Die DFL sucht einen Investor, doch kann es dabei gerecht zugehen? Fußball-Manager Andreas Rettig sieht das Verfahren kritisch.
Gastbeitrag von Andreas Rettig„Das Investorengeld wird weder gerecht noch nachhaltig verteilt werden“
In Anlehnung an Pep Guardiolas Forderung „Thiago oder nichts“, mit der er die Führung des FC Bayern bei seinem Amtsantritt im Jahr 2013 unter Druck setzte, scheint auch der Einstieg von Finanzinvestoren für manchen Meinungsmacher der Deutschen Fußball-Liga (DFL) derzeit die einzige strategische Option zu sein.
Die Vorgeschichte
Die DFL wurde bis 2021 von Christian Seifert geführt. Der Geschäftsführer erzielte seit seinem Tätigkeitsbeginn 2005 im Auftrag der 36 Profiklubs beachtliche Steigerungen der Medienerlöse. Die Einnahmen werden zwischen Erster und Zweiter Bundesliga im Verhältnis von etwa 80 zu 20 Prozent zugunsten der Bundesliga (un)gerecht verteilt. Ungerecht außerdem, da das sogenannte Spreizverhältnis zwischen dem aktuell größten Profiteur, dem FC Bayern, und dem Letzten des Erstliga-TV-Rankings, dem VfL Bochum, immer weiter auseinandergeht. So erhält der Primus etwa 95 Millionen Euro, dem gegenüber stehen rund 33 Millionen für die Bochumer. Dies wohlgemerkt ohne die zusätzlichen Erlöse der Bayern aus der Champions League. Die lagen bereits nach dem Erreichen des Viertelfinals bei etwa 90 Millionen Euro.
Der Status Quo
Nachdem Seiferts Nachfolgerin Donata Hopfen die DFL nach weniger als einem Jahr wieder verlassen hatte, wurden mit Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg) zwei Interims-Geschäftsführer bestellt, deren eigentliche Arbeitgeber im Wettbewerb mit den übrigen 16 Bundesligisten stehen.
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Dabei fiel Hellmann die Aufgabe der Steuerung des Investorenprozesses zu. Hierzu muss man wissen, dass die dabei beratenden Finanzinstitute, die japanische Nomura und die Deutsche Bank, mit der Eintracht geschäftlich verbunden sind. Während Nomura jüngst ein Wertgutachten der Eintracht Frankfurt AG erstellte, ist Deutschlands größte Bank Namensgeber des Stadions.
Nicht nur das wirft Fragen auf, vielmehr regt sich Unmut über die mangelnde Transparenz am Prozess beteiligter Agenturen oder Beratungsgesellschaften. So wurde auf Fragen einiger Vereinsvertreter zu den Beratern eine Antwort mit Verweis auf „Geheimhaltungsabsprachen“ verweigert. Wohlgemerkt: den Vertretern der übrigen Gesellschafter der DFL.
Wo liegt das Problem?
Die DFL beabsichtigt, aus sechs interessierten Finanzinvestoren (Advent, Blackstone, Bridgepoint, CVC, EQT und KKR) den Partner auszuwählen, mit dem sie eine gemeinsame Gesellschaft gründet, die MediaCo. Von deren künftigen Erlösen aus allen wesentlichen Vermarktungsrechten der Liga soll der Partner 12,5 Prozent erhalten. Für wie lange, ist Gegenstand der Verhandlungen. Die Rede ist von bis zu 30 Jahren.
Im Gegenzug erwartet die Liga die Bereitstellung von Kapital in Höhe von zwei bis drei Milliarden Euro. Wobei sich die Frage stellt, ob dieses Geld nicht auf dem Kapitalmarkt günstiger besorgt werden könnte, also preiswerter und flexibler. Für diese Entscheidung bedarf es einer Zweidrittel-Mehrheit der 36 DFL-Mitglieder. Diese wird derzeit in Hintergrund-Gesprächen vorbereitet, ohne dass eine Vielzahl von Fragen beantwortet worden sind.
Streitpunkt wird die Verteilung des Kapitals sein. Vorgesehen sind drei Töpfe, bislang scheinen allerdings erst für Topf 1 die Details beschlossen zu sein. Etwa 750 Millionen Euro sollen demnach bereit stehen für „nachhaltiges Wachstum“ und das „Schaffen von Mehrwerten“. Die Investitionen aus Topf 1 sollen sowohl den 36 aktuellen als auch zukünftigen Lizenznehmern zugutekommen, da sie der Entwicklung der Gesamtvermarktung und somit der Solidargemeinschaft dienen. Das scheint bei den Töpfen 2 und 3 nicht der Fall zu sein.
Das Geld aus Topf 2 fließt mit Zweckbindung an Infrastruktur-Projekte direkt in die Klubs. Wer also bereits beste Rahmenbedingungen vorweisen kann, hat keine Bindung und könnte sogar dieses das Geld direkt in die Mannschaft investieren. Das Geld aus Topf 3 soll vollständig der unternehmerischen Freiheit der Klubs überlassen werden.
Abschließende Würdigung
In den aktuell diskutierten Planungen ist zwar nahezu eine Verdoppelung des Umsatzes bis 2031/32 prognostiziert. Das Gros dieses Wachstums soll aus den nationalen Erlösen generiert werden, einem allerdings eher stagnierenden Markt. Dass dies nach der jüngsten Preis-Verdoppelung des Abonnements bei Dazn weitere Preissteigerungen nach sich ziehen wird, sollte niemanden überraschen. Haben Fans bei den Eintrittspreisen noch die Möglichkeit, direkt auf die gewählten Vereinsvertreter Einfluss zu nehmen, läuft dies bei den Medienpartnern ins Leere. Zudem muss die Frage erlaubt sein, warum die Liga künftige Erlöse vorziehen möchte, um diese hauptsächlich in Spieler zu investieren. Denn das bedeutet eine Strategie, die schon manchen Traditionsverein an oder gar in den Abgrund geführt hat.
Und zur Frage der Nachhaltigkeit: Thiago absolvierte in seinen drei Jahren bei den Bayern weniger als 50 Prozent der Pflichtspiele. Auch Pep Guardiola verließ den Verein nach Auslaufen seines Vertrages.