Es ist der erste richtige Höhepunkt der noch so jungen Bundesligasaison: der Rekordmeister empfängt den aktuellen Meister – Bayern München gegen Bayer 04 Leverkusen. Das Duell am Samstagabend (18.30 Uhr, Sky) liefert schon vor dem Anpfiff viele Geschichten. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat mit einem darüber gesprochen, der beide Klubs bestens kennt: Michael Ballack. Der Mittelfeldspieler, der am Donnerstag seinen 46. Geburtstag feierte, trug von 1999 bis 2002 und von 2010 bis 2012 das Leverkusener und von 2002 bis 2006 das Bayern-Trikot. Michael Ballack über...

...die Erwartungen an die Partie: Es ist wie vergangene Saison ein absolutes Spitzenspiel. Es sind die Top-Favoriten auf die Meisterschaft. Leverkusen hat sich einen Anspruch erarbeitet, den leben sie und den formulieren sie auch – und das ist auch völlig korrekt. Die Bayern haben im Gegensatz zur Vorsaison ein super Momentum. Das große Fragezeichen ist aber, ob die Gegner stark genug waren in den vergangenen Spielen, um wirklich bewerten zu können, in welche Richtung das unter Kompany läuft. Aber sie wirken frisch, sie wirken eingespielt, sie wirken hungrig, schießen Tore, spielen attraktiven Fußball. Von daher braucht Leverkusen eine absolute Top-Leistung, um bestehen zu können.

Miserables Debüt

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Patrick Scherer

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…eine mögliche Überheblichkeit der Bayern nach den Kantersiegen: Nein, daran glaube ich nicht. Wenn die Bayern in Form sind, fit sind und Spielfreude haben, dann sind sie einfach das Nonplusultra. Dann können in Europa nur ganz wenige Mannschaften mithalten und schon gar nicht in der Bundesliga. In den vergangenen beiden Saisons waren die Leistungen schwankend, sie haben nicht am Limit gespielt. Am Samstag werden sie sich auch an Leverkusen hochziehen. Das, was in der vergangenen Saison und vor allem im letzten Spiel passiert ist, das werden sie korrigieren wollen. Im Rückspiel konnten sie kein Paroli bieten, waren auf allen Ebenen unterlegen. Das wird sie zu 100 Prozent motivieren.

…die erstaunliche Frühform unter Neu-Trainer Vincent Kompany: Das überrascht mich nicht. Ich kenne das aus eigener persönlicher Erfahrung: Wenn ein neuer Trainer kommt – gerade bei so einer Top-Mannschaft – dann gibt es einen Neustart, alle Spieler müssen sich beim neuen Trainer beweisen und das kitzelt immer extra Prozente raus und soll eigentlich immer zur Leistungssteigerung führen, zumindest in den ersten Wochen und Monaten. Vielleicht hat auch das Vorgehen der Bayern, in dem sie Spielern öffentlich nahegelegt haben, den Verein zu wechseln, dazu beigetragen. Das waren Spieler, die in der Hierarchie weit oben sind, wie ein Leon Goretzka oder ein Kingsley Coman. Bei Coman haben sie sich hinter dem Rücken des Spielers mit einem anderen Klub geeinigt. Das waren Vorgänge, die auch etwas machen mit den Spielern. Ob das jetzt richtig ist, falsch ist, ob das fair oder nicht fair ist, spielt gar keine Rolle, aber es erzeugt Reibung und es erzeugt anscheinend auch eine Leistungssteigerung bei einigen. Es ist beim FC Bayern immer entscheidend, die Spieler zum Laufen zu bringen, den Kopf zu erreichen. Wichtig für Kompany ist, dass er voll respektiert wird - trotz seiner jungen Trainerkarriere - und das scheint er hinbekommen zu haben.

…die Hypothek der Double-Saison für Bayer 04: Das kann man reininterpretieren. Jetzt gibt es ein anderes Anspruchsdenken – im Klub, aber vor allem auch im Umfeld. Da muss man sich zurechtzufinden. Das, was die Bayern ständig haben seit Jahrzehnten, was dort Normalität ist, das ist jetzt der nächste Schritt für Bayer Leverkusen. Du bist jetzt eine absolute Spitzmannschaft, du bist der Deutsche Meister und somit werden kleine Nachlässigkeiten doppelt bestraft und sie führen zu einer anderen Wirkung. Es geht für sie darum, sich zu stabilisieren und vor allem auch international zu positionieren.

Leverkusener Defensivschwäche

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Patrick Scherer

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…die Bedeutung des Spiels fürs Meisterschaftsrennen: Das ist ein Spiel, das vor allem beim FC Bayern die Leistung der Vorwochen einordnen wird. Wenn sie das Spiel gewinnen, dann werden die Bayern mit dem Vorsprung hausen. Dann wird es für die Konkurrenz, nicht nur für Leverkusen, ganz schwer dranzubleiben. Davon bin ich überzeugt. Auf der anderen Seite: Sollte es Leverkusen erneut schaffen, die Bayern zu schlagen, dann wird sich bei den Bayern Vieles korrigieren und die Leistungen zuvor werden unter einem anderen Licht erscheinen. Es wird ein richtungweisendes Spiel, wie die Liga dieses Jahr laufen dürfte.

…den Ärger zwischen Fernando Carro und Max Eberl: Ich glaube, das ist jetzt vom Tisch. Da ist dann wenig hängengeblieben. Fernando hat es auch eingeordnet. Ich glaube, die Bayern bewegt viel mehr, dass sie vergangene Saison in Leverkusen ein 0:3 kassiert haben, als die Aussagen von Fernando.

…Jonathan Tah und seinen gescheiterten Wechsel: Das ist schon eine delikate Situation, die nicht einfach ist für den Spieler. Aber alle Beteiligten haben sich professionell verhalten und geäußert. Vor allem für Tah war das keine optimale Situation, wenn dann so ein Wechsel nicht zustande kommt. Aber ein ganz großes Lob an die Fans von Bayer 04: Sie haben da ein Gefühl und eine Sensibilität entwickelt, um das zu akzeptieren. Da spielt natürlich der große Kredit der Doublesaison mit rein und das hat er sich auch verdient. Aber natürlich geht es auch um das Verhalten und Auftreten von Jonathan - und das war hervorragend. Andere Spieler streiken oder Spieler und Berater provozieren öffentlich, das ist hier nicht passiert, das hat Jonathan sehr gut hingekriegt. Es wirkt, als hätte er es auch von der Psyche sehr gut weggesteckt.