Frankfurt – Die „Lukas Hradecky“-Sprechchöre der Frankfurter Fans waren vermutlich das I-Tüpfelchen auf dem Horror-Tag des Kapitäns von Bayer 04 Leverkusen. Der finnische Keeper hatte bei seinem Ex-Klub fünf teilweise traumhafte Gegentore kassiert und musste machtlos mit ansehen, wie seine Werkself am Sonntagabend trotz früher 2:0-Führung auseinanderbrach und von einer entfesselten Eintracht mit 5:2 überrollt wurde. „Ab dem 2:0 war es eine Katastrophe von uns. Wir haben überhaupt keinen wichtigen Zweikampf gewonnen“, resümierte Robert Andrich nach Leverkusens erster Auswärtspleite. „Wenn du so schlecht verteidigst, dann holst du nichts.“
In Frankfurt wurde Bayer 04, auf neun Positionen im Vergleich zum 0:1 in Budapest verändert, einmal mehr seinem Frühstarter-Ruf gerecht – und Schick erzielte die Tore fünf und sechs in seinen letzten knapp 60 Spielminuten. Zunächst hatte der Tscheche nach einem Hackentrick von Florian Wirtz und einer Ablage Andrichs aus der Drehung das 1:0 erzielt (5.). Wenig später, die Werkself drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch, drängte Andrich seinen Gegenspieler Djibril Sow zu einem Handspiel im Strafraum. Schiedsrichter Marco Fritz erkannte das nach der Begutachtung der Videobilder und entschied auf Elfmeter. Schick trat an und verwandelte mittig (22.). In der Livetabelle war Leverkusen plötzlich sehr nah dran an Platz zwei und dem BVB. Es sollte eine Momentaufnahme bleiben.
Bayer leistet sich erneut Schaffenspause nach früher Führung
Denn wie schon beim späteren Schützenfest gegen Fürth (7:1), leistete sich die Werkself auch in Frankfurt nach einer frühen Führung eine Schaffenspause samt diverser Defensiv-Aussetzer. Nur war diesmal der Gegner – immerhin wie Bayer 04 Gruppensieger und damit Europa-League-Achtelfinalist – viele Klassen stärker als die zumeist bundesliga-untauglichen Fürther. So kam die Eintracht direkt nach dem 0:2 zum Anschlusstreffer. Jonathan Tah und Edmond Tapsoba hatten eine Ecke in Kooperation nicht klären können. Tuta stand plötzlich frei und traf (23.).
Das Tor brachte den Hessen Auftrieb, jeder Zweikampf wurde mit noch etwas mehr Intensität geführt und jeder Spieler machte noch einen Schritt mehr. Bayer 04 kam mit der Frankfurter Urgewalt nicht gut klar – und das Spektakel nahm seinen Lauf. In der 30. Minute stand Sow ohne Gegnerdruck im Mittelkreis und schickte Jesper Lindström auf die Reise. Der Däne ließ den mittlerweile indisponierten Tapsoba stehen und traf per wuchtigem Spannstoß ins lange Eck.
Frankfurt legt Leverkusener Defensiv-Schwächen schonungslos offen
Nach dem Seitenwechsel ging es munter weiter. Frankfurt legte sämtliche Leverkusener Defensiv-Schwächen schonungslos offen – und drehte die Partie nach einem 0:2-Rückstand. In der 50. Minute behinderten sich Tah und Tapsoba wieder im Anschluss an eine Ecke. Evan Ndicka staubte zum 3:2 ab (50.). Zwei weitere Eckstöße sorgten für größte Gefahr im Strafraum der Werkself, die Stück für Stück auseinanderbrach. Der überragende Filip Kostic zog in der 66. Minute einen Sprint bis zur Grundlinie durch, seine Hereingabe wurde zwar erst noch von Piero Hincapie geklärt. Den zweiten Versuch jagte Kristijan Jakic aber sehenswert ins lange Eck. „Sie waren in einem Rausch“, sagte Trainer Gerardo Seoane. „Frankfurt hat uns aufgefressen“, so Andrich.
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Die Eintracht war nicht mehr aufzuhalten, wie zu besten Zeiten walzte die hessische Büffelherde die gegnerischen Reihen nieder. Es funktionierte alles. Nach 76 Minuten stand es 5:2, Kostic und Borré hatten Sow in Schussposition gebracht, aus halblinker Position schlug der Ball natürlich im Winkel ein. Hradecky hatte beim Spiel gegen seinen Ex-Klub mittlerweile Mitleid verdient. Seine Vorderleute hatten das Verteidigen längst eingestellt. „Das müssen wir erst einmal aufarbeiten“, sagte Andrich.
Bayer 04 bleibt trotz des Debakels Dritter, spürt aber den Atem der Verfolger. Am Mittwoch gastiert der formstarke Tabellenvierte 1899 Hoffenheim in Leverkusen (20.30 Uhr).