Am Samstagabend kann Robert Andrich deutscher Nationalspieler werden. Dabei läuft es für ihn derzeit nicht wirklich rund.
„Es war wirklich überraschend“Andrich hatte nicht mit Nagelsmann-Anruf gerechnet
Robert Andrich gibt zu, dass er diesen Anruf nicht erwartet hatte. „Ehrlicherweise war es wirklich etwas überraschend“, sagt er. „Es gab in den vergangenen ein, zwei Jahren Momente, wo ich es mir gewünscht hätte. Aber: Besser spät als nie.“ Mit 29 Jahren könnte Andrich nun beim Länderspiel am Samstag (21 Uhr, live bei RTL) in Hartford gegen die USA deutscher Nationalspieler werden. Und das in einem Moment seiner Karriere, der ihm nach eigener Aussage ordentlich zusetzt.
Das Gespräch mit dem neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann sei kurz und knackig gewesen, berichtet der gebürtige Potsdamer: „Es ging relativ schnell, er hat mir nur mitgeteilt, dass ich dabei bin. Er hat gesagt, dass ich mit meiner Art und Weise der Mannschaft vielleicht guttun kann.“
In den vergangenen Spielzeiten hat sich Andrich einen Namen als Aggressive Leader in der Bundesliga gemacht. Zunächst beim aufstrebenden Union Berlin, seit 2021 bei Bayer 04 Leverkusen. Besonders in der über weite Strecken verkorksten vergangenen Spielzeit war Andrich ein wichtiger Faktor im Mittelfeld-Zentrum, half entscheidend dabei, die Mannschaft nach katastrophalem Fehlstart wieder zu stabilisieren. Trainer Xabi Alonso setzte konsequent auf den 1,87-Meter-Mann, der keinen Zweikampf scheut.
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Xabi Alonso setzte voll Andrich
Andrich stand in jeder Pflichtspielpartie 2022/2023 unter Alonso — egal ob Liga oder Europa League — in der Startelf. Ausnahme: Zwei Spiele verpasste er mit Gelbsperre. Sein erstes großes Pech: Im Halbfinal-Hinspiel bei der AS Rom brach sich Andrich den Fuß, fiel für den Rest der Spielzeit aus und stieg durch die Ausfallzeit auch später in die Vorbereitung ein. Sein zweites großes persönliches Pech sind Granit Xhaka und Exequiel Palacios. Die beiden spielen eine bisher überragende Saison im Mittelfeldzentrum bei Bayer 04, ergänzen sich nahezu perfekt.
Deshalb sagt Andrich: „Das ist für mich sie schwerste Phase, seit ich in der Bundesliga spiele. Es ist nicht einfach, weil es für uns als Mannschaft brutal gut läuft, wir sind voll im Flow. Ich warte auf meine Minuten. Wenn ich die bekomme, gebe ich Gas.“ Seine Bilanz in dieser Saison: Nur einmal über 90 Minuten auf dem Platz beim 2:1 in Molde in der Europa League, nur ein Mal in der Startelf in der Bundesliga. Und da wurde er in der Halbzeit beim FC Bayern gegen Palacios ausgewechselt. „Die Gründe, warum es so ist, siehst du in der Tabelle und auch auf dem Platz“, sagt er. „Wenn es läuft, dann hast du als Spieler wenig Argumente. Da hat man als Spieler Verständnis, guckt aber schon auch auf sich selbst und möchte mehr spielen.“
Deshalb ist er froh über den Tapetenwechsel und die Reise in die USA. „Ich glaube, man kann so ein bisschen das Negative persönlich ein bisschen zu Hause lassen und sich auf diese unglaubliche Erfahrung hier in den USA und beim DFB freuen, alles aufzusaugen, alles rauszuhauen und einfach sein Bestes zu geben“, betont er: „Deswegen hat es da kein Platz für Negatives.“
Die Konkurrenz für ihn im zentralen Mittelfeld ist allerdings nicht weniger namhaft als beim Tabellenführer in Leverkusen: Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan oder Leon Goretzka sind die größte Konkurrenten um einen der beiden Plätze vor der Abwehr. Hinzu kommt noch Pascal Groß. Doch Nagelsmann hat Andrich eingeladen, weil er in ihm einen anderen, einen defensiv aggressiveren Spielertyp sieht.
Mittwochnacht gegen Mexiko
Sollte es mit dem Nationalelf-Debüt beim Spiel gegen die USA am Samstag nicht klappen, hat Andrich am Mittwoch in Philadelphia gegen Mexiko (2 Uhr, MESZ, live bei RTL) noch eine Möglichkeit, sein großes Ziel zu erreichen. Und auch, wenn es sich derzeit vielleicht etwas komisch anfühlt, Andrich sagt selbstbewusst: „Ich bin auch der Meinung, dass ich mir diese Chance über die Jahre erarbeitet habe.“