nicht sehr dankbar.

Jonas Hector Beim 0:5 in Freiburg erlebte der Kapitän seine Startelf-Rückkehr nach mehr als drei Monaten Pause, die mit einer Nackenverletzung begonnen hatte. Nach einer soliden Sommervorbereitung ist Hector nun auf der Linksverteidiger-Position wieder ganz der Alte. Es war eine pragmatische Entscheidung Baumgarts, den 31-Jährigen auf die Position zu stellen, auf der er einst Nationalspieler wurde. Im Mittelfeld ist der FC ohnehin stark aufgestellt – und die Probleme hinten links sind gelöst.

Dejan Ljubicic Beim 0:5 noch nicht im Kader – am Samstag vor der Abwehr erneut mit einem starken Auftritt.

Salih Özcan Sein Ballverlust vor dem 0:2 beim 0:5 war für Markus Gisdol unverzeihlich: Zur Halbzeit wurde der sensible Ehrenfelder ausgewechselt, anschließend stand er viermal nicht in der Startelf. Von Baumgart starkgeredet, ist Özcan zwar derzeit kein unumstrittener Stammspieler. Doch sein Trainer stärkt ihn weiterhin – und beweist, dass er jederzeit bereit ist, auf Özcan zu vertrauen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Mark Uth Ging in der vergangenen Saison mit dem FC Schalke durch die Hölle. Ist nun wieder bei seinem Heimatklub, fremdelt allerdings noch mit dem Fußball seines neuen Trainers, der keine Atempausen zulässt. Menschlich scheint es allerdings zu passen.

Florian Kainz Fehlte seiner Mannschaft in der vergangenen Saison wegen einer schweren Knieverletzung. Nun wieder bei voller Leistungsfähigkeit. Ein wichtiger Faktor für das Kölner Spiel, zwei Tore und eine Vorlage in den ersten vier Saisonspielen unterstreichen das.

Sebastian Andersson Erlebte eine schlimme erste Saison beim FC. Trotzt derzeit den Zweifeln an seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und ist etwas überraschend ein echter Faktor in Baumgarts Mannschaft: In allen vier Saisonspielen kam der Schwede zum Einsatz, zuletzt stand er zweimal in der Startelf. Der Trainer ist ein maßgeblicher Faktor, dass Andersson das Vertrauen in seinen Körper zurückgewonnen hat.

Anthony Modeste Beim 0:5 in Freiburg stand der Franzose 70 Minuten auf dem Platz. Es war am 15. Spieltag Modestes erster Startelf-Einsatz der Saison – und gleichzeitig sein letzter, bevor er im Winter nach Frankreich ausgeliehen wurde. Nun stellt ihn Baumgart konsequent auf, das Kölner Spielsystem ist genau auf Modeste abgestimmt. Der Stürmer galt als der problematischste aller Kölner Problemspieler – nun dankte er dem Trainer das Vertrauen mit seinem dritten Treffer im vierten Spiel – und einer Liebeserklärung.