Leverkusen – Auf der Suche nach einem Profi aus dem vereinseigenen Nachwuchs muss man beim hochkarätig besetzen Kader von Bayer 04 Leverkusen genauer hinschauen – um schließlich bei Niklas Lomb zu landen, dem dritten Torhüter der Werkself. Alle anderen Spieler haben ihre Wurzeln in den Jugendabteilungen anderer Vereine.
Zur neuen Saison hat Bayer 04 bislang zwei A-Junioren mit Profiverträgen ausgestattet, für den Leverkusener Bundesliga-Kader sind sie aber nicht vorgesehen. Innenverteidiger Sadik Fofana (19) wurde zum Zweitligisten Nürnberg verliehen. Für Sechser Joshua Eze (19) wird noch ein passender Abnehmer gesucht.
„Der Sprung von der A-Jugend zu den Profis ist natürlich extrem groß. Um ihn direkt zu schaffen, müssen es schon herausragende Talente sein“, sagt Leverkusens neuer Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Für Fofana ist der Wechsel nach Nürnberg eine wunderbare Chance. In zwei Jahren kann er sich bei einem Zweitligisten durchsetzen und weiterentwickeln. Nach diesen zwei Jahren gucken wir dann, wie weit er ist und was der nächste Schritt ist“, sagt Rolfes.
Rolfes nicht zufrieden
Eze könnte noch bis zum Winter beim Werksklub bleiben, da er für die Youth League spielberechtigt ist, den Nachwuchs-Europapokal. Wahrscheinlicher ist aber ein Leihgeschäft im Sommer.
Dass es ein Leverkusener Eigengewächs auf direktem Weg zu den Profis schafft, ist eine Seltenheit. Zuletzt war das der Ausnahme-Erscheinung Kai Havertz gelungen. Florian Wirtz wurde hauptsächlich vom 1. FC Köln geformt, Julian Brandt beim VfL Wolfsburg.
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Die Kombination aus Ausbildung und Durchbruch bei Bayer 04 konnten in den Jahren zuvor nur Benjamin Henrichs, Stefan Reinartz, Gonzalo Castro und René Adler auf sich vereinen. Rolfes stellt deshalb klar: „Wir sind nicht zufrieden mit der Qualität der U19 in den vergangenen Jahren. Deswegen haben wir auch schon viele strukturelle Veränderungen auf den Weg gebracht und gute Jungs dazu geholt. Das Ziel ist es, dass unsere U19 eine absolute Top-Mannschaft in Deutschland wird.“ Bei Fofana und Eze hofft Rolfes auf einen Werdegang wie vor rund zehn Jahren bei Christoph Kramer, „einer absoluten Erfolgsgeschichte“. Der spätere Weltmeister hatte es über den Umweg VfL Bochum zu einem Topspieler in der Bundesliga gebracht – die Leihe als Erfolgsrezept.
Deshalb bedauert Rolfes auch nicht die Entscheidung von Bayer 04 aus dem Jahr 2014, die in der Regionalliga West beheimatete U-23-Mannschaft abzuschaffen. Wenn einem Talent nicht auf Anhieb der Sprung zu den Profis gelingt, müsse man schauen: Was ist der beste nächste Schritt? „Aus meiner Sicht ist der für ambitionierte Talente sicher nicht die Vierte Liga“, sagt Rolfes.
Hohe Ziele
Insgesamt sieht der 40-Jährige, vor seiner Berufung zum Sportdirektor im Dezember 2018 selbst für einige Monate Leiter der Leverkusener Nachwuchsabteilung, den Juniorenbereich unter der Führung von Thomas Eichin mittlerweile gut aufgestellt. „Wir sind optimistisch, dass wir mit unseren Reformen auf dem richtigen Weg sind. Gerade in den unteren Jahrgängen gibt es deutliche Fortschritte“, meint Rolfes. „Wir haben mit Havertz und Henrichs zwei aktuelle Nationalspieler mit Leverkusener Hintergrund. Viele andere Klubs haben gar keinen. Aber es genügt uns nicht. Wir haben uns hohe Ziele gesetzt, wir wollen noch einmal viel besser werden, Spitze in Deutschland.“
Fundament des Nachwuchsbereiches sollen Spieler aus der Region bleiben, „punktuell verstärkt von internationalen Top-Talenten“, erklärt Rolfes. Zuletzt hatte sich Bayer 04 in Zidan Sertdemir, Jardell Kanga und Iker Bravo die Dienste dreier von vielen Spitzenklubs umworbenen Hochbegabten gesichert.
Laut Rolfes passt die Verpflichtung von Wirtz aus Köln nicht in dieses Schema. „Wirtz war aus Sicht von Bayer 04 Leverkusen ein Profi, als wir ihn verpflichtet haben. Vielleicht war er das für andere Klubs zu dem Zeitpunkt noch nicht. Bei uns sollte er nicht die Jugend verstärken“, sagt Rolfes. „Wir werden natürlich keine Massen an Jugendspielern von anderen Vereinen verpflichten. Das haben wir vorher ja auch nicht gemacht. Aber wir werden weiter so agieren, wenn wir die Profi-Perspektiven sehen bei absoluten Top-Spielern.“