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Offensivtalent vor Wechsel nach Stuttgart1. FC Köln verliert den Kampf um Justin Diehl

Lesezeit 6 Minuten
Justin Diehl spielt seit seiner Kindheit für den 1. FC Köln, doch seinen Durchbruch im Profifußball will er beim VfB Stuttgart schaffen.

Justin Diehl spielt seit seiner Kindheit für den 1. FC Köln, doch seinen Durchbruch im Profifußball will er beim VfB Stuttgart schaffen.

Seit Januar ist Diehl zwar wieder in den Trainings- und Spielbetrieb der FC-Profis eingebunden, dennoch hat er sich gegen eine Vertragsverlängerung in Köln entschieden.

Dass der 1. FC Köln zwei Tage vor dem Duell mit RB Leipzig am Freitag (20.30 Uhr/Dazn) vor allem über einen Spieler diskutierte, der momentan verletzt fehlt, mutete zunächst seltsam an. Doch begleitet die Debatte um Justin Diehl den Verein schon seit einiger Zeit. Und am Mittwoch äußerte sich der Verein von offizieller Seite zu den Berichten über den bevorstehenden Abschied des Spielers zum VfB Stuttgart. „Wir haben alles investiert, um ihn davon zu überzeugen, dass der FC der richtige Verein für ihn ist, um die nächsten Schritte im Profifußball zu tun“, sagte Thomas Kessler, Leiter Lizenz beim 1. FC Köln: „Leider haben unsere Gespräche mit ihm bis zum heutigen Tag nicht zu einer Einigung geführt. Dann ist es völlig klar, dass er sich mit anderen Klubs unterhält, wenn sein Vertrag ausläuft.“

Diehl gilt als eines der größten Offensivtalente seines Jahrgangs. Am Dienstagabend gab es neue Berichte, nach denen Diehl sich dem VfB Stuttgart anschließen wird, der in diesen Tagen aussichtsreich darum kämpft, in der nächsten Saison ein Champions-League-Teilnehmer zu sein. Derartige sportliche Perspektiven kann Köln dem Spieler nicht bieten. „Am Ende ist es Justins Entscheidung. Unsere Tür steht immer offen für ihn. Wir haben alles getan, unheimlich viele Gespräche geführt. Wir würden es sehr bedauern, wenn er uns verlässt. Aber am Ende ist es eine Entscheidung des Spielers und seiner Interessensvertreter“, sagte Kessler.

Wir haben alles investiert, um ihn davon zu überzeugen, dass der FC der richtige Verein für ihn ist, um die nächsten Schritte im Profifußball zu tun
Thomas Kessler, Leiter Lizenz beim 1. FC Köln

Weil Diehls Vertrag in diesem Sommer endet, dürfen andere Vereine seit Jahresbeginn auch offiziell Gespräche mit dem 19-Jährigen aufnehmen, was auch nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schon im Januar passierte. Und nicht nur das: Auch die sportmedizinische Untersuchung, die in der Regel erst erfolgt, wenn über die Vertragsmodalitäten soweit Einigkeit besteht, soll Diehl schon absolviert haben. „Ob der Medizincheck wirklich passiert ist, müssen Sie Justins Interessensvertreter fragen. Ob das der richtige Weg ist, dass wir heute hier sitzen und es nicht wissen, müssten Sie ebenfalls mit Justins Interessensvertretern besprechen“, sagte Kessler trocken, um seine Worte gleich einzufangen. Offenbar ist dem 38-Jährigen daran gelegen, Diehls Abschied nicht zynisch zu begegnen. „Er ist ein guter Junge, der hier einen guten Weg gemacht hat. Den wir über viele Jahre begleitet haben und der uns schon weitergeholfen hat und uns hoffentlich auch in Zukunft noch weiterhelfen wird.“

Diehl hatte seinen Vertrag in Köln nicht verlängern wollen und war daher im vergangenen Jahr zur Regionalliga-Mannschaft degradiert worden. Der Junioren-Nationalspieler, der als Achtjähriger zum FC kam, sollte offenbar durch diese Maßnahme dazu gedrängt werden, ein langfristiges Bekenntnis für den Klub abzugeben. Doch Diehl und seine Berater blieben bei ihrem Plan – offenbar, weil sie längst Aussichten auf eine sportlich wie finanziell deutlich vorteilhaftere Zukunft hatten. „Was in der Hinrunde passiert ist, kann man interpretieren, wie man will“, sagte Kessler. „Ich persönlich war der Meinung, dass es Justin guttut, in der Regionalliga zu spielen. Er hat sich dort ein halbes Jahr freischwimmen und sich ein bisschen abseits des Geschehens auf den Fußball konzentrieren können“, beschrieb Kessler.

