Der Abstiegskampf der Bundesliga gewinnt an Dramatik: Der VFB Stuttgart ist nach dem 25. Spieltag Letzter, Schalke bleibt ungeschlagen.
Bundesliga-KolumneDie Nervenschlacht im Tabellenkeller
Das System von Auf- und Abstieg schadet dem Geschäftsmodell, weil man sich auf nichts verlassen kann. Sagt jedenfalls so mancher Bundesligamanager. Beim Blick auf die Tabelle nach dem 25. Spieltag kann man dem allerdings entgegnen: Mag sein. Aber bessere Unterhaltung als das totale Drama im Keller gibt es kaum.
Das ist richtig, obwohl es in dieser Saison ja sogar einen echten Titelkampf gibt. Aber die letzten Vier des Tableaus liegen in einem Korridor von zwei Punkten. Wer mal ein Spiel gewinnt oder zwei, kann von Platz 18 auf 14 springen – ohne auch nur annähernd gerettet zu sein. Zum Beispiel der VfL Bochum, der sich den 2:0-Sieg in Köln aus der Vorwoche vergoldete, indem er Leipzig 1:0 besiegte.
Manuel Riemann, Bochums so wechselhafter Keeper, rettete in der Schlussphase den Sieg und hatte zudem Glück, als Dominik Szoboszlai nach einem der schönsten Alleingänge der Saison nur den Pfosten traf. Was wiederum Riemann davor bewahrte, eine Nebenrolle in zahlreichen Fußball-Jahresrückblicken zu spielen.
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Schon in Köln hatte Riemann recht ordentlich gehalten, wenn auch nicht so unfassbar großartig, wie es Vertreter beider Mannschaften hinterher aus durchschaubaren Gründen dargestellt hatten: Die Kölner, um zu zeigen, dass sie nicht etwa an ihrer eigenen Unzulänglichkeit, sondern an einer höheren Macht im Tor des Gegners gescheitert waren. Und die Bochumer, die sich freuten, ihren wackligen Torwart mal loben zu können. Sechs Punkte aus zwei Spielen – das lohnt sich im Tabellenkeller, wo traditionell eher wenig gepunktet wird, sonst wären die da unten ja nicht da unten.
Es findet also gar kein Schneckenrennen statt?
Schon, aber das ist nichts Besonderes. Der 1. FC Köln illustriert das recht gut. Die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart hat aus den jüngsten fünf Spielen einen Punkt bei 1:13 Toren geholt – und hat nach wie vor sechs Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. Nach dem 3:0 am 20. Spieltag über Eintracht Frankfurt hatte Köln neun Punkte Vorsprung auf Rang 16. Es ist also gar nicht so viel passiert – jedenfalls nicht in der Tabelle. Obwohl es natürlich im Abstiegskampf vor allem um den Trend geht, das Momentum und darum, wer die besten Nerven hat.
Und die besten Nerven hat?
Marius Bülter von Schalke 04. Der Stürmer musste eine gefühlte Ewigkeit warten, ehe er am Samstag in der vierten Minute der Nachspielzeit beim Stand von 0:1 in Augsburg seinen Strafstoß ausführen durfte, weil Schiedsrichter Schlager noch gefühlt allen Anwesenden eine Gelbe Karte hatte zeigen und diverse Scharmützel hatte beruhigen müssen. Doch dann traf Bülter souverän, obwohl ihn Rafal Gikiewicz mit diesen Augen angefunkelt hatte. Bülter hat jetzt im vierten Spiel nacheinander getroffen, Schalke blieb auch in der achten Rückrundenpartie ungeschlagen. Augsburg konnte nach 47 Minuten in Unterzahl zufrieden sein, zumal man die Schalker auf Distanz hielt: Der FCA liegt nun mit 28 Zählern sieben vor dem Relegationsplatz und ist damit unter den zitternden Sieben im Abstiegskampf die punktbeste Mannschaft.
Punktschwächste Mannschaft ist der VfB Stuttgart.
Dort geschehen üble Dinge. Eine Mannschaft voller individueller Klasse wird von einem erfahrenen Trainer betreut, der wahnsinnig hart daran arbeitet, die Kurve zu kriegen. Das Resultat: Ein Sieg in zehn Spielen – da wird es dann tatsächlich knapp. Der VfB ist vorläufig Letzter. Die Mannschaft ist nicht nur zu gut dafür. Sondern auch viel zu teuer. Die Angst vor dem Abstieg dürfte groß sein in diesen Tagen beim VfB.
Was uns zur TSG Hoffenheim führt, wo ein Abstieg ja keine nennenswerte Bedrohung für ein Geschäftsmodell darstellt, das es dort ja gar nicht gibt.
Für Spieler und Trainer wäre es dennoch blöd. Aber am Samstag gelang dem Qualitätskader aus dem Kraichgau tatsächlich ein Sieg: Alle seine fünf Spiele hatte der als Retter verpflichtete Trainer Pellegrino Matarazzo zuvor verloren, beim sechsten wäre es vorbei gewesen mit seiner Mission, und man will sich kaum ausmalen, wie einfallslos die nächste Rettungsmaßnahme der TSG ausgefallen wäre. Dann aber stellte sich Hertha BSC an der A6 vor und ging 1:3 baden. Da half auch eine 20-minütige Überzahl nichts mehr.
Was war geschehen?
Munas Dabbur war in der 69. Minute eingewechselt worden und handgestoppte 94 Sekunden später Lukebakio von hinten mit offener Sohle in die Wade gesprungen. Ein grenzwertig hässliches Foul, das nur noch davon übertroffen wurde, dass Dabbur erst unter heftigem Protest den Platz verließ.