Der Bundesliga-Absteiger hofft auf ein weiteres Heimspiel und darauf, dass die Partie nicht am Tag der Karnevalssitzung ausgetragen wird.
FC überwintert erstmals seit 2010 im PokalNach der Jubel-Eruption spielt ein Schalke-Fan die Kölner Losfee
Dass der 1. FC Köln mal in einem Wettbewerb überwintert, daran können sich heute nicht einmal mehr angehende Abiturienten ernsthaft erinnern. Fast 15 Jahre ist das mittlerweile her, im DFB-Pokal oder bei zwei internationalen Teilnahmen war fortan bekanntlich schon regelmäßig in der Hinrunde Schluss. Und an das dann folgende Pokal-Viertelfinale beim FC Augsburg haben die Zeitzeugen alles, nur keine guten Erinnerungen. Augsburg, damals noch Zweitligist, bezwang den Erstligisten am 10. Februar 2010 im Schneegestöber mit 2:0. Und der FC fühlte sich seinerzeit von Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer verpfiffen, der gleich drei Kölner Spieler – mit Namen Lukas Podolski, Petit und Adil Chihi – vorzeitig vom Platz stellte. Dass für das Team von Zvonimir Soldo auch noch Legionäre wie Pierre „Netto“ Womé oder Maniche, der in der Endphase seiner Karriere eher an ein äußerst mediokres Double von Mickey Rourke erinnerte, die Schuhe schnürten, macht die Erinnerung auch nicht schöner.
Doch 2025, nach dem Achtelfinal-Sieg im DFB-Pokal am Dienstag gegen Zweitliga-Konkurrent Hertha BSC (2:1 nach Verlängerung), werden die Kölner nach so vielen Jahren tatsächlich mal wieder in einem Wettbewerb überwintern. Vorab ist der Blick aller FC-Anhänger auf die Auslosung der Viertelfinal-Partien gerichtet, die sie am Sonntag ab 15.45 Uhr live im ZDF-Sportstudio verfolgen können. Gutes Omen: Als sogenannte Losfee fungiert ein herausragender Sportler, der in Köln lebt. Schlechtes Omen: Er ist bekennender Schalke-Fan. Handball-Nationalspieler und Olympia-Silbermedaillengewinner Julian Köster wird auch dem FC einen Gegner zulosen, andernfalls wäre allerdings auch etwas signifikant falsch gelaufen. Überwacht wird die Ziehung im Fußballmuseum Dortmund zudem von einem, den man im Vereinsfußball eigentlich nur mit Fortuna Düsseldorf verbindet: Peter Frymuth, DFB-Vizepräsident für Spielbetrieb und Fußballentwicklung.
1. FC Köln: Viertelfinale am Tag der Karnevalssitzung des Vereins?
Im Lostopf sind Top-Gegner wie Leverkusen, Leipzig oder Stuttgart, die dem FC sportlich längst enteilt sind. Dann die weiteren Bundesligisten Bremen, Wolfsburg und Augsburg, die gegen die Kölner zwar Favorit wären, aber gewiss auch nicht unbezwingbar sind. Erst recht, sollten die Kölner zum dritten Mal in Folge Heimrecht genießen. Und dann mischt nach dem 3:1-Überraschungserfolg gegen Freiburg noch der wackere Drittligist Bielefeld mit, der auf jeden Fall ein Heimspiel auf seiner „Alm“ haben wird.
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Was dem FC schon mal sicher ist: Für den Einzug ins Viertelfinale schüttet der DFB an jeden Klub eine Prämie in Höhe von 1,7 Millionen Euro aus. Weitere Einnahmen winken durch Tickets und mögliche TV-Einnahmen. Und sollten die Kölner, der einzige noch verbliebende Zweitligist im Wettbewerb, tatsächlich ins Halbfinale einziehen, wird es noch lukrativer: Diese vier Teilnehmer erhalten jeweils 3,35 Millionen Euro. Ausgetragen wird das Viertelfinale als Salami-Spieltag an vier Abenden: am 4. und 5. Februar 2024 sowie am 25. und 26. Februar 2025. Sollte der FC am 25. Februar antreten müssen, käme es zu einer Terminkollision: An dem Abend lädt der Klub zu seiner traditionellen Karnevalssitzung ins Maritim-Hotel ein. In der Einladung heißt es, dass der Klub gemeinsam mit seinen Gästen „all unsere Träume blühen lassen“ wolle. Getreu dem diesjährigen Sessionsmotto: „FasteLOVEnd – wenn Dräum widder blöhe“.
