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Interview

Klaus Allofs
„Gemeinsam mit dem FC aufzusteigen, das wäre schön“

Lesezeit 8 Minuten
Klaus Allofs ist seit dem Jahr 2021 Vorstand bei Fortuna Düsseldorf. Der Europameister von 1980 absolvierte für Köln und Düsseldorf jeweils 220 Spiele in sechs Jahren.

Klaus Allofs ist seit dem Jahr 2021 Vorstand bei Fortuna Düsseldorf. Der Europameister von 1980 absolvierte für Köln und Düsseldorf jeweils 220 Spiele in sechs Jahren.

Klaus Allofs begann seine Karriere in Düsseldorf, wechselte dann aber zum 1. FC Köln, mit dem er den DFB-Pokal 1983 gewann. Mittlerweile ist Allofs Vorstand bei Fortuna Düsseldorf, Kölns Gegner am Samstag.

Herr Allofs, Sie haben sowohl das Trikot des 1. FC Köln als auch das von Fortuna Düsseldorf getragen. Am Samstag kommt es zum ersten Duell der beiden Vereine mit Ihnen als Sportvorstand bei Fortuna. Wie ist Ihre Gefühlslage?

Bei aller Verbindung zum FC: Ich bin Düsseldorfer, bin als kleiner Junge mit der Fahne ins Stadion gezogen. Von daher ist meine Position klar. Ich bin voller Vorfreude.

Wer ist Favorit?

Nach dem Nicht-Aufstieg stand die große Frage im Raum, wie es bei uns weitergeht. Wir haben es bisher gut hinbekommen, sind Tabellenführer, was so früh in der Saison aber noch keine große Aussagekraft hat. Jetzt treffen wir auf den FC, der als Absteiger in den ersten Spielen auf sich aufmerksam gemacht hat – zumindest, was das Spielerische angeht. Die Ergebnisse haben noch nicht so gepasst, aber das ist für mich keine Überraschung. Das Ankommen in der Zweiten Liga sollte man nicht unterschätzen. Es ist schön, dass wir jetzt aufeinandertreffen. Samstag, 13 Uhr, hört sich zwar ein bisschen komisch an. Aber es ist ein Spiel, auf das man sich freuen kann.

Welchen Wert hat das Derby angesichts des Saisonstarts sportlich?

Ich will da jetzt nicht den Druck rausnehmen. Aber der Aufstieg wird am Samstag nicht entschieden. Dennoch: Wenn wir gewinnen sollten, haben wir neun Punkte vor. Das wäre schon schön. Bei einem Unentschieden ist für uns auch noch nichts passiert. Selbst im Fall einer Niederlage wären wir noch vor dem FC. Es gibt schlechtere Ausgangspositionen!

Sie haben in der vergangenen Saison selbst das Feld von hinten aufgerollt.

Die zweite Liga ist wie ein Marathonlauf. Da gilt es, überall die Punkte einzusammeln. Vor allem dort, wo alle damit rechnen, dass man die Punkte holt. Da darf man nichts liegenlassen. Diese Konstanz reinzukriegen, ist noch wichtiger, als ein großes Spiel zu gewinnen.

Ist das Duell vom Gefühl her ein bisschen zu groß für die Zweite Liga?

Die Mannschaften sind da, wo sie hingehören. Das gilt nicht nur für den FC und uns, das gilt auch für den HSV, für Schalke, für Hannover 96, Kaiserslautern, Hertha BSC und noch einige andere. Irgendetwas haben ein paar andere Klubs, die nicht diese Tradition, besser gemacht in den vergangenen Jahren. Wir sollten uns einfach mit der Realität auseinandersetzen. Das heißt, über einen möglichst langen Zeitraum viele Dinge richtig zu machen, um sportlich nach und nach wieder bundesligareif zu werden. In der vergangenen Saison waren wir dicht dran.

Woran liegt es, dass so viele Traditionsvereine nicht mehr in der Bundesliga spielen?

Es gibt nicht den einen Grund, aber überall war man zu verschiedenen Zeitpunkten nicht auf der Höhe, hat nicht die richtigen Entscheidungen getroffen – das wird dann eben bestraft. In einigen der genannten Klubs hat es eine große Fluktuation gegeben. Bei unserer Fortuna gab es über einen längeren Zeitraum auch in der Führungsebene fast jährlich Veränderungen. Mit der Kontinuität erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass man im Sportlichen einen Plan und eine Linie verfolgt.

