Köln – Die Nacht ist kurz gewesen für Maodo Lô. Erst gegen vier Uhr morgens fand der Aufbauspieler der deutschen Basketball-Nationalmannschaft nach dem 76:63 (38:31) am Donnerstagabend gegen Frankreich laut eigenen Angaben zur Ruhe. Es gab nach dem starken Auftaktmatch bei der Europameisterschaft viel zu verarbeiten und die Gedanken, die dem Schlaflosen im Kopf herumschwirrten, waren vorwiegend positiv. Den Mangel an Erholung hat aber auch der Glücksschub kaum kompensieren können. „Einige schaffen es, nach Spielen früh einzuschlafen, ich gehöre leider nicht dazu“, erklärte der Berliner am Freitag. „Aber es ist immer ein guter Grund, von Euphorie wachgehalten zu werden.“
Auch mit dem Abstand einiger Stunden kehrte regelmäßig ein Lächeln auf das Gesicht des 29-Jährigen zurück, als er im Mannschaftshotel über den Coup gegen den Olympiazweiten in der ausverkauften Lanxess-Arena sprach. „Es war schon sehr imposant, vor so einem tollen Publikum zu spielen. Es war ein cooler Tag für uns.“
Nummer 14 unterm Hallendach
Die Begeisterung der Fans entfaltete von Beginn an ihre Wirkung auf das deutsche Team, das allein durch die Zeremonie vor dem Spiel die staatstragende Wucht eines großen Moments zu spüren bekam: Das Trikot von Dirk Nowitzki mit der Nummer 14 wurde unter das Hallendach gezogen, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hielt eine Rede und die gesamte Aufmerksamkeit galt für einige Minuten ausschließlich dem 44-jährigen Weltstar aus Würzburg.
Es bestand die Gefahr, sich ablenken zu lassen, doch die Profis von Bundestrainer Gordon Herbert zogen es vor, den Moment für sich zu nutzen. „Die Leute lieben Dirk, wir lieben Dirk“, erklärte Flügelspieler Nils Giffey. „Seine Präsenz in der Halle hat die Zuschauer elektrisiert. Das war mit die beste Atmosphäre, die ich je bei einem Spiel in Deutschland erlebt habe.“
Giffey (31) hat sich also mitreißen lassen und setzte wichtige Akzente. „Die Jungs, die von der Bank kamen, haben einen Super-Job gemacht“, lobte Kapitän Dennis Schröder, der mit elf Punkten und vier Treffern bei 14 Versuchen in der Offensive unter seinen Möglichkeiten blieb, aber als Organisator, Antreiber und kämpferisches Vorbild überzeugte. „Jeder ist sehr professionell und erledigt seinen Job. So eine Teamchemie hatten wir noch nicht.“
Der starke Zusammenhalt zeigte sich auch daran, dass es nicht die vermeintlichen Stars wie Schröder oder Youngster Franz Wagner von Orlando Magic (acht Punkte) waren, die das Team zum Erfolg trugen, sondern die in der Bundesliga und Euroleague etablierten Johannes Thiemann (14) sowie Giffey und Lô (jeweils 13).
Respekt erntete die DBB-Auswahl aber in erster Linie für ihre kompromisslose Verteidigung, die den hochgehandelten Gegner in der ersten Halbzeit bei mageren 31 Punkten hielt und ihm auch nach dem Seitenwechsel nur einen Zähler mehr gestattete. „Wir haben versucht, unsere Identität über die Defensive zu entwickeln“, erklärte Herbert. „In der Offensive kann es nach kurzen Vorbereitungszeit immer mal hoch und runter gehen wie auf einer Achterbahn.“
Niveau konstant oben
Am Donnerstag hielt die Mannschaft ihr Niveau konstant oben, was auch auf die Probleme zurückzuführen sein könnte, mit denen sich das Team regelmäßig konfrontiert sah: Maxi Kleber, Isaiah Hartenstein, Tibor Pleiß, Isaac Bonga und Moritz Wagner fielen aus diversen Gründen früh aus, und auch um die Teilnahme der zwischenzeitlich angeschlagenen Schröder und Daniel Theis musste das deutsche Team bangen. „Man wächst vielleicht gerade deshalb stark zusammen, wenn die Vorbereitung etwas schwieriger ist“, sagte Thiemann.
Die nächste Aufgabe steht am Samstag gegen Bosnien und Herzegowina bevor (14.30 Uhr, Lanxess-Arena). Im Falle eines Erfolges hätte die Mannschaft einen großen Schritt Richtung Achtelfinale in Berlin unternommen. Möglicherweise eröffnet sich bei dieser Gelegenheit sogar für Olaf Scholz die Chance, ein Spiel der deutschen Mannschaft live zu sehen, der außergewöhnliche Auftakt hat beim Bundeskanzler jedenfalls Anklang gefunden. „Glückwunsch zum gestrigen Auftaktsieg @DBB_Basketball! Ich drücke die Daumen für das weitere Turnier!“, richtete er via Twitter aus.
Coach Herbert (63) hat sich von den Grüßen des Regierungschefs nur berichten lassen. „Ich nutze die Sozialen Medien nicht, dafür bin ich zu alt“, gestand er. „Ich habe keine Ahnung, wie man auf Twitter kommt.“