Der 1. FC Köln hat sich einer Zukunft ohne Geldgeber verschrieben. Die Bundesliga wird aktuell aber von Investoren-Klubs dominiert.
Bundesliga von Geldgeber-Klubs dominiertFC will weiter schweren Weg ohne Investor
Die jüngste Mitgliederversammlung des 1. FC Köln war schon sieben Stunden im Gange, da kam es zu später Stunde doch noch zu einer wichtigen Entscheidung. Ein FC-Mitglied hatte einen Satzungsänderungsantrag eingebracht. In diesem ging es um die Streichung der „Notverkaufsklausel“ aus der Vereinssatzung. Zuvor hätte der Vorstand des Bundesligisten noch bis zu 12,5 Prozent der Anteile an den ausgegliederten Beteiligungsgesellschaften des FC verkaufen können, ohne dafür die Zustimmung der Mitgliederversammlung einzuholen. Voraussetzung: Eine „wirtschaftliche Notlage“ hätte vorliegen müssen.
Doch mit dem neuen Antrag sollte in Zukunft nun jeder Anteilsverkauf bereits ab dem ersten Prozent der Zustimmung der Mitgliederversammlung bedürfen; die Notverkaufsklausel wäre damit abgeschafft. Um 1.06 Uhr kam der Antrag durch. Mehr noch: Er erhielt eine überwältigende Mehrheit — 95,49 Prozent. Doch was hieß das konkret? Es waren noch rund 700 von insgesamt über 132.000 Mitgliedern in der Lanxess-Arena anwesend. Knapp 500 Mitglieder hatten das „Henkelmännchen“ bereits verlassen. Doch die Entscheidung war demokratisch. Die Mitgliederschaft ist der höchste Souverän, für eventuelle Beschwerden gibt es keinen Grund. Man hätte ja kommen können...
Es war eine weitere Entscheidung, die Beobachter des Vereins absolut nicht mehr überraschte. Der 1. FC Köln steht nicht nur aus guten Gründen fest zur 50+1-Regel, die besagt, dass Kapitalanleger nicht die Stimmenmehrheit in den ausgelagerten Profiabteilungen übernehmen dürfen. Sondern er hat vor allem schon seit Jahren in seiner Satzung verankert, dass ein Anteilsverkauf grundsätzliche Hürden zu nehmen hätte. Die wurden zuletzt immer höher: Erst benötigte ein möglicher Interessent die Zustimmung der Mitglieder, wenn er mehr als 25 Prozent der Anteile an der KGaA übernehmen wollte. Dann waren es 12,5 Prozent (aber nur mit Notverkaufsklausel), jetzt geht ab einem Prozent nichts mehr ohne die Mitglieder.
Alles zum Thema Fußball-Bundesliga
- Fußball-Bundesliga Nach Anschlag in Magdeburg: FC Bayern gedenkt der Opfer
- Ex-Schalker ins Krankenhaus geprügelt Dialekt von Burgstallers Begleitung löste offenbar Streit aus
- Gefunden, geformt und dann verloren? Dem 1. FC Köln droht erneut der Verlust seiner tollen Talente
- „Ich hoffe, er ist am Ende so gut wie Josip“ Nordi Mukiele zwischen Fehlstart und Matchwinner
- Tischtennis 1. FC Köln muss mehrere Rückschläge verkraften
- Kristin Kögel „Eine Teilnahme mit Bayer 04 Leverkusen an der Champions League wäre ein Traum“
- Basketball Orthomol Wings Leverkusen wollen in der Rückrunde abgezockter werden
Ziel bis 2028: Top Ten in der Bundesliga
Der 1. FC Köln will keinen Investor haben, stattdessen wolle man ein „mitgliedergeführter Verein“ bleiben. Die Bosse erfüllen damit ein einstiges Wahlversprechen, sind offenbar überzeugt davon. Auch gegen den Einstieg eines Private-Equity-Investors bei der Deutschen Fußball-Liga, der für rund zwei Milliarden Euro 12,5 Prozent der Medienrechte kaufen wollte, kam vom FC die wohl lauteste Kritik. Die Kölner befürchten eine zu große Einflussnahme eines künftigen Investors und Interessenkonflikte mit den Klubs. Es habe zu viele offene Fragen, zu wenig Transparenz und einen zu großen Zeitdruck gegeben, argumentierte der FC. Doch auch wenn der Verein grundsätzlich gegen Investoren ist, so hat er Ziele formuliert. „Wir wollen unter die Top Ten in der Bundesliga – und das ohne Investoren“, sagte Präsident Werner Wolf 2021, als der Klub den so genannten „FC-Matchplan“ vorstellte, eine Sieben-Jahres-Strategie, mit der man dieses Ziel erreichen wolle.