Fortuna wurde 2023 Vierter, vergangene Saison Dritter. Hat der Fast-Aufstieg der vergangenen Saison also die logische Folge eines Aufstiegs in dieser Saison?

Klaus Allofs in der Saison 1985/86 im Spiel des 1. FC Köln auf dem Betzenberg in Kaiserslautern

Klaus Allofs in der Saison 1985/86 im Spiel des 1. FC Köln auf dem Betzenberg in Kaiserslautern

Klar, man sagt jetzt, die logische Konsequenz ist, dass man Zweiter wird oder vielleicht sogar Erster. Wenn ich unsere Mannschaft der vergangenen Saison anschaue, dann sage ich: Tzolis war gut, Engelhardt war gut, Tanaka war gut – aber alle drei sind jetzt weg. Ich will nicht sagen, dass wir wieder bei Null anfangen. Aber wir stehen in unserem wirtschaftlichen Umfeld vor der Herausforderung Spieler, die man gut findet, nicht einfach mal so eben verpflichten zu können. Wir können keine Spieler holen, die alles richtig machen. Das kann der FC auch nicht. Wir müssen große Kompromissbereitschaft zeigen und Nischen entdecken. Deswegen gilt die Logik mit dem folgerichtigen Aufstieg nur bedingt.

Nach dramatischen Ereignissen wie dem verpatzten Relegationsrückspiel sagt man gerne: Das schweißt einen Verein zusammen, oder er zerbricht daran.

Wir haben es hinbekommen, nicht in die Opferrolle zu gehen, sondern zu sagen: Wir waren dicht dran. Wir waren nicht gut an dem Tag und jetzt lernen wir daraus. Dieses Zusammenrücken ist ein großes Plus in unserer Mannschaft. Da ist etwas gewachsen. Der Trainer spielt dabei eine große Rolle, Daniel Thioune verkörpert diesen Geist. Alles bei uns ist darauf ausgerichtet, dass wir wieder in der Bundesliga spielen können. Alles andere wäre an diesem Standort falsch.

Haben Sie noch Verbindungen nach Köln?

Zum FC eher weniger. Zu meinen Mitspielern schon noch. Zu Matthias Hönerbach, Litti, Stephan Engels. Die Mannschaft vom Pokalsieg 1983 trifft sich regelmäßig, allerdings gestaltet sich das schwierig. Die nehmen nämlich keine Rücksicht darauf, dass andere noch arbeiten müssen – und legen das Treffen dann auf einen Spieltag.

Die Datenbanken führen Sie mit jeweils 220 Pflichtspielen für Köln und Düsseldorf. Sie sind gebürtiger Düsseldorfer. Aber eben auch Legende des 1. FC Köln. Wie geht das zusammen?

Legende – das ist ja kein klar definierter Begriff. Aber es stimmt schon: Man könnte von mir verlangen, dass der FC für mich als Verantwortlichen von Fortuna Düsseldorf ein Rotes Tuch sein müsste. Aber das ist nicht so, und dazu stehe ich auch. Dennoch möchte ich jetzt mit Fortuna Düsseldorf aufsteigen. Wenn wir gemeinsam mit dem FC aufsteigen – umso schöner. Aber auf dem Weg dorthin wäre es gut, wenn wir den FC schlagen könnten. Und das am besten zweimal. So habe ich es auch gehalten, als ich beim FC gespielt habe: Da war das Schönste für mich, in Düsseldorf zu gewinnen. Einige können das nicht verstehen. Ich finde es logisch.

Klaus Allofs im August 1987 im Trikot von Olympique Marseille

Klaus Allofs im August 1987 im Trikot von Olympique Marseille

Sie haben entscheidende Momente Ihrer Karriere in Köln erlebt.

Ja, die FC-Zeit war richtungsweisend. Der Wechsel damals war nicht geplant. Vom FC schon, weil Hannes Löhr sich sehr um mich bemüht hat. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Fortuna mich verkaufen würde. Aber der FC hat tief in die Tasche gegriffen. Es war eine tolle Zeit, auf die ich gern zurückschaue.

Sie sagen, dass Köln kein Rotes Tuch für Sie ist. Umgekehrt sind Sie ja auch in Köln weiter beliebt.

