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Mehr als ein defensiver ZerstörerRobert Andrich beweist fußballerisches Talent bei Bayer 04 und der DFB-Elf

Lesezeit 4 Minuten
Leverkusens Robert Andrich bejubelt seinen Treffer gegen Eintracht Frankfurt.

Leverkusens Robert Andrich bejubelt seinen Treffer gegen Eintracht Frankfurt.

Robert Andrich wurde zu einem wesentlichen Protagonisten bei Bayer o4 Leverkusen und dem DFB - und straft die Kritiker, die ihn als reinen Defensivspieler sehen, Lügen.

Es gibt diese Tore, von denen man sagt, sie seien das Eintrittsgeld für das komplette Spiel wert gewesen. Der Treffer von Robert Andrich am vergangenen Samstag beim 2:1 (1:1) gegen Eintracht Frankfurt gehört zweifelsohne in diese Kategorie. Nach einem Doppelpass auf engstem Raum mit perfektem Zuspiel von Martin Terrier platzierte Andrich den Ball hart und präzise mit seiner Innenseite des rechten Fußes gegen die Laufrichtung neben dem Innenpfosten. Unhaltbar für Torhüter Kevin Trapp.

„Fußball spielen macht mir schon immer Spaß“, konstatiert der 30-Jährige, als er auf das Tor zum 1:1 angesprochen wird. „Bei mir ist nur mehr Arbeit dabei als bei anderen. Das Tor ist harte Arbeit gepaart mit Spaß, Spielfreude, guter Technik und guten Mitspielern. Technisch, wie es gespielt wurde und mit dem Tempo und dem Abschluss – das Video kann man für die Jugendspieler rauskramen.“

Andrich wird von einigen vermeintlichen Fußballexperten immer noch als reiner Zerstörer verkannt. Als Abräumer neben einem Kreativspieler – so war das Narrativ beispielsweise auch vor der EM im Sommer, als der gebürtige Potsdamer die Position im Zentrum der DFB-Elf neben Toni Kroos übernahm. Dabei greift diese Betrachtung Andrichs viel zu kurz. Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann stellte schon mehrfach richtig, dass man Andrich nicht auf seine Zweikampfstärke reduzieren dürfe.

Das sehenswerte Tor gegen Frankfurt hilft sicher dabei, sein fußballerisches Talent noch mehr Fußballinteressierten näherzubringen. Und dieses Tor war kein Einzelfall. Vor wenigen Wochen erzielte Andrich ein technisch anspruchsvolles Volleytor beim 1:1 gegen den FC Bayern. Wem das nicht als Beleg genügt, dem sei die Internetsuche nach seinem Treffer im Halbfinalhinspiel der Europa League gegen die AS Rom aus der vergangenen Saison empfohlen.

Wichtig in beiden Strafräumen

Andrich ist ein echter Box-to-Box-Spieler – wie es in der modernen Fußballsprache heißt. Ein Spieler also, der die Klaviatur der Defensivaufgaben beherrscht, aber eben auch Torgefahr mit sich bringt und somit in beiden Strafräumen von Bedeutung ist. Gegen Frankfurt wurde das besonders deutlich. Denn Andrich schoss nicht nur den Ausgleichstreffer. Nein, er war auch Initiator des Rückstands, als er mit seinem Fuß an der Strafraumkante das Standbein von Gegenspieler Omar Marmoush wegzog. Schiedsrichter Felix Brych wurde vom Videoschiedsrichter zum Bildschirm geschickt und entschied schließlich auf Elfmeter. Frust ließ Bayers Nummer acht dadurch aber nicht aufkommen. „Denn Frust trägt meist dazu bei, dass man ein bisschen unkontrolliert in die Situationen geht“, betonte er. „Ich glaube, ich habe es nach dem Elfmeter ganz gut geschafft, mich nicht verrückt machen zu lassen. Ich wollte einfach so weitermachen wie vorher.“

Genau das gelang ihm. Nicht nur aufgrund des Tores war er einer der besten Akteure auf dem Rasen am Samstag. Das brachte ihm dann auch ein Extralob vom Trainer ein: „Top-Leistung von Robert. Er ist ein erwachsener Spieler, sehr intelligent. Es war ein Klasse-Tor. Aber er war auch sehr wichtig in der Defensive“, sagte Xabi Alonso. „Es war nicht einfach für uns, gegen Marmoush und Ekitiké zu verteidigen. Rob war immer in einer guten Position, um zu helfen. Wir brauchen diese große Persönlichkeit von Robert. Ich bin sehr glücklich mit ihm und für ihn. Er verdient dieses Tor. Ich habe das Gefühl, dass er sich jede Woche weiterentwickelt.“

Spätestens seit Alonso Trainer in Leverkusen ist, hat sich Andrich zu einem der besten zentralen Mittelfeldspieler der Bundesliga entwickelt. Nicht umsonst setzt auch Julian Nagelsmann – trotz großer Auswahl im zentralen Mittelfeld – voll auf den extrovertierten 1,87-Meter-Mann. Auch in der Kabine – beim DFB und vor allem in Leverkusen – zählt sein Wort. In der öffentlichen Wahrnehmung steht Andrich ein wenig im Schatten von Florian Wirtz oder Granit Xhaka. Aber Alonso betont immer wieder den Wert des Manns, der 2021 für rund sieben Millionen Euro von Union Berlin nach Leverkusen gekommen war.

Wertvoll für Xabi Alonso

Was ihn für Alonso noch wertvoller macht: Andrich kann auch als zentraler Mann in der Dreierkette agieren, wurde dort von ihm schon häufiger eingesetzt. „Es ist nie verkehrt, wenn man mehrere Positionen spielen kann, dann steigt die Chance, eingesetzt zu werden“, sagt Andrich. „Xabi hat seine Ideen für diese Position. Ich spiele gerne auch mal hinten, trotzdem ist meine Position hauptsächlich die Sechserposition.“

Und auf dieser hat er sich klubintern gegen große Konkurrenz durchgesetzt. Sowohl Zugang Aleix Garcia als auch der argentinische Weltmeister Exequiel Palacios, der zu Beginn der Saison verletzungsbedingt gefehlt hatte, sind derzeit nur Rotationsspieler. Wenn die wirklich wichtigen Partien anstehen – so wie gegen Frankfurt oder Bayern – spielt Andrich. Und der zahlt es mit Leistung und Toren zurück.