Laut übereinstimmenden Medienberichten kam es innerhalb des DFB-Teams nach dem FIFA-Verbot der „One Love“-Binde zu einigen Diskussionen.
MedienberichteWaren die DFB-Spieler durch die „One Love“-Debatte „belastet“ und „genervt“?
Haben sich die deutschen Nationalspieler durch die Debatte um die „One Love“-Binde im Vorfeld der Gruppenspiele bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar „instrumentalisiert“ gefühlt? Darauf deuten nun teilweise übereinstimmende Medienberichte hin. So berichtet die ARD, die DFB-Spieler habe das Thema „belastet“ und „genervt“.
Bei einer internen Sondersitzung von sieben Führungsspielern, von der „Sport1“ zuvor berichtet hatte, sollen laut dem Sportsender lediglich Manuel Neuer und Leon Goretzka sich für eine Aktion vor dem Japan-Spiel starkgemacht und ihre Kollegen davon überzeugt haben. Der DFB ließ die Berichte bisher unkommentiert.
Diskussionen über Ersatz für „One Love“-Binde beim DFB-Team
Unter den Spielern soll es demnach sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang des Auftaktspiels, das das DFB-Team schließlich mit 2:1 gegen Japan verlor, zu intensiven Diskussionen um die „One Love“-Binde und ein alternatives Zeichen gegen Diskriminierung gekommen sein.
Zuvor war der DFB, der zusammen mit anderen europäischen Verbänden geplant hatte, die „One Love“-Binde bei der WM in Katar als politisches Zeichen zu tragen, von dem Verbot der Kapitänsbinde durch die FIFA überrascht worden.
Der Fußball-Weltverband drohte mit Strafen, sollte die eigenes für das Turnier entworfene Kapitänsbinde zum Einsatz kommen. Nach dem Verbot habe man beim DFB-Tross deshalb „hektisch“ über eine Alternative nachgedacht, heißt es bei der ARD.
Beratung durch Werbeagentur? Brinkert dementiert Beteiligung an DFB-Entscheidung
Demnach sei spontan eine vom DFB bezahlte Werbeagentur und ihr Geschäftsführer Raphael Brinkert, der Nationalspieler Goretzka und auch die SPD um Bundeskanzler Olaf Scholz berät, zu Beratungen hinzugezogen worden. Dann seien der Mannschaft Vorschläge für alternative Zeichen unterbreitet worden.
ARD-Informationen zufolge lehnte ein Großteil der Mannschaft es demnach ab, ein „Herz-Symbol“ mit den Fingern zu formen, offenbar auch, weil es als Affront gegen Muslime gewertet werden könnte. Laut „Sport1“ hatte Brinkert zuvor dem DFB das Herz-Symbol als Alternative zur „One Love“-Binde empfohlen.
Am Montag verbreitete der Journalist Robin Alexander dann jedoch ein Dementi Brinkerts via Twitter. „Mit der Mund-Zu-Geste und deren Entscheidungsfindung im Team haben wir als Agentur und ich als Person genauso wenig zu tun, wie mit der europäischen Gemeinschaftsidee der One-Love-Binde“, sagte Brinkert demnach im Gespräch mit „Welt“.
Schließlich einigten sich die Spieler den Berichten zufolge auf die „Mund zu“-Geste als Protest gegen das FIFA-Verbot der „One Love“-Binde. Laut „Sport1“ soll jedoch einer der sieben beteiligten Spieler die Sitzung vorzeitig verlassen und mitgeteilt haben, er habe „keinen Bock“ sich mit politischen Themen zu befassen.
Debatte um „One Love“-Binde und „Mund zu“-Geste: „Wir haben uns verrannt“
Nach der Niederlage gegen Japan sei es dann der laut ARD-Informationen zu einer Aussprache innerhalb der Mannschaft gekommen. Dort habe man sich darauf geeinigt, sich fortan nur noch auf Fußball zu konzentrieren.
Die „Mund zu“-Geste vor der Partie gegen Japan ist unterdessen auch an anderer Stelle in die Kritik gerückt. „Wir haben uns verrannt“, befand der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger am Sonntag im Gespräch mit der ARD. „Wir haben zu sehr gedacht, dass wir die Bühne nutzen müssen, um vielleicht Menschen eine Stimme zu geben, die keine Stimme haben.“ Nun müsse man erkennen, dass man „kein Druckmittel“ habe.
Auch der ehemalige Fußballtrainer und jetziger FIFA-Funktionär Arsene Wenger zeigte Unverständnis für den DFB. Bisher würde im Turnier die Mannschaften überzeugen, „die mental bereit waren und sich sofort auf den Fußball konzentriert haben statt auf politische Demonstrationen.“
Nach der Niederlage gegen Japan folgten für das DFB-Team ein 1:1-Remis gegen Spanien und ein 4:2-Sieg gegen Costa Rica. Für das Weiterkommen reichten diese Ergebnisse jedoch nicht. (das)