Kölns Abwehrchef Timo Hübers blickt dem Duell mit Rekordmeister FC Bayern am Freitag mit Vorfreude entgegen
FC-Abwehrchef Timo HübersMit Zuversicht ins Duell mit den Bayern
Am Dienstag nahmen sich die FC-Trainer ein wenig Extrazeit für ein unterschätztes fußballerisches Mittel: Die Standard-Situation. Assistenzcoach Andre Pawlak, beim 1. FC Köln zuständig für den ruhenden Ball, justierte an einem Ende des Trainingsplatzes die Kölner Eckballvarianten. Besonders das Timing beim Einlaufen war Thema, denn die attackierende Mannschaft hat einen großen Vorteil, wenn sie mit Tempo in den Strafraum eindringt – und zwar bestenfalls nicht deutlich vor oder nach Eintreffen des Balls, sondern ungefähr gleichzeitig.
FC übt vor dem Duell mit den Bayern Eckbälle und Einwürfe
Am anderen Strafraum übte eine weitere Kölner Trainingsgruppe Einwürfe, was nicht daran lag, dass sich Benno Schmitz beim 1:1 in Bochum kurz nach seiner Einwechslung einen falschen Einwurf geleistet hatte, den Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck sanktionierte, was gleichbedeutend war mit dem unnötigsten aller Ballverluste im Fußball.
Tatsächlich bietet es sich an, ein wenig Arbeit in die Standards zu investieren. Köln hat nach Heidenheim und Bochum die drittmeisten Einwürfe der Liga, macht daraus jedoch zu wenig. Gleiches gilt für die Ecken: Nur vier Mannschaften im Oberhaus verzeichnen mehr Eckbälle als der FC. „Wir haben da auf jeden Fall noch Potenzial. Das sind Situationen, die man absolut planen kann“, sagt Timo Hübers, der Kölner Abwehrchef und mit 1,90 Metern Körpergröße eigentlich ein Spieler, der einer Abwehr Probleme bereitet, wenn er beim Eckball mit Tempo in Richtung Tor läuft.
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Bislang steht Hübers jedoch auch nach 65 Kölner Eckbällen dieser Saison noch ohne Treffer da. Gleiches gilt für Jeff Chabot, Hübers' Partner in der Innenverteidigung, der zwar über einen exzellenten Defensiv-Kopfball verfügt und mit 1,95 Metern wie der Prototyp eines torgefährlichen Defensivspielers scheint. Aber in dieser Spielzeit beharrlich nicht trifft. Wenngleich er am Dienstag im Training einige vielversprechende Aktionen am kurzen Pfosten hatte.
Am Freitag (20.30 Uhr/Dazn) empfangen die Kölner den FC Bayern in Müngersdorf. Ein guter Anlass, an den Standards zu arbeiten, erweitern sie gegen den Rekordmeister doch die Möglichkeiten: Über seriös ausgeführte Einwürfe kann man sich Ballbesitz verschaffen. Eckbälle bieten zudem die Gelegenheit, den Ball unbedrängt in gefährliche Räume zu spielen. Überhaupt geben Standards Halt gegen fußballerisch überlegene Gegner. „Für das Spiel kann man nur grundsätzliche Prinzipien einstudieren. Bei Standards kann man dagegen genaue Abläufe planen“, beschreibt Hübers.
Erfolg bei ruhenden Bällen hat viel mit Entschlossenheit und Spannung zu tun. Dafür muss man kein Superstar sein, findet auch Hübers. „Wir müssen in den talentfreien Tugenden besser sein als die Bayern“, beschreibt er, wenngleich er einschränkt: „Aber selbst dann ist es nicht sicher, dass wir was holen.“ Die Münchner sind in ihrer aktuellen Form jedenfalls kein Gegner, der den Kölnern auf ihrem Weg aus dem Keller eine Hilfe zu sein verspricht. Der Meister ist in dieser Saison noch ungeschlagen und nur deshalb nicht Tabellenführer, weil Bayer 04 Leverkusen eine Rekordsaison spielt.
Rekorde gibt es allerdings auch an der Säbener Straße: Harry Kane kommt nach elf Bundesligaspielen auf 17 Saisontore, so viele hatten die Torschützenkönige Füllkrug und Nkunku in der vergangenen Spielzeit nach 34 Partien. 17 Treffer – das sind knapp doppelt so viele, wie der 1. FC Köln (9) bislang insgesamt gesammelt hat. Es wird einiges zukommen auf Hübers und die Kölner Verteidigung. „Er ist absolute Weltklasse, unglaublich abschlussstark“, beschreibt Hübers, der jedoch bereits verraten kann, dass die Kölner den Kapitän der englischen Nationalmannschaft nicht in Manndeckung nehmen werden. „Den hält keiner allein auf. Da hilft es nichts, ihn mit einem Gegenspieler über 90 Minuten rausnehmen zu wollen, wie man das früher vielleicht versucht hätte“, erklärt Hübers.
Stattdessen werde man versuchen, Kane von seinen Kollegen zu isolieren und „die Zuspieler nicht in die Räume kommen lassen, aus denen sie ihn anspielen können. Wir müssen nah dran sein im Zentrum. Den Fußball werden wir zwar nicht neu erfinden. Aber auf ihm liegt ein besonderer Fokus.“
Das Duell des ersten mit dem aktuellen Bundesliga-Meister ist in dieser Saison einmal mehr eines der krassen Gegensätze. Die Bayern verzeichnen die meisten Torschüsse, die meisten Tore und mit 0,18 Treffern pro Schussversuch die beste Abschlussquote der Liga. Köln dagegen hat die wenigsten Treffer und mit 0,04 Toren pro Schuss die schwächste Ausbeute.
Der Vorletzte empfängt den Zweiten, selten waren die Kräfte zwischen Köln und den Bayern so klar verteilt wie vor diesem Aufeinandertreffen. Dennoch verspürt Timo Hübers auch so etwas wie Vorfreude. „Es ist ein Heimspiel, wir spielen gegen eine der besten Mannschaften Europas, wenn nicht der Welt. Es ist immer eine schöne Aufgabe, sich da zu messen. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, in dem Spiel drei Punkte zu holen. Obwohl es möglich ist“, sagt er.
Mit sechs Punkten aus elf Partien haben die Kölner eines der schwächsten Zwischenergebnisse ihrer Bundesligageschichte eingefahren. Dennoch sind sie nicht abgeschlagen – was auch daran liegt, dass die Spitzenmannschaften Leverkusen und Bayern wie entfesselt punkten. Auch das lässt Hübers in die Partie gehen, ohne das Gefühl zu haben, gegen den Rekordchampion zum Siegen verdammt zu sein. „Es ist noch absolut nichts entschieden. Wir müssen nicht zweimal in Folge gewinnen, um wieder dran zu sein, denn wir sind dran. Es ist den Versuch wert, etwas zu starten.“