Im Interview vor der Darts-WM spricht der Kölner Teilnehmer Florian Hempel über die anstehende WM, sein erstes Match und den Ally-Pally.
Florian Hempel startet bei Darts-WM„Der Ally-Pally erinnert mich an kölschen Karneval“
Herr Hempel, Sie sind gerade auf dem Weg nach London. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in die WM und was geht Ihnen durch den Kopf?
Florian Hempel Mit einem positiven Gefühl natürlich. Ich freue mich riesig, dass ich bei der WM dabei sein kann. Es hat in diesem Jahr zwar ein bisschen länger gedauert bis zur endgültigen Qualifikation, aber meine Saison war auch eher durchwachsen. Das zweite Halbjahr war natürlich ausschlaggebend dafür, dass ich es bei den Qualifikationen geschafft habe. Jetzt bin ich bin super in Form.
Am Sonntag steigt Ihr erstes WM-Match gegen den Iren Dylan Slevin. Was verspüren Sie – pure Freude, oder doch auch etwas Nervosität?
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Auf der einen Seite freut man sich einfach, nach London zur Darts-WM reisen zu dürfen. Aber nervös oder aufgeregt bin ich dabei nicht. Das Wort Weltmeisterschaft allein ist schon riesig genug, daher freue ich mich einfach auf die Zeit vor Ort. Der Ally-Pally ist zwar ein Hexenkessel, aber ich mache das Ganze ja nicht zum ersten Mal und habe schon ein paar Spiele da oben bestritten. Eine positive Aufregung ist immer dabei und das sollte man einfach mitnehmen und genießen.
Sie haben eben den Ally-Pally erwähnt, den heiligen Ort der Darts-Spieler. Was zeichnet den Alexandra Palace im Norden Londons aus?
Das Darts-Publikum allgemein erinnert mich immer an kölschen Karneval, nur mit weniger kölschen Musik. (lacht) Im Ally-Pally natürlich besonders. Die Jungs sind verkleidet und geben stimmungsmäßig richtig Feuer. Das ein oder andere Kaltgetränk wird ebenfalls verzehrt. Wenn man mal ohne Zuschauer auf der Bühne steht, sieht es doch eher klein aus. Aber eben das macht die Stimmung aus. Mit mehr als 3000 Zuschauern entwickelt sich eine so unfassbar laute Geräuschkulisse – das ist unbeschreiblich.
Im Darts-Sport ist der Walk-On der Spieler natürlich wichtig. Wie sehr genießen Sie dann den Song „Kölsche Jung“ von den Brings?
Ich freue mich riesig darauf, besonders da es vergangenes Jahr ein kleines Missgeschick bei meinem Walk-On gab, als stattdessen plötzlich „Rocket Man“ von Elton John gespielt wurde. Es ist für mich einer der Momente im Sport, auf den man hinarbeitet. Das Adrenalin kocht so richtig in dir hoch. Ich bin seit mehreren Jahren in Köln ansässig und sehr dankbar, dass ich in der Stadt leben darf. Der Song ist einer der wenigen, die mir vom musikalischen und emotionalen Aspekt gefallen.
Haben Sie ein persönliches Ziel für die WM?
Natürlich möchte ich eine gute WM spielen. Ich möchte immer gewinnen, das heißt aber nicht, dass ich da hinfahre mit der Ambition, Weltmeister zu werden. Von den 96 Teilnehmern will jeder den Titel gewinnen. Ich will mein erstes Spiel erfolgreich gestalten und schaue mal, wohin die Reise geht.
Was ist für Sie die größte Herausforderung am Darts-Sport, die man bewältigen muss, um Spiele zu gewinnen?
Definitiv die Mentalität, die on-point sein muss. Jede Woche spielst du im Eins-gegen-Eins gegeneinander. Man steht allein auf der Bühne und hat keinen Coach, der einen unterstützt. Oft macht man in einem Match mehr Fehler, als das man das Ziel trifft. Mit Millionen Zuschauern vor dem Fernseher wird die Sache nicht einfacher. Man ist Profisportler, um mit dem, was man macht, die Leute zu begeistern. Ich trainiere ja nicht wochenlang, um am Ende zitternd auf die Bühne zu kommen, sondern ich will zeigen, was ich kann.
Ihr Darts-Kollege Ricardo Pietreczko hat sich in einem Interview mit dem „Kicker“ kritisch zu den Pfiffen und Buh-Rufen aus dem Publikum geäußert. Wie sehr können Pfiffe die Leistung beeinflussen?
Es ist schwierig, wenn das Publikum versucht, Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Aber für mich sind Sport und Emotionen verbunden. Im Ally-Pally ist es noch extremer, die Zuschauer feiern eine Party. Du kannst den Leuten, die da Party machen und die Stimmung transportieren, nicht erklären, dass sie nicht pfeifen dürfen. Es ist für den Sportler, der ausgepfiffen wird, natürlich überhaupt nicht schön. Dennoch glaube ich, dass Sportler sich daran gewöhnen müssen, in Zukunft damit umzugehen.
Welchen Aspekt im Darts-Spiel finden Sie besonders attraktiv?
Darts-Spielen ist wie Elfmeterschießen im Fußball. Du hast alle zehn Sekunden die Chance das Publikum zu begeistern. Diese Anspannung vor dem Wurf, die in dem Fan hochkommt, ist wie bei einem Elfmeter. Der Schütze geht zum Elfmeterpunkt, der Pfiff kommt, und er schießt. Diese Spannung macht auch unseren Sport aus. Es ist auf der einen Seite einfach, weil es jeder machen kann, aber auf der anderen Seite unfassbar kompliziert, weil die Felder klein sind und das Treffen schwer ist.
Schauen wir doch mal kurz in Ihre Vergangenheit. Sie haben Handball in der 2. Bundesliga gespielt, wie kam es dann zum erfolgreichen Wechsel in den Darts-Bereich?
Ich habe 2016 mit dem Handball aufgehört. Anfang 2017 bin ich dann nach Köln gezogen in eine Männer-WG. Jeden Samstag haben wir Kölsch ausgespült und hatten eine Kork-Pinnwand hängen, auf die wir spielten. Im Urlaub habe ich dann mehrere Stunden mit Üben verbracht und kaufte mir eine ordentliche Darts-Scheibe. Ich bin immer mehr auf Turniere gegangen, bei einem gewann ich sogar den Wettbewerb. Ich konnte es selbst kaum einordnen. War ich so gut, oder waren alle guten Spieler zu Hause? Schließlich bin ich dann auf größere Wettbewerbe gefahren. 2019 habe ich mich dazu entschlossen, Darts-Spielen professioneller angehen zu wollen und stand das erste Mal auf der Bühne bei der European-Tour.
Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung von Darts in Deutschland? Hilft die WM dabei?
Die Entwicklung ist positiv, sei es Fankultur oder Einschaltquoten. Es geht aufwärts, immer mehr Leute begleiten die WM. Wenn nur zehn Prozent der Leute, die während der Darts-WM einschalten, Darts weiterverfolgen, bringt uns das schon weiter. Die Entwicklung verläuft langsam, aber stetig. Ich freue mich einfach, dass die Beliebtheit wächst und die Möglichkeiten im Darts-Sport in die breite Masse kommen.