Leverkusen – Um 15.40 Uhr am Donnerstagnachmittag meldet sich Florian Wirtz über den Twitter-Kanal von Bayer 04 Leverkusen. In einem kurzen Video-Schnipsel berichtet der 19-Jährige von der Arbeit am Comeback nach seinem Mitte März erlittenen Kreuzbandriss. „Ich war wieder vier Stunden in der Werkstatt, es war sehr anstrengend“, sagt Wirtz und schließt mit den Worten: „Gleich steht auch noch ein anderer Termin an.“ 20 Minuten später stellt der Tabellendritte der abgelaufenen Saison nicht etwa das neue Trikot oder irgendeinen Sponsor vor: Bayer 04 Leverkusen verkündet die vorzeitige Verlängerung des Vertrages von Florian Wirtz um ein weiteres Jahr bis 2027.
Für den scheidenden Sport-Geschäftsführer Rudi Völler, der zum 1. Juli in den Gesellschafterausschuss von Bayer 04 wechseln wird, gibt es zum Abschluss seiner operativen Laufbahn noch einmal ein echtes Highlight zu vermelden. Die Vertragsverlängerung sei das „Ergebnis vieler konstruktiver Zusammenkünfte in den vergangenen Wochen. Dabei konnten wir einem der sicherlich besten deutschen Spieler des kommenden Jahrzehnts wichtige und überzeugende Perspektiven aufzeigen: vor allem natürlich einen tollen Kader, der auch Florians eigene Stärken zur Entfaltung bringt“, sagt Völler. „Florian weiß, dass wir in Leverkusen auch in den kommenden Jahren wettbewerbsfähig sein und auf nationaler und internationaler Ebene angreifen werden. Und er wird ein wichtiger Teil davon sein. Ich freue mich darauf, diesem Jungen noch lange im Werkself-Trikot beim Fußballspielen zuschauen zu dürfen.“
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Florian Wirtz war Anfang 2020 aus der Jugend des 1. FC Köln zu Bayer 04 gewechselt und hatte sich als A-Junior in Windeseile zur Stammkraft beim Werksklub (78 Einsätze/41 Torbeteiligungen) und A-Nationalspieler entwickelt. Bis zu seiner im Derby gegen den FC erlittenen Knieverletzung war es für Wirtz quasi ununterbrochen bergauf gegangen: viertjüngster Bundesliga-Spieler beim Debüt, zweitjüngster Bundesliga-Profi und jüngster Profi mit 50 Bundesliga-Einsätzen – eine Auswahl der Bestmarken in der Vita des gebürtigen Pulheimers. „Die Entwicklung in den zurückliegenden beiden Jahren war aus meiner Sicht fast schon atemberaubend und in dieser Form ganz sicher nicht vorauszusehen. Mir ist klar, dass ich das auch der Mannschaft zu verdanken habe, mit der es unglaublichen Spaß macht“, sagt Wirtz. „Die Jungs sind ein entscheidender Grund dafür, dass ich mich hier wohl fühle und dass es insgesamt so gut gelaufen ist. Es steckt eine Menge in uns und in diesem Verein. Das wollen wir allen Fans von Bayer 04 zeigen. Und auch denen, die es nicht sind.“
Letzte Vertragsverlängerung liegt erst 14 Monate zurück
Erst im Mai 2021 hatte Bayer 04 den Vertrag mit Wirtz langfristig bis 2026 verlängert – mit einem ordentlichen Gehaltssprung. Aber ohne Ausstiegsklausel, wie sie bei der Kombination von einem Klub wie Bayer 04 und einem Juwel wie Florian Wirtz eigentlich üblich wäre. Knapp 14 Monate später gelang dem Werksklub dieses Kunststück nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erneut: Eine Vertragsverlängerung, ausgehandelt mit Vater und Berater Hans Wirtz, wieder mit einem höheren Gehalt, doch erneut ohne festgeschriebene Ablösesumme. Eine solche hatte beispielsweise Erling Haaland einen vergleichsweise günstigen Transfer für 60 Millionen Euro von Borussia Dortmund zu Manchester City gestattet – obwohl der Torjäger mehr als das Doppelte wert sein dürfte.
Der Werksklub möchte durch die Verlängerung das durch den Kreuzbandriss für Wirtz verlorene Jahr nachholen. Dafür wird der Nationalspieler nun im gleichen Gehaltsbereich liegen wie Starstürmer Patrik Schick, der Ende Mai seinen Vertrag ebenfalls bis 2027 verlängert hatte. Ebenfalls ohne Ausstiegsklausel. Zusammen mit dem klausel-losen Moussa Diaby verfügt Bayer 04 über eine gewaltige Angriffswucht – und eine beeindruckende spielende Geldanlage. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Wirtz, Schick oder Diaby bis zu ihrem Vertragsende in Leverkusen spielen. Doch müssten potenzielle Käufer enorme Summen für jeden der Offensivspieler auf den Tisch liegen.
Florian Wirtz will bis zur WM wieder fit sein
Soweit ist es allerdings noch nicht. Simon Rolfes, als Sportdirektor Architekt von Leverkusens jüngsten Vertrags-Coups und künftig Sport-Geschäftsführer, sagt: „Wir haben uns in vertrauensvollen und sehr guten Gesprächen mit Florian und dessen Familie darauf verständigt, unseren im Januar 2020 eingeschlagenen Weg entschlossen fortzusetzen.“ Es herrsche „absolute Zufriedenheit“ auf beiden Seiten, betont Rolfes. „Die Verbindung von Bayer 04 und Florian Wirtz ist bereits jetzt eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte. In diesem Sinne wollen wir weitere Kapitel schreiben. Florian ist ein besonderer Spieler. Er hat große sportliche Bedeutung für unseren Klub, und genauso bieten wir ihm die besten Möglichkeiten für eine fantastische Sportler-Karriere.“ Gemeinsam könne man noch vieles erreichen.
Für Wirtz wird es nach der Vertragsunterschrift zurück zur schweißtreibenden Arbeit in Leverkusens „Werkstatt“ gehen. Bis zur Winter-WM in Katar möchte der Hochbegabte wieder spielfähig sein. Spätestens 2023 soll Florian Wirtz auch wieder das Leverkusener Spiel gestalten. Für die nächsten Jahre – wenn es nach dem Willen von Bayer 04 geht.
