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Bayer 04 LeverkusenSimon Rolfes, der Juwelen-Sammler

Lesezeit 4 Minuten
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Simon Rolfes und Rechtsverteidiger-Talent Jeremie Frimpong

Leverkusen – Als Aktiver hatte Simon Rolfes, wie beinahe alle Fußballer, die nicht in München unter Vertrag stehen, nicht allzu viel zu lachen in Spielen mit Beteiligung des FC Bayern. Nach seinem Wechsel zu Bayer 04 im Jahr 2005 musste Rolfes noch bis zum März 2012 warten, ehe er bei einem Leverkusener Sieg gegen den Rekordmeister auf dem Rasen stehen durfte – beim 2:0 wurde der Mittelfeldstratege in der 89. Minute eingewechselt. Insgesamt kann Rolfes auf drei Erfolge als Spieler sowie zwei als Leverkusener Sportdirektor zurückblicken. Der 39-Jährige kennt sowohl die Euphorie des Triumphierens über den nationalen Giganten als auch die Ernüchterung nach klaren Pleiten – zuletzt gab es für Bayer 04 vier Niederlagen in Serie.

Sonntag gegen die Bayern

„Es gibt vor allem einen Grund, warum die Bayern in den letzten Jahren so oft Meister geworden sind. Sie haben eine unheimliche Qualität. Ungeachtet dessen haben wir sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren auch zweimal geschlagen“, sagte Rolfes dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor dem Spitzenspiel am Sonntag (15.30 Uhr).

Die Chancen auf einen weiteren Coup stehen nicht schlecht, immerhin ist Leverkusen ein herausragender Saisonstart mit 16 Punkten und 20 Toren aus sieben Spielen gelungen. Die Bayern sind zwar noch um vier Treffer besser gestartet, mussten zuletzt aber eine 1:2-Heimpleite gegen Eintracht Frankfurt verkraften sowie die Diskussionen um Lucas Hernández’ drohende Haftstrafe. Zum Gegner gibt sich Rolfes schmallippig. Es sei eben der bekanntermaßen starke FC Bayern unter einem bekanntermaßen guten Trainer Julian Nagelsmann. Dazu will Leverkusens Sportdirektor nicht die Rolle des lauten Bayern-Jägers schlüpfen. Selbst bei einem Sieg wär das Ziel weiter ein anderes – „nur“ die Qualifikation für die Champions League.

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Lieber guckt Rolfes auf das in Leverkusen Erreichte. Die Mannschaft ist nach der enttäuschenden Vorsaison samt Umbruch im Sommer und einer mitunter chaotischen Vorbereitung deutlich weiter als gedacht. Florian Wirtz, Moussa Diaby und Patrik Schick sind für jede Abwehrreihe der Welt eine Gefahr. Und Leverkusens jugendliche Defensive wirkt erstaunlich robust. Rolfes ist Architekt des aktuellen Aufschwungs, Gerardo Seoane sein Bauleiter. „Er hat als Trainer natürlich einen großen Anteil an den Verbesserungen. In der alltäglichen Arbeit fordert er sehr viel ein und holt somit aus jedem Spieler das Maximum heraus“, lobt Rolfes. „Klar ist auch: Ein Trainer ist darauf angewiesen, über eine gute Mannschaft zu verfügen. Und ich bin der Meinung, dass wir mehr Qualität im Kader haben als in der vergangenen Saison.“

Die Talente-Sammlung von Bayer 04

In dieser Aussage ist ein nicht allzu gut verborgenes Eigenlob enthalten. Denn war es Simon Rolfes, der als Sportdirektor nicht nur zu großen Teilen an der Verpflichtung Seoanes beteiligt war – auch bei den Transfers von Leverkusens Juwelensammlung um Odilon Kossounou, Mitchel Bakker, Piero Hincapie sowie zuvor Jeremie Frimpong, Patrik Schick, Moussa Diaby und nicht zuletzt Florian Wirtz war Rolfes federführend. Zusammen mit Seoane hat Rolfes aus den Hochbegabten eine harmonierende Einheit geschaffen. „Das habe ich in den vergangenen Jahren so noch nicht erlebt“, sagte Jonathan Tah zuletzt, immerhin seit 2015 bei Bayer 04 unter Vertrag.

„Wir haben eine gute Leistungskultur in der Mannschaft. Das war auch das Ziel vieler Maßnahmen, die wir getroffen haben. Wir haben uns gefragt: Wie bekommen wir die Leistungskultur noch einmal auf ein anderes Level?“, berichtet Rolfes. „Die Spieler kommen eine Stunde vor Trainingsbeginn in die Kabine, es herrscht Ruhe und der Fokus liegt auf der Einheit. Die Vor- und Nachbereitung ist sorgfältig und durchaus zeitintensiv. Es sind ganz viele Kleinigkeiten, die wir in der Analyse der vergangenen Saison erkannt haben. Diese Kleinigkeiten machen in Summe einen Unterschied. Es ist nicht eine Sache alleine, die der Heilsbringer ist.“

„Es ist auch erst der Anfang“

Doch will der Werksklub seine Jungprofis nicht mit zu viel Lob zu Leichtsinn verleiten. „Wir dürfen bei unserem Start mit der guten Punktzahl nicht vergessen, dass wir uns in die Saison reinkämpfen mussten. Auch jetzt noch gibt es Spiele, in die wir uns reinarbeiten müssen. Es gibt weiterhin genug zu verbessern“, betont Rolfes, ehe er sagt: „Es ist auch erst der Anfang.“ Womit er weniger die Konkurrenz vor noch mehr Wucht, Effektivität und Glanz im Laufe der Saison warnen will – sondern den Werksklub daran erinnern möchte, dass am Sonntag erst der 8. Spieltag absolviert wird.