Der 1. FC Köln hat mehrere Kandidaten, die bei einem anderen Verein Spielpraxis sammeln sollen. Christian Keller erklärt, worauf er bei Ausleihen achtet.
Ausleihpläne des 1. FC Köln„In einem Kader voller Pflegefälle wird es schwierig“
Leihen statt kaufen kommt beim 1. FC Köln wieder in Mode. Nach einem Sommer ohne Leihgeschäfte im vergangenen Jahr hat Christian Keller in dieser Transferphase bereits Luca Waldschmidt aus Wolfsburg nach Köln gelotst und damit einen Spieler, den sich der FC zunächst nicht hätte leisten können. Nach einer schwierigen Saison in Niedersachsen sucht Waldschmidt nun nach mehr Spielzeit und hofft, in Köln seiner Karriere neuen Schwung geben zu können.
Doch auch der FC hat Spieler im Kader, die zuletzt kaum zum Einsatz kamen und auf der Schwelle zwischen Nachwuchsabteilung und Erwachsenenfußball stehen. Drei Talente waren zuletzt ausgeliehen, in diesem Sommer könnten weitere folgen.
Torhüter Jonas Urbig wechselte im Winter zu Jahn Regensburg und absolvierte alle 17 Rückrundenpartien, konnte allerdings den Abstieg der Oberpfälzer nicht verhindern. Das ist ein Dilemma, denn einerseits war die Leihvereinbarung mit der Zugehörigkeit zur Zweiten Liga verbunden. Andererseits aber ist Marvin Schwäbe im Tor des 1. FC Köln gesetzt. Zwar wird Urbigs Zeit kommen. Aber noch nicht in der nächsten Saison. Statt also auf der Ersatzbank des Kölner Bundesligateams zu sitzen und sich Spielpraxis in der Regionalligamannschaft zu verschaffen, sucht der FC nun erneut einen Klub, der dem 19-Jährigen das passende Umfeld bietet, um sich weiterzuentwickeln. Trotz des Abstiegs gilt Urbigs Leihe nach Regensburg als Erfolg. Eine weitere soll folgen.
Alles zum Thema Christian Keller
- Bittere Bestätigung beim 1. FC Köln FC-Sportchef Keller: „Es ist so, wie es ist“
- Kaderplanung des 1. FC Köln Keller erklärt Lemperle-Entscheidung – Urbig-Nachfolger bereits im Blick?
- „Haben uns kritisch ausgetauscht“ Präsident Wolf will Vorstandskritiker Prestin beim 1. FC Köln einbinden
- Wechsel in der Spitze Geschäftsführer Markus Rejek verlässt den 1. FC Köln
- Trennung von Rejek Immense Fluktuation statt Kontinuität beim 1. FC Köln
- Gelingt so die direkte Bundesliga-Rückkehr? Nicht schön, aber erfolgreich: der pragmatische Weg des 1. FC Köln
- Erneut schwer verletzt FC-Gesten der Solidarität mit Pechvogel Luca Kilian
Weniger glücklich geriet das Gastspiel von Marvin Obuz bei Holstein Kiel. Auf nur 143 Zweitligaminuten brachte es der hoch veranlagte Offensivspieler an der Förde, hinzu kamen ein paar Einsätze in der Regionalliga-Nord. Zu wenig für den 21-Jährigen, der in der Vorsaison beim 1. FC Köln mehrfach vor seinem Bundesligadebüt gestanden hatte, dann aber durch Krankheit oder Verletzung zurückgeworfen worden war. Wie es mit Obuz und dem 1. FC Köln weitergeht, ist derzeit offen.
Noah Katterbach (22) hatte sich nach einjähriger Leihe zum FC Basel zur Mitte dieser Rückrunde einen Stammplatz beim Hamburger SV erkämpft, dann jedoch im Training einen Kreuzbandriss erlitten. Katterbach, zweimaliger Gewinner der Fritz-Walter-Medaille in Gold, hatte im Mai 2020 einen herausragend dotierten Profivertrag in Köln geschlossen, doch seine Leistungen waren anschließend abgestürzt.
Der Vertrag des Linksverteidigers läuft noch ein Jahr, und es ist nicht davon auszugehen, dass der 1. FC Köln noch auf Katterbach setzt, obgleich der bis zu seiner Verletzung auch in der U-21-Nationalmannschaft nach wie vor überzeugte. Insofern waren die beiden Leihen zuletzt auch weniger gedacht, den Spieler reifen zu lassen. Eher wollte man die finanzielle Last lindern und versuchen, einen Käufer zu finden. Ob die Hamburger nun bereit sind, eine Ablöse für den verletzten Katterbach zu zahlen, wird sich in dieser Sommerpause erweisen müssen.
Leihgeschäfte können also unterschiedlich erfolgreich sein und unterschiedliche Ziele haben. Für Tim Lemperle dürfte der Wechsel nach Fürth es ein kluger Zug sein. Der 21-Jährige blieb auch in der abgelaufenen Saison ohne Startelf-Einsatz in der Bundesliga und konnte seine Qualitäten erneut nur andeuten. Dennoch setzten Spieler und Klub in diesem Winter ein Zeichen – und verlängerten Lemperles Vertrag bis zum Jahr 2025. Schon bei den Verhandlungen wurde Lemperle in Aussicht gestellt, dass er seinen Durchbruch im Profifußball womöglich anderswo probieren müsse. In den vergangenen Jahren habe Lemperle es abgelehnt, ausgeliehen zu werden. Nun aber war die Bereitschaft da. Und FC-Geschäftsführer Christian Keller hat die Optionen aufmerksam geprüft.
Mehrere Faktoren galt es zu beachten. Da ist zunächst die Kaderstruktur des aufnehmenden Vereins, schließlich will man den Spieler nicht von einer schwierigen Konkurrenzsituation in die nächste schicken. Das war zum Beispiel ein Problem für Marvin Obuz, auf dessen primärer Position Fabian Reese spielte, mit elf Toren und zehn Vorlagen Kiels wichtigster Mann im Angriff. „Wenn der potenzielle Leihklub drei überragende Stürmer hat, brauchen wir denen nicht zusätzlich Tim Lemperle zu geben“, erklärt Keller
Auch die Person des Trainers sei wichtig: „Kann er mit jungen Spielern umgehen? Hat er schon junge Spieler weiterentwickelt? Oder ist er eher einer, der tendenziell die erfahrenen Jungs einsetzt, weil er dann weiß, was er kriegt. Soll es ja auch geben, ist auch okay“, beschreibt Keller. Außerdem sollen Spieler eher in ein ruhigeres Umfeld verliehen werden.
Der Tapetenwechsel bedeutet für einen jungen Spieler Stimulation genug. Marvin Obuz, so ist zu hören, soll in Kiel zwar sportlich nicht erfolgreich gewesen, als Persönlichkeit jedoch merklich gereift sein – wie vor ihm schon Salih Özcan. Keller sieht sich also genau an, in wessen Obhut er die Kölner Leihkandidaten übergibt. „Wir haben zudem eine Präferenz für ein eher ruhigeres Umfeld, damit der Spieler nicht so vielen Einflüssen ausgesetzt ist. Und im besten Fall gibt es in der Mannschaft dann noch ein paar Jungs, die in der Lage sind, einen jungen Spieler an die Hand zu nehmen. In einem Kader voller Pflegefälle wird es schwierig für ein Talent, sich etwas abzuschauen. Wenn man mit einem wie Ellyes Skhiri zusammenspielt – dem muss man nur täglich zuschauen, dann lernt man schon, was es heißt, Profi zu sein.“