Das will ich doch hoffen! Scherzhaft habe ich mal gesagt, dass ich mich als Botschafter sehe. Mal ganz ehrlich: Die Rivalität zwischen den Städten, das ist Folklore, und ich finde es auch gut, dass man sich neckt. Die sportliche Rivalität, wenn man besser sein will als der andere, und wenn man den noch in der Nachbarschaft hat, die treibt uns an. Aber das darf nie dazu führen, dass man Fairplay außen vor lässt. Oder dass man sich im schlimmsten Fall noch die Köpfe einschlägt. Das ist auch ein Appell, mein Wunsch für Samstag. Freuen wir uns über die sportliche Rivalität, auf zwei tolle Mannschaften und zwei Klubs, die tolle Fans haben. Wenn das im positiven Sinne ausgetragen wird, gibt es nichts Schöneres.

Sie haben mit beiden Mannschaften den jeweils letzten Titel der Klubgeschichte geholt. Ist Ihnen das bewusst?

Beim FC war mir das bewusst. Bei Fortuna Düsseldorf ist es naheliegend (lacht).

Daran anschließend: War Ihnen 1983 bewusst, dass beim 1. FC Köln nichts mehr hinzukommen würde?

Nein. Und es ist eigentlich auch nicht zu erklären. Wenn ich mir die Mannschaft anschaue, die wir damals zusammen hatten, hätte da mehr rauskommen müssen. Mit der Unterstützung und dem Stadion, das der FC jetzt hat, wäre das vielleicht auch so gewesen. Wer die Zeiten im alten Stadion kennt, der weiß, dass das schon ein bisschen schwierig war. Die Stimmung heute macht etwas aus. Ich glaube, man hätte mehr schaffen können. Wir waren Vizemeister, waren im Uefa-Cup-Endspiel gegen Real Madrid. Betrug übrigens, um es noch mal gesagt zu haben, dass wir das Rückspiel in Berlin spielen mussten. Vor 16.000 Zuschauern! Aber nein: Es war nicht abzusehen, dass ich jeweils Mitwirkender der letzten Titelgewinne beider Klubs sein würde.

Klaus Allofs (li.) führt den 1. FC Köln am 6. Mai 1986 als Kapitän ins Berliner Olympiastadion, wo die Kölner das Final-Rückspiel im Uefa-Pokal gegen Real Madrid austrugen.

Klaus Allofs (li.) führt den 1. FC Köln am 6. Mai 1986 als Kapitän ins Berliner Olympiastadion, wo die Kölner das Final-Rückspiel im Uefa-Pokal gegen Real Madrid austrugen.

Nach Ihrem Abschied hatte der FC zwar eine erfolgreiche Zeit. Doch für Titel reichte es knapp nicht. Womöglich wären Sie der entscheidende Faktor gewesen.

Das mag sein. Aber mein Wechsel nach Marseille hat sich dann als goldrichtig erwiesen. Es war der nächste Schritt für mich.

Dennoch haben Sie später noch die Zeit gefunden, 1991 das Pokalfinale mit Werder Bremen gegen Köln zu gewinnen.

Ja, dafür bin ich dann wieder zurück nach Deutschland gekommen (lacht).

Der FC hat sich nach erfolgreichen Jahren von Steffen Baumgart getrennt und ist abgestiegen. Wie nehmen Sie den Nachbarn wahr, wenn Sie mal einen Blick wagen?

Insbesondere im Vorfeld unseres Spiels gebe ich da ungern gute Ratschläge oder bewerte das. Manches versteht man, manches versteht man nicht. Beim FC ist eine gewisse Unruhe immer mit eingepreist. Es gibt eine außergewöhnliche Begeisterung, deren Folge aber eben auch oft außergewöhnliche Enttäuschung sein kann. Die führt dann auch zu personellen Veränderungen an den wichtigen Positionen.

Muss der Standort Köln nicht dennoch Bundesliga spielen, ohne Diskussion?

Ich bin damals zum FC gekommen, da war das der Vorzeige-Klub. Das Geißbockheim war State of the Art. Aber heutzutage kann man sich dort nicht mehr so weiterentwickeln, wie man das gern möchte. Da ist aus dem Vorteil womöglich ein Nachteil geworden.

Kann schon sein, dass auch Ihr Duschgel noch dort steht.

Es ist anderswo leichter, zu wachsen. Dennoch: Diese Begeisterung, die ist einfach außergewöhnlich. Das ist ja auch das, was wir hier hinbekommen wollen. Es ist schon gut für uns, wenn wir gegen Hannover 35.000 Zuschauer haben. Aber in Köln wären es sehr wahrscheinlich 50.000 gewesen. Aber wir sind in Düsseldorf auf dem Weg, und ich glaube, wir werden hier mehr und mehr auch zu einem guten Standort.