Köln – Der 1. FC Köln ist in dieser Saison lange Zeit von Verletzungssorgen verschont geblieben, trotz aller Intensität unter Trainer Steffen Baumgart. Allenfalls auf der linken Seite haben sich in den vergangenen Monaten Lücken ergeben: Jannes Horn arbeitet nach einer schweren Hüftverletzung noch am Comeback, 29 Einsätze hatte der Linksfuß in der vergangenen Saison. Ismail Jakobs, der auf der linken Seite ebenfalls oft spielte, verabschiedete sich im Sommer zur AS Monaco. Gute Zeiten also für Spieler mit starkem linken Fuß. Doch den Linksverteidiger gibt zurzeit Jonas Hector, der eigentlich im Kölner Mittelfeld zur Instanz geworden war.
Für das Spiel am Freitagabend (20.30 Uhr/Dazn) bei der TSG Hoffenheim fällt nun aber Ellyes Skhiri wegen einer Knieverletzung aus. Doch Baumgart schloss aus, Hector ins Mittelfeld zu versetzen: Er werde nicht auf zwei Positionen tauschen, um einen Spieler zu ersetzen. Außerdem steht Salih Özcan bereit, seine nächste Chance in der Startelf zu nutzen.
Nicht bundesligatauglich
Doch ist das nur ein Teil der Erklärung. Tatsächlich hat Baumgart auf der linken Abwehrseite keine Alternative zu Jonas Hector, jedenfalls keine, der er vertraut. Noah Katterbach gilt beim FC momentan als nicht bundesligatauglich.
Das war einmal anders. Insgesamt 39 Bundesligaspiele absolvierte der 20-Jährige bislang, das letzte beim 1:0 gegen Schalke am 22 Mai (1:0), als sich der FC in die Relegation rettete. In dieser Saison stand er dagegen noch keinmal im Kölner Bundesligakader.
Jahre auf der Autobahn
Katterbach spielt seit seinem siebten Lebensjahr beim FC. Sein Vater hat einen Schornsteinfegerbetrieb in der Eifel, aus dem Ort Dreiborn in der Nähe der Grenze zu Belgien fuhren die Eltern ihren Sohn jahrelang zum Training und zurück – im eigens angeschafften VW Bulli, an dessen Klapptisch Noah Katterbach seine Hausaufgaben erledigte.
Begonnen hatte alles mit einem Schnuppertraining beim FC, zu dem die Eltern ihren fußballbegeisterten Sohn angemeldet hatten. Man hatte den Tag ein wenig missverstanden, jedenfalls wunderten sich die Eltern später, dass der 1. FC Köln tatsächlich seine Talentspäher geschickt hatte. „Wir wollten Noah einen schönen Fußballnachmittag ermöglichen“, erzählte Mutter Yvonne Katterbach später in einem Portrait ihres Sohnes für das Klubmagazin „Geißbockecho“: „Als wir erfahren haben, dass ganz wenige Kinder später sogar ins FC-Mannschaftstraining eingeladen werden, haben wir uns gedacht: Die werden ja nicht ausgerechnet unseren Noah nehmen“, ergänzte Vater Edwin. Doch Noah wurde genommen, ausgerechnet, und seine Karriere geriet großartig: Jugend-Nationalmannschaften, zweimal die Auszeichnung mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold, zuletzt im Sommer 2020 als bester deutscher U19-Spieler.
Katterbach ist ein faszinierender Spieler, seine Ballführung gehört zum Besten, was der deutsche Fußball zu bieten hat. Es gab Interesse zahlreicher Vereine, besonders intensiv war dem Vernehmen nach der Flirt mit Schalke 04. Doch im Mai 2020 entschied sich Katterbach für den FC, unterschrieb bis 2024. Katterbach hat seine Karriereplanung in die Hände einer großen Berateragentur gelegt – und einen „sehr schönen Vertrag“ aushandeln lassen, wie es beim 1. FC Köln heißt. Man war bereit, weit zu gehen für einen Auserwählten aus dem eigenen Nachwuchs.
Der Auszug aus dem FC-Jugendinternat in die erste eigene Wohnung, der neue Status – Noah Katterbach war sein Fußballerleben lang ein Überflieger. Doch nun scheint er Schwierigkeiten zu haben, sich an das neue Leben zu gewöhnen. Schon zu Saisonbeginn sah es schlecht aus: „Wir sind im Austausch, um ihn dahin zu bringen, dass er für uns wieder eine Alternative ist. Aber da sehe ich ihn zurzeit nicht“, sagte Baumgart vor dem Spiel gegen Bochum – und versetzte Katterbach in den Spielkader der Regionalliga-Reserve.
Auch in der Regionalliga konnte Katterbach nicht auf sich aufmerksam machen, der Schritt zurück ist brutal schwer. In der U21-Auswahl des DFB dagegen ist er eine feste Größe: Vier Einsätze hatte er bereits in der EM-Qualifikation, am Dienstag spielte Katterbach beim 5:1 über Ungarn 90 Minuten. Baumgart ist mit U21-Nationaltrainer Antonio di Salvo im Gespräch, „er ist sehr zufrieden mit ihm“, sagt der FC-Coach.
In der Nationalmannschaft stark
Für den Coach sind Einsätze für die U21 des DFB aber kein Anlass, Katterbach in den Bundesligakader zu berufen: „Er hat in einer Nachwuchsmannschaft 90 Minuten gespielt. Was wir aber machen, ist Bundesligafußball mit einem starken Jonas Hector“, sagt Baumgart. Für Katterbach ist das offenbar zurzeit eine Nummer zu groß.
Der Kölner Trainer steht in dem Ruf, seine Spieler sehr genau darüber zu informieren, was von ihnen gefordert ist. Der Kontakt in der Trainingsarbeit ist da, Katterbach ist nicht abgeschrieben. Aber er steht an einem entscheidenden Punkt seiner Laufbahn. „Noah ist ein junger Spieler, wir haben ihm klar vorgegeben, was wir von ihm erwarten. Er kommt in einen körperlich immer besseren Zustand. Er zeigt sich im Training, und trotzdem ist es so: Wenn du hinter Jonas Hector stehst, musst du dir deinen Platz erarbeiten.“