Leverkusen – Der Mann des Spiels war schnell gefunden. Nach dem 3:0-Sieg über Arminia Bielefeld war Moussa Diaby am Samstag Leverkusens Spieler der Stunde. Mit zwei sauberen Treffern hatte der Franzose den Erfolg in der zweiten Halbzeit fast im Alleingang gesichert, seine Strecke auf sieben Tore in fünf Spielen ausgebaut und Bayer auf Platz drei sicher auf Champions-League-Kurs gehalten.
Die Fans feierten ihn nach dem Schlusspfiff mit Gesängen. Doch Diaby, mit zwölf Saisontoren so erfolgreich wie noch nie nach 24 Spieltagen, blieb bescheiden: „Bei beiden Toren war auch etwas Glück dabei, dass ich am Ball geblieben bin“, erklärte er, „es macht mich glücklich, dass die Fans meinen Namen gesungen haben. “
Die Niederlage beim FSV Mainz 05 (2:3) vom Samstag zuvor konnte auch wegen ihm als Betriebsunfall abgehakt werden. Allerdings gehört es auch zur Wahrheit, dass der Nationalspieler lange gebraucht hat, um in ein für ihn schwieriges Spiel zu finden. Die Bielefelder verfolgten ihn konsequent über den gesamten Platz, ließen keine ungestörte Ballannahme und kein geschwindes Aufdrehen mit dem Ball zu. Aber alles hätte keine Rolle gespielt, wenn Paulinho in der ersten Viertelstunde die genialen Momente von Florian Wirtz in Tore verwandelt hätte.
Die erste gefährliche Aktion des Spiels war eine Außerordentlichkeit, die es verdient, auch an dieser Stelle noch einmal ausführlich festgehalten zu werden. In der zweiten Spielminute schnappt sich Florian Wirtz tief in der eigenen Hälfte den Ball und sprintet an Okugawa brachial vorbei in eine Zone, die mit Bielefelder Mittelfeldspielern bevölkert ist.
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Bevor sich der Betrachter fragen kann, wo hier Platz sein für die geringste Aktion sein soll, hat Wirtz alle seine Konkurrenten auf die falschen Füße gestellt, ins Leere laufen lassen, umkurvt. Daraufhin zerschneidet er die Restverteidigung der Arminia mit einem Pass aus dem Fußgelenk und schickt den Kollegen Paulinho in ein bequemes Duell gegen den Torhüter Moreno. Allerdings wählt der Brasilianer die schlechteste Option und rennt mit dem Ball auf dem schwachen Fuß in Richtung Eckfahne. Damit blieb ungekrönt, was der spektakulärste Assist der Saison hätte werden können.
Die Selbstverständlichkeit, Lässigkeit und Überlegenheit, mit der Wirtz eine ähnliche Aktion nur Minuten später folgen ließ, wieder auf Paulinho, der wieder alleine vor dem Torhüter vergab, sieht man sonst nur auf dem Schulhof, wenn Zehntklässler in der Pause auf den Platz strömen und Fünftklässlern einmal kurz zeigen, wie das Spiel funktioniert. Hier wurde es vorgeführt von einem 18-Jährigen, der im Duell mit erwachsenen Männern alle Vorstellungen von altersgemäßem Talent und Auftreten sprengt. Schließlich war es auch sein genialer Doppelpass, der das 2:0 von Moussa Diaby in der 57. Minute ermöglichte.
So zerfiel ein Spiel in hochattraktive Episoden, das zwischenzeitlich nicht so souverän von Bayer 04 dominiert wurde, wie es das Ergebnis und die klaren statistischen Werte auszudrücken scheinen. „Wir hatten in allen Phasen unsere Momente“, sagte Trainer Frank Kramer, „aber wir waren nicht konsequent genutzt. Und wenn du dann gegen eine Mannschaft mit dieser Schnelligkeit spielst, die einen Spieler hat mit solch einem fantastischen Gefühl für Raum und Situationen wie Wirtz, dann wird es schwer.“
Verwunderung über seltsames Handspiel
Weil die Kräfteverhältnisse am Ende so klar war, konnten beide Seiten entspannt über die kuriose Entstehung des 1:0 in der 30. Minute sprechen, an dessen Regelkonformität nicht einmal der Schütze Lucas Alario glaubte. Nach der Hereingabe von Jeremie Frimpong hatte sich Paulinho den Ball fünf Meter vor dem Tor an die Hand geschossen. Nur deshalb landete er auf dem Fuß von Lucas Alario, der aus kürzester Distanz vollendete.
Noch in der Vorsaison wäre der Treffer annulliert worden, weil hier ein Handspiel Voraussetzung für sein Entstehen war. Seit dieser Saison gilt aber die Regel, dass nur ein Handspiel des Schützen selbst zwingend zur Annullierung führt und der Selbst-Anschuss eines Offensivspielers nicht zwingend als Handspiel zu werten sei. Als Schiedsrichter Martin Petersen nach Rücksprache mit dem VAR-Referee Felix Zwayer in Köln das Spiel mit dem Stand von 1:0 wieder anpfiff, waren alle baff.
„Offenbar ist das die Regel“, sagte Frank Kramer, „man muss sie aber nicht verstehen. Ich schüttele da nur noch den Kopf. Und lasse mir nachher die Halswirbel wieder einrenken.“ Kollege Gerardo Seoane, der sehr zufrieden mit der Gesamtleistung seines Teams war, widersprach nicht: „Wenn ich in der Situation der Bielefelder wäre, würde ich genau so empfinden.“ Die Fans dachten da schon längst weiter. Sie forderten von ihren feiernden Spielern im Hinblick auf das Top-Spiel am kommenden Samstag in München: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus.“