Leverkusen – Der Schlusspfiff eines turbulenten Fußballspiels war noch nicht lange verhallt, die Spieler von Bayer 04 Leverkusen standen nach der 1:2-Niederlage gegen den FC Augsburg noch betreten vor ihren schweigenden Fans, da tönte ein verbaler Ausbruch durch die Gänge der Bay-Arena: „So ein Scheiß-Start, wir hatten tausend Torchancen.“ Es war die Stimme von Fernando Carro.
In der Sache hatte der Klubchef von Bayer 04 Leverkusen absolut Recht. Die Gelegenheit, seine Sicht näher zu erklären, nutzte er allerdings nicht. Man sprach generell wenig nach der zweiten Niederlage im zweiten Saisonspiel. Innerhalb von zwei Wochen war der Werksklub aus dem DFB-Pokal ausgeschieden und mit zwei Niederlagen ans Ende der Bundesliga-Tabelle gefallen. Schlechter geht es wirklich nicht.
Zu Gründen und Gemütslage äußerten sich eingehender nur Jonathan Tah und Gerardo Seoane. „Das ist nicht unser Anspruch, das ist sehr, sehr enttäuschend“, sagte der selbstkritische Abwehrchef, der am zweiten Gegentor als unfreiwilliger Vorlagengeber entscheidend beteiligt war.
24 Torschüsse verzeichnete Bayer 04 am Ende, im Gegensatz zu sechs des FC Augsburg, der zu Saisonbeginn gegen den SC Freiburg beim 0:4 unter die Räder gekommen war. „Wir haben den Rhythmus nicht über die ganze Zeit hochgehalten, und dann haben wir viele Chancen vergeben. Das ist nicht immer zu erklären im Fußball. Der Saisonstart ist enttäuschend“, sagte Leverkusens Trainer Gerardo Seoane.
Die Geschichte dieses Spiels alleine auf die Torchancen reduzieren zu wollen, wäre genauso fahrlässig wie der Umgang mit ihnen war. So würden auch die ersten 25 Minuten unerklärt bleiben, in denen der zu den Abstiegskandidaten zählende FC Augsburg das Spiel beherrschte, indem er es durch Manndeckung im Mittelfeld zur reinen Zweikampf-Show machte. „Wir wussten, wie sie spielen“, sagte Jonathan Tah. Dennoch hatten die Leverkusener vorwiegend zugeschaut.
So konnte auch das 0:1 fallen, das die Fuggerstädter auf der linken Angriffsseite wunderschön zusammenkombinierten. Über Gruezo und Iago kam der Ball zu Demirovic, der den sprintenden Fredrik Jensen mit einem Direktpass freispielte. Der Finne behielt vor Torhüter Lunev die Nerven.
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Erst nach der ersten Trinkpause fand Bayer 04 seinen Rhythmus im Offensivspiel. In der 43. Minute wurde das belohnt. Jeremie Frimpong nutzte auf der rechten Seite seine Schnelligkeit zu einem Lauf an die Grundlinie, passte den Ball hart nach innen, Hlozeks Schussversuch prallt an Uduokhai ab, der Ball verließ den Strafraum. Charles Aránguiz jagte ihn zwischen vielen Beinen hindurch unhaltbar ins Tor des FC Augsburg. Die zweite Halbzeit wurde zum erwarteten Sturmlauf des Favoriten, der sich eine große Zahl an Chancen erspielte, aber sie vor allem in Person des unglücklichen Sardar Azmoun allesamt vergab oder am diesmal fantastisch haltenden Torhüter Rafal Gikiewicz scheiterte.
Der Außenseiter versuchte sehr früh, jede Chance zur Unterbrechung des Dauerdrucks zu nutzen und wandte dabei alle Verschleppungsstrategien bis hin zu offensichtlichen Schauspieleinlagen an. Der eine Punkt schien das alles wert. An mehr war nicht zu denken. Allerdings nahmen die Bemühungen des Favoriten bald Züge der Verzweiflung an. Und in der 82. Minute war der Alptraum perfekt. Tah („Wir müssen insgesamt auch besser verteidigen“) schlug den Ball beim Klärungsversuch direkt vor die Füße des eingewechselten André Hahn. Und der knallte ihn direkt ins Tor.
Zwar mussten die Augsburger noch etwa zwei Minuten auf den VAR warten, dann war klar, dass Niederlechner nicht im Sichtfeld von Torhüter Lunev und damit nicht aktiv im Abseits stand. Zehn vergebene Bayer-Chancen später sanken die Gäste auf den Boden und konnten ihr Glück kaum fassen. Als erste Mannschaft des FC Augsburg hatten sie im 23. Spiel zwischen beiden Klubs Bayer 04 geschlagen. Trainer Enrico Maaßen war „unglaublich stolz“.
Pechvogel Adli und Lunev verletzt
Sein Kollege Gerardo Seoane versprach, auch in der Stunde des schlechtesten Saisonstartes seit 1976, seinem sachlichen Ansatz treu bleiben zu wollen: „Gefragt ist jetzt eine klare Analyse, wir müssen den Spielern Selbstvertrauen vermitteln. Im Moment fehlt uns der Flow. Wir müssen alles daran setzen, wieder in Tritt zu kommen.“
Auf den bedauernswerten Amine Adli wird er dabei verzichten müssen. Der Franzose hatte nach mehrmonatiger Reha (Muskel-Sehnenriss) ein rund halbstündiges Comeback gegeben und sich kurz vor Schluss einen Schlüsselbeinbruch zugezogen. Er wird bis Ende September fehlen. Genau so schwer erwischte es Torhüter Lunev, der sich bei einem Abschlag eine Muskel-Sehnenverletzung zuzog und sechs Wochen ausfällt.
Es war kein guter Tag für Bayer 04 Leverkusen.