Der Vertrag des Tunesiers läuft im Sommer aus. Viel spricht für einen ablösefreien Wechsel.
Wohin zieht es den Dauerläufer?Ellyes Skhiri, Kölns umworbene Mittelfeld-Maschine
Steffen Baumgart, der Trainer des 1. FC Köln war voll des Lobes für seine Spieler nach dem 1:1 beim deutschen Meister Bayern München: „Die Jungs sind an ihre Grenzen gegangen und haben alles rausgehauen.“ Ein wesentlicher Faktor zum Gelingen
der Überraschung war, dass sich die Kölner Mannschaft läuferisch erneut auf einem Spitzen-Niveau befand. 129,8 Kilometer spulten die FC-Profis insgesamt ab, das waren fast zehn Kilometer mehr als die Bayern, für die die 120,22 Kilometer zu den Top-Werten in der aktuellen Spielzeit zählen.
Zum Vergleich: Die phlegmatischen Gladbacher kamen bei der 0:1-Niederlage in Augsburg insgesamt auf 112,77 Kilometer, die Hertha aus Berlin sogar nur auf 111,49 Kilometer – das sind über 18 Kilometer weniger als der FC abspult. Da kann von Abstiegskampf kaum die Rede sein.
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Ellyes Skhiri läuft 13,1 Kilometer gegen den FC Bayern
Maßgeblichen Anteil an den Kölner Rekordwerten hatte wieder einmal der Tunesier Ellyes Skhiri, der wie eine Maschine läuft. Seine 13,1 Kilometer waren erneut der FC-Spitzenwert. Überhaupt nur ein Spieler in der Bundesliga kommt im Schnitt auf ähnliche Werte wie Skhiri: Joshua Kimmich, der Nationalspieler, der im direkten Duell der Dauerläufer mit zurückgelegten 13,37 Kilometern sogar noch leicht die Nase vorn und die Kraft hatte, mit einem Gewaltschuss kurz vor dem Abpfiff den Bayern wenigstens das 1:1 zu retten. Skhiri hatte den FC früh in Führung gebracht, nach den zwei Treffern gegen Bremen war dies bereits sein drittes Tor im noch jungen Jahr.
Skhiri, im Sommer 2019 für rund sechs Millionen Euro Ablöse aus Montpellier verpflichtet, ist seit langer Zeit aufgrund seine Spielintelligenz und Laufstärke eine wesentliche Stütze des 1. FC Köln. Seine Qualitäten müssen sich nicht mehr herumsprechen, sondern sind hinlänglich bekannt. Zudem läuft sein Vertrag nach Saisonende am 30. Juni aus. Und deshalb ist alles andere als eine Überraschung, dass Top-Vereine um den defensiven Mittelfeldspieler buhlen.
Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund mit Interesse
Im Gegenteil: Es würde vielmehr verwundern, sollten gut betuchte, ambitionierte Vereine kein Interesse an einem ablösefreien WM-Teilnehmer im besten Fußballeralter haben, der bei einem Bundesligisten einer der Schlüsselspieler ist. Deshalb ist es auch naheliegend, dass laut „Bild“ Eintracht Frankfurt ebenfalls interessiert ist. Zuvor war bereits Borussia Dortmund als potenzieller Arbeitgeber für den 27-Jährigen gehandelt worden. In Frankfurt könnte Skhiri den Platz im Mittelfeld von Sebastiabn Rode erben, der zwar die Seele des Frankfurter Spiels ist, aber auch immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wird.
Doch angesichts des Interesses innerhalb der Bundesliga soll auch der französische Erstligist Olympique Lyon wieder konkreter in den Vertragspoker eingestiegen sein. Bereits mehrfach war Skhiri mit einem Wechsel nach Lyon in Verbindung gebracht worden, das rund 280 Kilometer von Skhiris Geburtsort Lunel entfernt ist. Nun soll Lyon Druck machen und bereits einen Winter-Wechsel anstreben. Dies berichtet der Sender „RMC“.
Will Lyon Ellyes Skhiri schon im Winter holen?
