Leverkusen – Die erste Einheit war schnell vorbei. Gerardo Seoane und sein Trainer-Team hatten die bunte Mischung von Bayer-04-Profis, die sich zum Auftakttraining an der Bay-Arena einfand, rund 70 Minuten mit Gruppen und Ballübungen bewegt, dann durften sie alle zum Duschen in die Kabine. Der Schweizer empfand seine persönliche Sommerpause von rund fünf Wochen als lang genug. „Ich konnte wirklich Abstand zum Fußball gewinnen, abgesehen vom Kontakt mit dem eigenen Klub. Jetzt freue ich mich auf die Vorbereitung, wir machen unseren Job ja sehr gern“, erklärte er nach dem Aufgalopp vor rund 100 Bayer-Fans, die den Profis erstmals seit Pandemie-Beginn wieder bei einem Training nahekommen durften.
Gefehlt haben noch alle Nationalspieler, Rekonvaleszenten und kurzfristig in ihren Heimatländern durch Krankheiten oder Flugprobleme Aufgehaltenen. So waren nur Robert Andrich, Jeremie Frimpong, Kerem Demirbay und Karim Bellarabi als Kernspieler der aktuellen Mannschaft anwesend. Der Rest war ein Mix aus Nachwuchsspielern und Profis mit auslaufendem Leihvertrag. Frühestens am 6. Juli wird Seoane alle Gesunden bei sich haben.
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Die drängendste Frage bleibt: Was wird aus Moussa Diaby? Erliegt der französische Nationalspieler, dessen Marktwert weit jenseits von 50 Millionen Euro liegt, dem Werben superreicher Vereine wie Paris Saint-Germain oder Newcastle United? Sein Vertrag bindet ihn noch bis 2025 an den Werksklub. Das alleine reicht als Argument im Profi-Fußball schon lange nicht mehr, um begehrte Profis vom Bleiben zu überzeugen. Deshalb sagt Gerardo Seoane: „Moussa weiß, was wir von ihm halten, was er von uns als Klub bekommt. Wir sind bestrebt, Spielern wie ihm eine tragende Rolle zu geben. Moussa ist sehr glücklich hier. Ich mache mir wenig Sorgen, dass da etwas ist, von dem wir nicht wissen. Im Fußball können immer Dinge passieren, die wir nicht beeinflussen können. Aber ich bin überzeugt davon, dass Moussa bei uns bleibt. Davon gehe ich aus.“
Der Schweizer Meister-Trainer, der in seinem ersten Jahr mit Bayer 04 in der Bundesliga Dritter wurde und das Saisonziel Champions-League-Qualifikation klar erreicht hat, weiß um das Privileg seines Arbeitsplatzes. „Wir haben einen sehr guten Kader, einen interessanten Mix aus jungen Spielern, die ein großes Potenzial haben. Spielern, die im letzten Jahr einen Schritt nach vorn gemacht haben und erfahrenen Spielern.“ Zu denen gehört Ex-Kapitän Charles Aranguiz, dessen Vertrag in Leverkusen noch bis 2023 läuft. Der 33-Jährige liebäugelt mit einem Wechsel zurück nach Südamerika zum Ex-Klub Porto Alegre. Nach Problemen mit dem Flug von Chile nach Deutschland wird er in den nächsten Tagen in Leverkusen erwartet. Gerardo Seoane würde ihn dann nur ungern wieder gehen lassen. „Wir sind zufrieden mit seinen Leistungen. Er hat eine sehr gute Rückserie gespielt. Ich gehe, Tag heute, davon aus, dass er mit uns die Saison beginnt.“
Nach seinen Zielen befragt, wird Gerardo Seoane im Detail konkret, nicht aber in der populären Frage nach einem möglichen Titelgewinn. „Zunächst einmal muss es unser Ziel sein, diese Mannschaft zusammenzuhalten“, sagt der Schweizer und bewertet die Vertragsverlängerungen mit Patrik Schick und Florian Wirtz wenig überraschend als „sehr positiv“. Das andere Ziel sei die Verbesserung der Spieler und des eigenen Spiels in allen denkbaren Aspekten. Und daraus resultiere irgendwann automatisch die Verbesserung des Gesamtergebnisses. Seoane ist viel zu sehr Schweizer und Pädagoge, um bei seinem Lehrauftrag einen anderen Ansatz wählen zu können. Im Land der Uhrmacherkunst schätzt man den Wert der Feinmechanik. Das Ergebnis soll dann für sich selbst sprechen.
Auch zu den Nebenaspekten des Trainersauftaktes nahm der Trainer am Montag Stellung. Mitchell Weiser, dessen Leihvertrag mit Werder Bremen am 1. Juli endet und im Sinne aller zu einem dauerhaften Transfer führen soll, fand sich überraschend ein. Dafür brauchte er sogar eine Ausnahmegenehmigung der Norddeutschen, die ihn offiziell noch unter Vertrag haben.
Der frühere Kölner, dessen gut dotierter Vertrag mit Bayer 2023 endet, wird auf Geld verzichten müssen, um kommende Saison für Werder zu spielen. „Mitchell hatte eine tolle Saison mit Bremen und sie sind aufgestiegen. Es ist vor allem im Interesse des Spielers, weiter spielen zu können“, sagt Gerardo Seoane und prophezeit: „Die nächsten zwei, drei Wochen werden zeigen, wohin sein Weg geht.“ Sicher ist nur: Bei Bayer 04 geht er außerhalb des Trainingsplatzes nicht weiter.