Es gibt offenbar genügend Fans und Mitglieder, die die strikte Haltung ihrer Vereinsführung in der Investoren-Frage mitgehen. Sie wollen diesen auch keine Hintertür öffnen. Nicht einen Spalt. Auch der Mitgliederrat, dessen Vorsitzender und Stellvertreter jeweils einen Sitz im wichtigen Gemeinsamen Ausschuss des Klubs haben, pflichtet der Vereinsführung in dieser Frage absolut bei. „In einer Fußballwelt, in der immer mehr investorengeführte Vereine sind, ist unsere Haltung klar: Wir setzen auf die Kraft eines mitgliedergeführten Vereins“, betonte der Mitgliederratsvorsitzende Ho-Yeon Kim jüngst.
Es gibt unterschiedliche Gründe für diese Haltung: Einige haben sie vielleicht aus Gründen der Fußball-Romantik, andere fühlen sich möglicherweise von Negativ-Beispielen wie Hertha BSC (mit dem Investor Lars Windhorst), Hamburger SV (Klaus-Michael Kühne), Hannover 96 (Martin Kind) oder 1860 München (Hasan Ismaik) abgeschreckt. Doch die Frage muss erlaubt sein: Ist dieses Dogma noch zeitgemäß und zukunftsorientiert?
Aktuell ächzt der FC unter seinen immer noch hohen Schulden, vor allem entstanden aus den dramatischen Folgen der Corona-Pandemie. Der Klub ist gezwungen, diesen Berg weiter abzutragen. Und sah sich nicht in der Lage, im Sommer seine Mannschaft zu verstärken. Im Gegenteil: Den Verlust der Führungsspieler Jonas Hector und Ellyes Skhiri konnte er nicht kompensieren. Was Ablösen angeht, gab es keinen anderen Verein, der weniger investierte als der FC. Doch auf der anderen Seite präsentierte er für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Gewinn von 12,4 Millionen Euro.
Geld mit dem Nachwuchs verdienen
Die Bosse wollen vieles anders machen: Sie wollen schlau sein, weitsichtig agieren. Die Gehälter deutlich begrenzen. Und eigene Spieler aus dem Nachwuchs groß herausbringen und später am besten teuer verkaufen. Der FC will beweisen, dass er auch auf anderem Weg, einem ohne Investoren, zum Erfolg kommen kann. Das Problem: Er hat keinen Erfolg. Zumindest aktuell nicht. Er ist Letzter der Bundesliga.
Die Tabelle des siebten Spieltags 8sieh zeigt: Die ersten acht Mannschaften sind nicht mehr ausschließlich mitgliedergeführt, in diesen Klubs steckt fremdes Kapital. Ist das nur eine Momentaufnahme oder ein deutlicher Fingerzeig, wohin die Reise geht?
Es gibt zudem noch Vereine, die zum Teil zwar sogar eingetragene Vereine sind, bei denen die Lage aber etwas undurchsichtig ist. Der 1. FC Union Berlin, der als vermeintlicher Kult-Klub die Liga aufmischt, hat im Prinzip auch einen Investor. Der Medienunternehmer und Filmrechtehändler Michael Kömel hat mit seinen Millionen den Grundstein für den Erfolg gelegt. Zudem pflegen die Eisernen seit Jahren Geschäftsbeziehungen zur Investitionsfirma Quattrex. Und Aufsteiger FC Heidenheim ist beispielsweise vielleicht doch nicht so sehr der krasse Außenseiter, wie gedacht: So engagiert sich seit Jahren unter anderem der ortsansässige und weltweit agierende Anlagenbauer Voith, der im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 4,2 Milliarden Euro erzielt hat, im großen Stil. Gespielt wird auch in der Voith-Arena.
Für den 1. FC Köln ist sicherlich der SC Freiburg eine Art Vorbild. Ein Vorzeigeklub, ein eingetragener Verein, der auch ohne Sponsoren nachhaltigen Erfolg hat und seit Jahren immer mehr wächst. Doch ist das Freiburger Modell umsetzbar auf den FC und seinem völlig anderen Umfeld? Eher nicht.
Es ist noch gar nicht so lange her, konkret ab 2016, da hatte es Interessensbekundungen von Investoren gegeben, zehn bis 15 Prozent der Anteile der FC-KGaA zu erwerben. Und zwar von Investoren aus der Region und nicht aus Fernost, China oder den USA. Unternehmensprüfer bewerteten den Klub seinerzeit auf 350 bis 400 Millionen Euro. Doch diese Gedankenspiele sind längst passé. Zum einen, weil der FC einen Investoren-Einstieg grundsätzlich nicht will, zum anderen, weil kein möglicher Investor alleine schon aus Gründen der Reputation möchte, dass über sein Unternehmen auf einer Mitgliederversammlung abgestimmt — und womöglich der Daumen gesenkt wird.