- Die Kölner müssen derzeit auf Zweikampftraining verzichten und improvisieren deshalb.
- Noch ist nicht klar, wie der Spielplan nach der Wiederaufnahme des Betriebs aussehen wird.
- Markus Gisdol hat es aufgegeben, langfristige Pläne zu erstellen.
Köln – Es ist zwar noch nichts entschieden, doch rückt der Moment näher, in dem die Bundesliga wieder ihren Spielbetrieb aufnimmt – wenn auch ohne Stadionpublikum. Doch vor einem Neustart steht die Normalisierung des Trainings. Derzeit arbeiten die Profis des 1. FC Köln in Kleingruppen und körperlos. Doch rechnet Markus Gisdol damit, dass sich zumindest seine Arbeit am Geißbockheim bald normalisieren wird. Bis dahin versucht der Coach, keine Defizite entstehen zu lassen.
„Es ist eine große Herausforderung, weil wir die Dinge, die unseren Sport eigentlich ausmachen, nicht trainieren dürfen: Wie man sich im Zweikampf verhält, im Duell mit dem Gegner, damit der nicht aufs Tor schießen kann. Das Körperbetonte macht unser Spiel ja aus“, erklärt Gisdol, dessen Mannschaft in den Wochen vor der Unterbrechung eine gewisse Meisterschaft darin entwickelt hatte, der Konkurrenz die Bälle abzujagen, um in Lücken zu stoßen und schnelle Tore zu erzielen. So etwas ist in Kleingruppen auf dem Rasen nicht zu trainieren.
Theorie und Praxis
Die Theorie habe man besprochen und bearbeitet, in der Praxis wird improvisiert. „Wir versuchen, ein Training zu simulieren, das dem Spiel nahekommt. Abbremsbewegungen, Tempowechsel, auch mal ein Sprung gegen ein vermeintliches Hindernis. Aber das bildet nie exakt die Belastung des Spiels ab“, sagt der 50-Jährige. Immerhin: Die Auswertung der Daten hat ergeben, dass seine Spieler im Training am Freitagmorgen im Schnitt mehr als sechs Kilometer Laufstrecke absolviert haben. Es wird also tüchtig gearbeitet, man betreibt mehr als bloße Beschäftigungstherapie.
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Gisdol spricht dennoch von einer „unglaublichen Herausforderung“ für den Trainerstab: Er halte so viele Sitzungen ab wie nie zuvor. Jeder bringe Ideen ein, und zumindest verneint er nicht, dass in den ausstehenden Spielen jene Mannschaften den größten Erfolg haben werden, deren Trainer am besten auf die neuen Anforderungen reagiert haben – und eben nicht die Teams mit den besten Fußballern. „Wenn wir am Ende Erfolg gehabt haben, werde ich es jedenfalls gern so sagen“, beschließt Gisdol und lacht.
Es sei wahrscheinlich wichtiger als sonst, dass ein Trainerteam gut harmoniert, glaubt er. „Wir müssen das Potenzial eines jeden Mitglieds des Trainerstabs noch mehr ausschöpfen als sonst Jeder hat jetzt noch einmal mehr Verantwortung. Und wir haben das große Glück, dass wir hier sehr gute Leute in unserem Stab haben. Jede Idee ist gefragt, hier darf jeder alles reinwerfen. Selbst wenn man etwas nur streift und darüber lacht, weil es zu abenteuerlich war, ist es wichtig, dass wir jedem Gedanken nachgehen.“
Schnell – aber mit Bedacht
Sollten die Spiele tatsächlich am zweiten Mai-Wochenende wieder beginnen, bliebe wenig Vorlauf. Dann müsste das Training rasch wieder ohne Einschränkungen aufgenommen werden, ohne dass sich gleich Spieler wegen der dann ungewohnten Belastung verletzen. „Ich glaube, dass es schnell gehen wird, wenn das Go kommt. Darum versuchen wir jetzt, unsere Mannschaft athletisch so vorzubereiten, dass sie relativ problemlos in ein Mannschaftstraining einsteigen kann. Aber auch dann werden wir ein paar Tage brauchen, bis wir die Spieler wieder daran gewöhnt haben.“ Gisdol rechnet anschließend mit 14 Tagen Mannschaftstraining, bevor wieder gespielt wird. Nicht viel, aber „das haben alle, da herrscht dann Chancengleichheit“, sagt er. Innerhalb von sechs Wochen müssten neun Partien durchgeführt werden; Gisdol nennt das eine „turnierähnliche Situation“, für die es keine Erfahrungswerte gibt: „Wir müssten uns da rantasten.“
Rechnung voller Unbekannter
Weitere Gedanken über den Fortgang des Spielbetriebs verkneift sich der Trainer vorerst, er will keine Energie verschwenden. „Wir haben in meinem Büro zuletzt immer wieder Szenarien aufgemalt und drei Tage wieder weggewischt. In der jetzigen Zeit weit vorauszuschauen, das tut uns nicht gut“, sagt er.
Zu viele Unbekannte enthält die Rechnung; Gisdol kann nicht einmal sagen, wie die Gegner seiner Mannschaft auftreten werden – obwohl mitten in der Rückrunde eigentlich alle Karten längst auf dem Tisch liegen. Doch vieles wird neu sein. „Bei jeder Mannschaft wird diese Pause etwas ausgelöst haben. Es ist ein bisschen wie der erste Spieltag nach der Sommerpause, weil man nicht weiß, was man vom Gegner erwarten kann.“
Rätsel um den Spielplan
Die Kölner wissen nicht einmal, gegen wen es geht. Denn es ist nicht gesagt, dass es mit dem 27. Spieltag weitergeht. Es könnten zunächst die planmäßig angesetzten Spieltage im Mai gespielt werden. Dann spielte der FC am 9. Mai daheim gegen Eintracht Frankfurt und am 16. in Bremen, ehe bis zum 30. Juni die zuletzt ausgefallenen Begegnungen nachgeholt würden.
Immerhin kennt Gisdol die Situation einer Partie im leeren Stadion und hofft, davon profitieren zu können. „Es ist kein Nachteil, schon so ein Spiel gespielt zu haben. Aber es ist schon wieder ein Weilchen her“, sagt er über das Derby, das der FC vor fünf Wochen in Mönchengladbach 1:2 verlor. Doch trotz eines möglichen Vorteils sagt Gisdol zur Partie im leeren Nordpark mit Blick auf das Resultat: „Dürfte ich mir aussuchen, ob wir das Spiel schon hatten – ich würde es lieber wiederholen.“