Mit dem Spieler sei Lyon demnach schon so gut wie einig und möchte diesen als Nachfolger des Brasilianers Joao Gomes schon im Januar verpflichten. Da Gomes vor einem Wechsel zu den Wolverhampton Wanderers nach England stehe, wäre eine Ablöse offenbar kein Problem für Lyon. Das Management des Profis war auf Anfrage dieser Zeitung nicht erreichbar.
Beim 1. FC Köln weiß man allerdings nichts von einem konkreten Interesse in dieser Winter-Transferperiode – weder aus Lyon noch von einem anderen Klub aus dem In- und Ausland. „Wir haben keine Anfrage geschweige denn ein Angebot eines anderen Klubs für Ellyes vorliegen und gehen davon aus, dass er mindestens bis zum Saisonende unser Spieler bleibt. Wir haben überhaupt kein Bestreben, ihn abzugeben“, sagt FC-Lizenzbereich-Leiter Thomas Kessler dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Thomas Kessler: „Skhiri hat einen klaren Karriereplan“
Skhiri sei ein ungemein wichtiger Spieler für den FC, das zeige dieser in jeder Partie. Der 1. FC Köln würde den Führungsspieler nur zu gerne mit einem neuen Kontrakt in Köln ausstatten, doch daraus wurde bisher nichts. „Wir würden natürlich sehr gerne mit Ellyes verlängern. Er fühlt sich in Köln auch sehr wohl. Allerdings verfolgt der Spieler einen klaren Karriereplan, da geht es in erster Linie gar nicht um Geld bei ihm“, meint Kessler.
Ohnehin würde aktuell ein voreiliger Winter-Wechsel nach Lyon eher nicht in diese Karriereplanung passen. Denn der von Laurent Blanc trainierte Traditionsklub hat als Neunter der Ligue 1 bereits zwölf Punkte Rückstand auf Platz fünf. „OL“ droht den internationalen Wettbewerb in der kommenden Saison zu verpassen. Da hätte Skhiri im Fall eines angedachten Sommer-Wechsels sicherlich bessere Optionen auf dem Verhandlungstisch.
Steffen Baumgart zeigt sich realistisch
Doch dass der Spieler den nächsten Schritt und eine neue Herausforderung anstrebt, haben natürlich auch die Kölner Verantwortlichen registriert. „Mich würde es natürlich überhaupt nicht verwundern, wenn sich Klubs, die Ellyes die Champions League bieten können, mit ihm beschäftigen. Wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln“, sagt Kessler.
Ähnlich realistisch ordnet auch Steffen Baumgart die Personalie ein. Man wolle Skhiri zwar äußerst gerne behalten, „aber es wird schwierig, ich bin ja kein Träumer“, befand der FC-Trainer in der vergangenen Woche im Interview mit dieser Zeitung.
Die Tatsache, dass ein solcher Spieler zum Nulltarif wechseln könne, ziehe allein schon Vereine an, mit denen der 1. FC Köln finanziell überhaupt nicht mithalten könne. Baumgarts Rest-Hoffnung: „Trotzdem können auch wir ihm eine ganze Menge bieten: die Entwicklung des Vereins und der Mannschaft, dazu die Stadt. Ich werde das alles in die Waagschale werfen. Ob es dann reicht, werden wir sehen.“
Wer könnte Skhiri beim 1. FC Köln ersetzen?
Daran darf eher gezweifelt werden. Doch auch im Fall eines Skhiri-Abgangs würde Baumgarts Team nicht ins Bodenlose fallen. Dejan Ljubicic (25) hat seine Klasse im defensiven und zentralen Mittelfeld bewiesen, mit dem erst 20-jährigen Eric Martel hat der Coach einen Rohdiamanten im Kader. Auch der nur ein Jahr ältere Mathias Olesen, auf den Baumgart große Stücke hält, kann im defensiven Mittelfeld bestehen.
Doch einen Skhiri-Wechsel gänzlich zu kompensieren, das dürfte allen Genannten doch schwerfallen.