- Der Manager steht vor einer Herkulesaufgabe: Er muss den Kader reduzieren und danach verstärken. Geld dafür hat er nicht wirklich.
- Der 50-Jährige erklärt, auf was sich der FC in der neuen Saison einstellen muss und warum der Verein mit Trainer Markus Gisdol gleich bis 2023 verlängert.
- Heldt sagt aber auch, warum er durchaus zuversichtlich in die Zukunft blickt.
Herr Heldt, haben Sie Ende Juli schon einmal einen derart ruhigen Transfermarkt erlebt?Weder als Spieler noch als Manager. Es gibt zwar immer eine ruhigere Phase direkt nach der Saison. Doch jetzt haben wir ein verändertes Transferfenster, das erst am 5. Oktober schließt. Dann spielen viele Ligen noch. Und viele Klubs wollen sich die Juli-Gehälter sparen. Die große Frage in diesem Jahr ist, ob die Phase, in der etliche Wechsel über die Bühne gehen, für viele Vereine überhaupt anläuft. In der absoluten Spitze finden nach wie vor große Transfers statt, doch bei allen anderen Klubs ist alles anders.
Sie sagten, dass der FC viele Personalentscheidungen bis zum Trainingsstart am 5. August geklärt haben will. Liegen Sie im Zeitplan?
Ich selbst setze mir immer ambitionierte Ziele. Es ist ein Unterschied, ob wir mit 36 oder 26, 27 Spielern starten. Die deutliche Verkleinerung des Kaders bis zum Trainingsauftakt bleibt das Ziel, auch wenn wir nicht garantieren können, ob wir das bis dahin schaffen. Wir kennen unsere Rolle in diesem Markt. Wir sind nicht der Treiber, sondern müssen erst einmal mehr reagieren als agieren. Wir haben nur bedingten Einfluss. Das teilen wir aber mit vielen Vereinen.
Die wichtigste sportliche Personalie haben Sie aber schon entschieden. Der FC wird den bis 2021 laufenden Vertrag mit Trainer Markus Gisdol bis 2023 verlängern. Warum machen Sie das jetzt?
Die einfache Antwort ist: Wir sind absolut überzeugt von dieser Entscheidung. Und wir nehmen uns das Recht heraus, dies am besten bewerten zu können, weil wir die Arbeit von Markus täglich erleben. Natürlich fließt in diese Bewertung auch die Phase nach der Corona-Pause mit ein, das ändert aber nichts an unserer Überzeugung. Wir alle im Verein haben in den vergangenen Wochen und Monaten registriert, dass Markus sehr vieles von dem liefert, was uns für die kommenden Jahre wichtig ist. Er hat nicht nur bewiesen, dass er eine Mannschaft aus dem Schlamassel befreien kann, sondern auch seine Führungsstärke hat uns beeindruckt. Er ist ein echter Teamplayer, der aber auch keine Angst vor schwierigen Entscheidungen hat. Markus setzt konsequent darauf, mit jungen Menschen zu arbeiten und sie in die Mannschaft einzubauen. Das ist uns alles wichtig.
Und warum bis 2023?
Vorstand, Geschäftsführung und der Gemeinsame Ausschuss wollen Kontinuität im Verein. Man muss sich fragen, warum der FC in den vergangen 20, 25 Jahren sechsmal abgestiegen ist und was andere Klubs da vielleicht besser gemacht haben: Kontinuität auf den Schlüsselpositionen ist eine gute Basis, um zu wachsen. Sie ist ein Baustein für den Erfolg.
Den hatte Gisdol mit zehn sieglosen Spielen zuletzt eher weniger.
Trainer werden auch anhand von Ergebnissen bewertet, klar. Aber dieser Faktor alleine ist nicht entscheidend, schon gar nicht für eine mittel- und langfristige Planung. Da spielen viele Faktoren eine Rolle – auch die Rahmenbedingungen eines Vereins. Sie zu akzeptieren, gehört auch dazu. Wir gehen mit unserem Weg kein finanzielles Wagnis ein.
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Für die abgelaufene Saison bezifferte der FC den Etat auf rund 50 Millionen Euro. Diesen wollen Sie ungefähr halten. Weil Sie aufgrund der üppigen Verträge aus der Vergangenheit auch keine andere Wahl haben?
Wir sind ja nicht bei Wünsch-dir-was. Wir haben eine Verantwortung. Natürlich wäre es großartig, einen 20-Millionen-Etat zu haben und um die Meisterschaft zu spielen. Aber das ist vollkommen unrealistisch. Die Etats der Vereine lassen sich nur schwierig vergleichen, da sie unterschiedlich aufgebaut sind. Es gibt Klubs, bei deren Personalkosten sind neben den Lizenzspielern auch das Trainerteam und der Stab inkludiert. Dann gibt es Vereine, die das anders handhaben. Trotzdem stehen wir im Wettbewerb. Und je mehr man für einen Etat zur Verfügung hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man wettbewerbsfähig ist und seine Ziele erreicht. In der letzten Saison hatten ein paar Klubs vergleichbare Möglichkeiten, wenige Vereine geringere. Dennoch sind wir Aufsteiger. Im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten haben wir das abgeliefert, was der Verein sich vorgenommen hatte: Wir sind in der Liga geblieben.