Vorausgegangen war am Dienstag vor allem für Dejan Ljubicic ein filmreifer Abend. Nach dem 0:1 durch Maza (12.), der Roten Karte nach einer sagenhaft dummen Tätlichkeit von Herthas Zeefuik (25.) und dem 1:1 nach einem Eigentor von Niederlechner wurde der Kölner Mittelfeldspieler zum Hauptdarsteller des Abends. Erst zum tragischen Helden, der in der 100. Minute der Verlängerung eine unglaubliche Chance zur Führung vergab, die es wohl in jeden Fußball-Jahresrückblick schaffen wird. Doch dann bewies der 27-Jährige großen Mut und Traute, sich nach diesem Fauxpas in der letzten Spielminute den Ball zum Elfmeter zu schnappen und ihn dann eiskalt zu verwandeln.
„Es gibt Spieler, die gehen nach so einer Slapstick-Aktion nicht zum Elfer. Respekt an Dejo, mit welcher Körpersprache er da auch hingegangen ist. Ich war sicher, dass er ihn reinhaut“, sagte Sport-Geschäftsführer Christian Keller. Trotz des goldenen Schusses konnte Ljubicic selbst nach Abpfiff nicht mit dem Wort „Matchwinner“ nicht viel anfangen: „Matchwinner will ich nicht sagen. Die Mannschaft hat alles gegeben und ich freue mich, dass wir weitergekommen sind. Es ist etwas ganz Besonderes, dass wir jetzt im Viertelfinale stehen. Ich hatte eine Chance, die ich machen musste. Ich schaue immer auf das Team – und das Team hat alles gegeben.“
Das bestreitet auch keiner, doch bei allem Einsatz lieferte der FC in fast 100-minütiger Überzahl einen spielerisch dürftigen Vortrag. Bisweilen agierten die Hausherren plan- und ideenlos und taten sich schwer, gegen leidenschaftlich verteidigende Berliner überhaupt zu Torchancen zu gelangen. Die folgten erst in der Schlussoffensive der Kölner, als sie gleich dreimal (Downs, Ljubicic, Hübers) an Herthas starkem Torwart Tjark Ernst scheiterten. Doch weil dann der junge Berliner Däne Gustav Christensen dem FC erneut einen Gefallen tat und im Strafraum den eingewechselten Florian Kainz ungestüm foulte, kamen die Kölner auf den letzten Drücker noch zur Großchance vom Elfmeterpunkt.
Thielmann und Co. träumen schon vorsichtig vom Finale
Ljubicic erlöste dann sich und sein Team, das nun von weiteren Festtagen träumt. „Jetzt ist alles möglich“, befand der Siegtorschütze, dem der Gegner im Viertelfinale egal sei. „Ich würde mir nur wünschen, dass wir erneut zu Hause spielen.“ Teamkollege Jan Thielmann, der rechte Außenbahnspieler, war da schon etwas forscher: „Wir wollen ins Endspiel nach Berlin.“
Das Finale im Olympiastadion wäre für den gesamten Klub ein Festtag, doch erstmal wartet auf das Struber-Team am Sonntag (13.30 Uhr) der schnöde Liga-Alltag: Die Kölner spielen beim abgeschlagenen Schlusslicht SSV Jahn Regensburg, dem langjährigen Klub von Sportchef Keller. Sie treten in Bayern allerdings mit dem Pokal-Sieg im Rücken und mit neuem Selbstvertrauen an. Seit sechs Pflichtspielen ist der FC nun ungeschlagen, fünf von ihnen gewann er. Vor wenigen Wochen noch lag die Fußballwelt am Geißbockheim sportlich in Trümmern, jetzt ist auf einmal die Zeit der Träume angebrochen. So schnell kann es manchmal im Profifußball gehen.