Der 1. FC Köln bleibt auch das dritte Zweitliga-Spiel in Folge sieglos. Gegen den Karlsruher SC verspielt die Struber-Elf zwei Führungen.
Analyse nach KSC-Spiel„Geben es aus der Hand“: 1. FC Köln zeigt keinen Lerneffekt
Ein Beweis war am Sonntagnachmittag mit dem Schlusspfiff erbracht: Die Kölner pilgern nicht allein deshalb nach Müngersdorf, um ein Spektakel zu erleben und zur Kölner Torhymne zu schunkeln. Sie wollen Siege, und solche bleibt ihnen der 1. FC Köln derzeit schuldig. Entsprechend drastisch fiel das Pfeifkonzert am Ende eines bemerkenswerten Spiels aus. Das 4:4 (4:2) gegen den Karlsruher SC war der dritte sieglose Zweitliga-Auftritt in Folge. „Für den neutralen Zuschauer war es ein atemberaubendes Spiel. Für uns aber verlorene Punkte, da gibt es ein bisschen was aufzuarbeiten“, kommentierte Leart Pacarada.
Dem Kölner Linksverteidiger war die historische Leistung geglückt, vier Tore in einer Halbzeit vorbereitet und doch nicht gewonnen zu haben. „Ich hätte gedacht, dass sich vier Assists besser anfühlen“, sagte er.
1. FC Köln: 3:0-Führung gegen den Karlsruher SC reicht nicht
Das Spiel war zehn Minuten später angepfiffen worden, weil die Karlsruher auf der Aachener Straße im Stau stecken geblieben waren und sich dafür entschieden hatten, die letzten Meter zu Fuß zurückzulegen.
Die Gäste hatten auf dem Platz ebenfalls etwas länger gebraucht, um im Spiel anzukommen. Nach einer Viertelstunde hatte Köln 3:0 geführt. Luca Waldschmidt (3.) und zweimal Damion Downs (7., 15.) hatten die Debatte um mangelnde Kölner Effizienz im Angriffsspiel zu einem vorläufigen Ende gebracht. Doch als das eine Problem gelöst schien, war es durch ein anderes ersetzt worden – und zwar durch eines, das ebenfalls nicht ganz neu ist: Die Unfähigkeit, sich zu verteidigen.
Marvin Wanitzek führte den KSC mit Treffern in der 17. und 29. Minute wieder heran. Es war ein wilder Spielverlauf, doch Tim Lemperle schien dem Kölner Auftritt in der Nachspielzeit der ersten Hälfte zu einer gewissen Stabilität zu verhelfen, als er das 4:2 erzielte. Nun würden die Kölner in der Halbzeitpause zu sich finden und womöglich einen zurechnungsfähigen zweiten Durchgang liefern.
Nach dem Ausgleich brach das Kölner Angriffsspiel endgültig zusammen
Doch es kam anders: Nach 51 Minuten köpfte Leon Jensen eine Ecke ins Kölner Tor. Drei Minuten später legte Wanitzek den Ausgleich nach, und als der Kapitän nach seinem dritten Tor des Tages jubelnd zum Karlsruher Fanblock abdrehte, als sei die Partie damit entschieden, wollte man ihm beinahe zurufen, dass es das nach den Erfahrungen der ersten Stunde kaum gewesen sein konnte.
Doch Wanitzek hatte ein gutes Gespür: Nach dem Ausgleich brach das Kölner Angriffsspiel endgültig zusammen. Bis zur 75. Minute hatte FC-Trainer Gerhard Struber zudem alle seine Torschützen ausgewechselt und zwar Steffen Tigges sowie die Nachwuchsleute Jaka Potocnik und Marvin Obuz gebracht. Doch echte Chancen hatte Köln nicht mehr. Timo Hübers musste anschließend erneut beschreiben, was nicht funktioniert hatte. „Es ist echt der Wurm drin. Wir haben alles im Griff, sind die bessere Mannschaft. Und geben es aus der Hand.“
Jede Gelegenheit des Gegners wurde zur Großchance
Kölns Kapitän lag allerdings nicht ganz richtig. Trotz des Zwischenstandes von 3:0 war der FC auch in der Startphase nur bedingt die bessere Mannschaft gewesen: Mehr als 60 Prozent Ballbesitz verzeichneten die Karlsruher bis dahin bei 6:5-Torschüssen, 2:0-Eckbällen und einer deutlich besseren Passquote. Jede Gelegenheit des Gegners wurde zur Großchance. „Es bleibt wenig Positives. Wir schließen nicht, nehmen die Zweikämpfe nicht an. Ich bin absolut nicht zufrieden“, sagte Struber.
Dabei hatte der FC seine Fans mit drei großartigen Toren verzückt. In der dritten Minute hatte Pacarada nach einem Karlsruher Einwurf den Ball gewonnen und Luca Waldschmidt bedient, der nach zuletzt wenig überzeugenden Auftritten Karlsruhes Keeper Max Weiß mit einem Gewaltschuss aus spitzem Winkel überwunden hatte. Vor dem 2:0 spielte Pacarada einen Diagonalball auf Downs, der den Ball mit rechts perfekt annahm, um mit links zu erhöhen. Auch das 3:0 bereitete Pacarada vor, als er eine sehr einfache Passmöglichkeit auf Downs nutzte und der Kölner Mittelstürmer viel Zeit und Raum hatte, um wie im Training ins lange Eck zu schlenzen.
Zwei Tore Vorsprung zur Halbzeit hätten genügen müssen
In der 19. Minute überlief Sebastian Jung die linke Kölner Abwehrseite mit Pacarada, dessen Spielweise am Sonntag Torbeteiligungen auf beiden Seiten zur Folge hatte. Wanitzek jagte den Ball unter die Latte. In der 27. Minute kam wieder ein Ball von links vor das Kölner Tor, wieder stand Wanitzek frei, Anschluss. Kurz vor der Pause schoss Schleusener noch an die Latte, dann aber traf Tim Lemperle nach Pacaradas Flanke flach ins lange Eck.
Zwei Tore Vorsprung zur Halbzeit hätten genügen müssen, doch Köln blieb außer Kontrolle. Wanitzek legte Jensens erneuten Anschluss (52.) auf, drei Minuten später traf er selbst zum Ausgleich. Anschließend ersetzte Struber den desolaten Thielmann durch Rasmus Carstensen, der ebenfalls enttäuschte. „Wir haben es trotz des 3:0 und des 4:2 nie geschafft, Kontrolle und Dominanz zu entwickeln“, sagte Struber: „Wir waren diesmal effizient im Toreschießen. Aber wir waren nicht gut abgestimmt, viel zu passiv. Wenn man vier Tore kriegt, kann man in keinster Weise happy sein.“
1. FC Köln: Urbig - Thielmann (56. Carstensen), Hübers, Pauli, Pacarada - Martel, Huseinbasic, Lemperle (75. Tigges), Maina - Waldschmidt (75. Potocnik), Downs (63. Obuz); Karlsruhe: Weiß - Jung, Kobald, Beifus, La. Günther (71. Herold) - Rapp, Jensen (86. Heußer), Burnic, Wanitzek - Siwsiwadse (79. Luca Pfeiffer), Schleusener (86. Hunziker); Schiedsr.: Brand (Gerolzhofen); Zusch.: 50.000 (ausv.); Tore: 1:0 Waldschmidt (3.), 2:0 Downs (7.), 3:0 Downs (15.), 3:1 Wanitzek (19.), 3:2 Wanitzek (27.), 4:2 Lemperle (45.+2), 4:3 Jensen (52.), 4:4 Wanitzek (55.).