Nahezu alle Spielerverträge wurden vor Ihrem Amtsantritt abgeschlossen. Haben Sie das Gefühl, dass sie da etwas ausbaden müssen?
Nein, das Gefühl habe ich nicht. Denn ich weiß aus eigener Erfahrung: Die Entscheidungen, die damals getroffen wurden, waren keine Entscheidungen von einer oder zwei Personen, sondern sie wurden von den Verantwortlichen und den Gremien gemeinsam getroffen. Und zwar aus tiefster Überzeugung, um den Verein besser aufzustellen. Erst im Laufe der Zeit zeigt sich manchmal, ob sie nicht gut oder falsch waren. Aber ich maße mir nicht an, dass im Nachhinein zu kritisieren und mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Aber dennoch bleibt es für Sie eine Herkulesaufgabe, diesen Kader zu verkleinern und dann noch zu verstärken. Läuft es darauf hinaus, dass Sie am Ende Spieler mit gültigen Verträgen abfinden oder nach einem Wechsel Teile Ihres Gehalts weiterzahlen müssen?
Wir haben bisher für drei Spieler Lösungen gefunden. Man muss kreativ und auch bereit sein, Kompromisse einzugehen, damit ein Transfer zustande kommt. Unser Saisonziel ist der Klassenerhalt. Und dafür brauchen wir Qualität im Kader. Und was hindert zum Beispiel Qualität? Ein zu großes Team. Wir brauchen eine gute Kadergröße und müssen erst einmal vom Budget runter, um uns dann gezielt zu verstärken. Wir haben nach unserer Saisonanalyse eine klare Idee davon, was wir machen wollen. Aber wir brauchen Geduld und Geld.
Wissen alle Spieler über Ihre Zukunft Bescheid?
Entweder sind sie schon informiert oder wir sind im Austausch mit deren Management. Es gibt aber auch noch ein paar Personalien und Fragen, die sich einfach noch nicht beantworten lassen.
Was machen Sie mit Spielern, die vielleicht keine Chance mehr haben, aber gar nicht gehen wollen und auf ihren Vertrag pochen?
Reden, arbeiten und nach Lösungen suchen, die für alle Beteiligten die besten sein könnten. Ich versuche zuerst, mich in die Lage des Spielers hinzuversetzen. Im Fußball ist die Zeit begrenzt, da gibt man ungerne Sicherheiten auf. Das verstehe ich nur zu gut. Aber am Ende sind das alles Sportler, die ihren Beruf lieben, und die nicht glücklich sind, wenn sie keine große oder gar keine Rolle mehr spielen. Der Blick auf das Konto alleine macht nicht dauerhaft glücklich.
Wird sich der FC auf eine noch schwierigere Saison einstellen müssen?
Es wird nicht einfach, weil die Schere zwischen den Klubs in der Pandemie noch weiter auseinandergeht. Das ist nicht von Vorteil für uns. Die Aufsteiger Stuttgart und Bielefeld sind zudem stärker als die aus der letzten Saison. Und Bremen wird alles tun, um nicht in dasselbe Fahrwasser zu kommen wie im letzten Jahr. Die Liga wird meiner Meinung nach stärker.
Muss man sich da um den FC große Sorgen machen – sportlich wie finanziell?
Wir sind gut aufgestellt und arbeiten daran, unsere Ideen umzusetzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unsere sportlichen Ziele erreichen werden. Aber das schaffen wir nur als echte Einheit. Corona konnte niemand erahnen, geschweige denn sich darauf vorbereiten. Aber wenn sich der Verein in den letzten Jahren nicht eine derartige finanzielle Basis geschaffen hätte, dann hätten wir sicher ein ernsthaftes Problem.
Sie meinen das Eigenkapital von 38 Millionen Euro.
Ja. Es hilft uns jetzt durch die schwere Krise. Aber es wird nicht reichen, um in einer dauerhaft vorhandenen Krise agieren zu können. Wir müssen neue Wege und Lösungen finden, um den FC auf Jahre in der Bundesliga zu etablieren. Wir wollen kein Fahrstuhl-Klub mehr sein. Ein Weg ist, weiter gut auszubilden und unsere Talente noch mehr einzubauen. Kontinuität, Ruhe, Gelassenheit und Demut sind aber ebenfalls gefragt. Der 1. FC Köln hat viele Trümpfe, die er noch besser nutzen kann.
Das Gespräch führte Lars Werner