Justin Diehl gegen die Stuttgarter Atakan Karazor und Josha Vagnoman, die bald seine Kollegen sein könnten.

Justin Diehl gegen die Stuttgarter Atakan Karazor und Josha Vagnoman, die bald seine Kollegen sein könnten.

Diehl hatte im Januar 2023 sein Bundesligadebüt gegeben, ohne zuvor ein Spiel im Erwachsenenfußball absolviert zu haben. Zu Beginn dieser Saison hatten die Kölner den Offensivmann dann zur Regionalliga-Mannschaft beordert, was auf den ersten Blick einen Rückschritt bedeutete für einen Nachwuchs-Nationalspieler, der bereits 15 Minuten Bundesliga gespielt hatte. Doch ist Justin Diehl auch körperlich keiner, der den Sprung aus der U19 in den Seniorenbereich nebenbei erledigt. Das Portal „transfermarkt.de“ gibt den 1,74 Meter großen Spieler mit 55 Kilo an, und viel schwerer dürfte Diehl tatsächlich kaum sein. In seinen ersten Spielen für die FC-Profis war dann auch zu sehen, dass er zwar technisch das Zeug zum Profi hat. Körperlich jedoch noch weit davon entfernt ist, sich gegen einen Bundesliga-Verteidiger im direkten Duell durchzusetzen.

Immerhin konnte er in der Regionalliga beweisen, dass er kein labiler Charakter ist. Das zeigen jedenfalls seine zwölf Treffer und neun Vorlagen in 19 Saisonspielen. Und seine Auftritte, als er dann bei den Profis spielen durfte und zwar bislang ohne Tor und Vorlage blieb. Aber jeweils seinen absoluten Willen bewies, das Spiel zu entscheiden. Was es körperlich braucht, um auf höchstem Niveau zu bestehen, wird

Im Januar hatte FC-Geschäftsführer Christian Keller mehrfach erklärt, Gespräche mit Diehl und dessen Umfeld geführt und Differenzen ausgeräumt zu haben. „Es geht um eine sportliche Entscheidung und nicht um eine Vertrags- oder Transferentscheidung“, sagte Keller damals. Man habe auch ohne Vertragsverlängerung die Zeit genutzt, „um alles mal zu hinterfragen. Wir haben den Austausch mit ihm, seiner Familie und seinem Umfeld gesucht und ein paar Sachen ausgeräumt.“ Dabei habe der FC mit Diehl „ein paar Themen besprochen und es steht nichts im Wege, dass er hier mittrainiert.“

Zum Jahreswechsel, der in Köln mit dem Trainerwechsel von Steffen Baumgart zu Timo Schultz einherging, hatte sich Diehls Lage zunächst geändert. Baumgart hatte zuvor erklärt, er sei nicht bereit, den Teenager zu einem Bundesligaspieler auszubilden, wenn der sich nicht an den Klub binden wolle.

Schultz plant Diehl weiter ein

Schultz hatte die Dinge mit Diehl sofort geklärt. „Ich habe gleich am Anfang mit ihm besprochen, dass es für mich überhaupt keine Rolle spielt, was im Hintergrund für Vertragsgespräche laufen. Ich bin hier der Fußballtrainer und entscheide, was auf dem Platz passiert“, erklärte der Trainer am Mittwoch und kündigte für den Rest der Saison an: „Sobald Justin wieder fit ist, wird er ins Training integriert. Und wenn er sich da gut präsentiert, spielt er auch. Er ist ein toller Junge, der seine Themen kennt. Der fleißig ist, motiviert zu jedem Training kommt. Dementsprechend planen wir ihn fest ein.“

Kessler war auf die Debatte vorbereitet, er hatte die Zeitungen gelesen und Fragen zu Diehl erwartet. Entsprechend souverän äußerte er sich, obgleich ihm die persönliche Betroffenheit anzumerken war. „Justin war eines der ersten Gespräche, die ich im Amt geführt habe. Wir haben alles dafür getan, damit er bleibt. Aber das ist keine Einbahnstraße. Es gehören zwei Seiten dazu. Wenn es am Ende nicht geklappt haben sollte, ist das für uns sehr schade. Aber so ist das Geschäft. Es ist besonders schmerzhaft, wenn der Spieler uns ablösefrei verlässt. Wir haben versucht, ihn zu überzeugen, dass er mit uns die nächsten Schritte im Profifußball machen kann. Wenn er das anders sieht, müssen wir das akzeptieren.“