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Die Bayer-KriseGerardo Seoane zu seiner Zukunft: „Die Frage ist berechtigt“

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Gerardo Seoane in Brügge

Leverkusen – Gerardo Seoane saß am Freitagmittag auf dem Podium und wirkte gefasst. Der Schweizer Fußball-Trainer wusste, dass er ungeachtet aller Treueschwüre des Arbeitgebers Bayer 04 möglicherweise eine seiner letzten Pressekonferenzen vor einem Bundesliga-Spiel geben würde.

Auf die Frage nach seiner persönlichen Situation nach dem völlig missratenen Saisonstart mit sechs Niederlagen aus sieben Spielen in drei Wettbewerben antwortete er: „Es ist klar, dass die Frage kommt. Sie ist auch völlig berechtigt. Aber die Aufgabe eines Trainers ist es, den Fokus auf die Dinge zu richten, die er beeinflussen kann.“ In seinem Fall ist es die Vorbereitung seiner Mannschaft auf das Auswärtsspiel bei Hertha BSC Berlin am Samstag um 15.30 Uhr. „Meine Kraft und Energie ist zu 100 Prozent bei der Mannschaft“, erklärte er.

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Allerdings gibt es auch den Menschen neben dem Trainer. Und beide ringen in solch einer Situation miteinander. „Es ist klar, dass Sieg, Unentschieden oder Niederlage immer etwas mit einem macht. Wenn sich mehrere, egal von welcher Sorte, aneinanderreihen, multiplizieren sie sich im Befinden“, sagt Gerardo Seoane, „wir sind alle Menschen. Man ist in erster Linie besorgt über die Resultate. Dass der eine oder andere Gedanke, wenn man alleine ist, mit der persönlichen Situation zu tun hat, ist ja normal. Aber dieser Gedanke muss immer schnell auf die Seite. Es liegt in der Verantwortung eines Trainers, der Mannschaft zu helfen, der Mannschaft die Lösungen anzubieten.“

Nach der 0:1-Niederlage von Brügge, die wie die meisten der sechs Saisonniederlagen vermeidbar gewesen wäre, steht der Schweizer vor der Grundsatzfrage, mit welcher Ausrichtung er in Berlin antreten soll. In der Formation mit drei Innenverteidigern hat man gegen Mainz auch dank großer Fehler des Gegners gewonnen, gegen Freiburg nach 45 Minuten 1:0 geführt, aber zu keinem Zeitpunkt die volle Offensivpower entwickelt. Nach der Umstellung auf die Viererkette wurden sowohl der SC Freiburg als auch Brügge in der Champions League gefühlt dominiert, ohne dass es ein glanzvolles Chancenfestival gegeben hätte. Dennoch sah das viel mehr wie der Bayer-Fußball aus, für den dieser Kader zusammengestellt wurde.

Gerardo Seoane verriet natürlich nicht, mit welcher Herangehensweise er versuchen will, den in Berlin auch für ihn persönlich dringend benötigten Sieg zu erringen. Allerdings gab er schon mal einen Hinweis darauf, in welche Richtung die Überlegungen auch im Zusammenhang mit der permanenten Fehleranfälligkeit des Teams gehen: „Es hat jeder das Recht, einen Fehler zu machen im Solidaritätsgefühl, dass ihn die anderen ausbügeln können. Dafür brauchen wir aber mehr offensive Aktivität, um zu mehr Torchancen zu kommen, denn es ist ja jederzeit möglich, ein Gegentor zu bekommen.“

Generell sieht der Trainer die Variabilität als „eine der Stärken des Team“ an. Der in Brügge eklatante mangelnde Zugriff auf den Gegner war für ihn weniger dem System mit drei Innenverteidigern als vielmehr dem fehlenden Mut der Spieler beim Attackieren nach vorne geschuldet. Die letzte Entscheidung wollte er mit seinem Trainerteam erst nach dem Abschluss treffen. Allerdings versprach er vor dem Duell mit den zuletzt deutlich erstarkten Berlinern: „Wir erwarten von uns eine deutlich größere Zielstrebigkeit nach vorne. Und da hilft schon auch ein Offensivspieler mehr auf dem Platz. Das sind schon auch Überlegungen, die wir anstellen.“

Den Rest kann der Trainer, dessen Vertrag in Leverkusen bis 2024 läuft, nach dem Aus im DFB-Pokal, dem verpatzten Einstieg in die Champions League und dem Fall ins letzte Drittel der Liga nur über das nächste Ergebnis beeinflussen. Ein falsches könnte für ihn schon das letzte sein. Aber Gerardo Seoane blieb am Freitagmittag gefasst und sagte: „Ich stelle mich dieser Herausforderung.“